Umwelt

03.01.2023

Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Das ändert sich 2023

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und neu in Kraft getretenen Gesetze im Umwelt-Bereich. Unter dem Aspekt des eigenen Beitrags zu einer nachhaltigen Lebensweise und der beabsichtigten Klimaneutralität bis 2050, eines der Ziele, das sich die EU-Kommission im Rahmen des sogenannten "European Green Deal" gesetzt hat, gibt es einige wichtige Neuerungen.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Das ändert sich 2023Foto: © Worawith - stock.adobe.com

EU-weites Recht auf Reparatur

Ein Ärgernis für viele Verbraucher*innen ist seit Jahren, dass neu gekaufte Geräte viel zu schnell veralten, sich kaum reparieren lassen und es wenig Ersatzteile gibt. Dies belastet nicht nur den Geldbeutel und verschwendet Ressourcen, es ist auch schädlich fürs Klima. Rund eine Million Tonnen Elektroschrott fallen laut Umweltbundesamt (UBA) jährlich an. Und diese Zahl beinhaltet nur die ordnungsgemäß an den Sammelstellen abgegebenen Geräte, das sind weniger als die Hälfte aller verkauften Geräte.

Dagegen will die EU-Kommission nun vorgehen und den Verbraucher*innen ein EU-weites Recht auf Reparatur einräumen. Dieses Recht soll laut dem Europäischen Parlament bessere Kennzeichnungen und Verbraucherinformationen, eine längere Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Waren sowie längere Garantielaufzeiten beinhalten. Die Abgeordneten fordern, Gebrauchsgegenstände so zu gestalten, dass sie länger halten und ihre Teile leicht zugänglich und ausbaubar sind. Es geht um ein ganzes Bündel von Maßnahmen.

Die EU-Richtlinien für Ökodesign verpflichten Hersteller bereits seit 2021, langlebige, reparierbare, recyclingfähige, außerdem energie- und ressourceneffiziente Produkte zu gestalten sowie Reparaturen von Elektro- und Elektronikgeräten und Ersatzteile über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren anzubieten. Die bisherige Vorgabe bezieht sich zum Beispiel auf Fernseher, Kühlschränke oder Waschmaschinen, Smartphones und Tablets kommen dazu.

In den kommenden Monaten will die EU-Kommission einen weitergehenden Gesetzesvorschlag vorlegen. Dabei ist vorgesehen, Verbraucher*innen bereits beim Kauf über die Kosten von Ersatzteilen zu informieren und darüber, ob ein Gerät überhaupt reparierbar ist. Unabhängige Werkstätten sollen besser auf Produkt- und Reparaturinfos zugreifen können und Ersatzteile genormt sein.

In Frankreich und Österreich gibt es bereits einige weitergehende Regeln: Die Bewertungs-Ampel "Reparatur-Index" in Frankreich zeigt an, wie leicht ein Gerät zu reparieren ist. In die Bewertung fließt ein, wie gut die Geräte demontierbar sind, wie schnell Ersatzteile geliefert werden und was sie kosten. In Österreich erstattet der Staat 50 Prozent der Reparaturkosten mit einer Art Bonus, maximal 200 Euro. Die online beantragten Reparatur-Bons lassen sich in Reparaturwerkstätten einlösen. Thüringen hat in Deutschland ein ähnliches Pilotprojekt gestartet.

Bereits beschlossen ist die Einführung eines EU-Energielabels für Smartphones und Tablets, das ein Reparierbarkeits-Index zeigt. Eine Skala von A-E gibt an, wie gut die Geräte reparierbar sind. Das neue Label soll ab 2025 auf den Geräten zu finden sein. Zudem hat die EU-Kommission das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration mit einer Studie beauftragt. Erste Zahlen liegen bereits vor und kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Nutzungsdauer von Smartphones im Durchschnitt um ein Jahr erhöhen ließe, wenn die Handys haltbarer gebaut und besser reparierbar sind. Sinkt die Elektroschrott-Menge, gilt das auch für den CO2-Fußabdruck.

Erneuerbare-Energien-Gesetz-Anpassung: Photovoltaik auf privaten Dächern attraktiver

Geplant ist, den Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch in Deutschland innerhalb der nächsten Jahre zu verdoppeln. Laut Umweltbundesamt (UBA) fiel jedoch der Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch im Jahr 2021 auf 41 Prozent. Daher setzt das neue Erneuerbare-Energie Gesetz (EEG) darauf, Photovoltaik-Anlagen auf privaten Dächern wieder attraktiver zu machen.

Die Neufassung bringt viele Neuerungen, bürokratische Erleichterungen und für Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 kWp eine Einkommenssteuerbefreiung. Mehr Strom darf ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden und es gibt mehr Geld für die Kilowattstunde erzeugter Strom. Höhere Einspeisevergütungen gelten bereits für Anlagen, die ab 30. Juli 2022 in Betrieb sind. Zudem sind nach dem 1. Januar 2023 gekaufte Anlagen von der Umsatzsteuer befreit.

Kunststoffe und Verpackung: Mehrwegpflicht ausgeweitet

Zur Förderung der Ressourceneffizienz, der Abfallvermeidung und der Kreislaufwirtschaft hat der Gesetzgeber schon 2022 verschiedene Instrumente, wie die Ausweitung der Pfandpflicht auf alle Einwegflaschen aus Kunststoff auf den Weg gebracht. Seit 2021 gilt außerdem ein EU-weites Exportverbot für schwer recycelbare Kunststoffabfälle, die vermischt oder verschmutzt sind und Wegwerfprodukte aus Plastik, wie Einwegbesteck und-Teller, Strohhalme und Rührstäbchen, EU-weit sind verboten. Das gilt ebenso für To-Go-Becher und Einweg-Lebensmittelbehälter aus Styropor. Ab 2023 treten nun weitere Maßnahmen in Kraft.

Caterer, Lieferdienste und Restaurants sind verpflichtet, Mehrwegbehälter als Alternative zu Einwegbehältern für Essen und Getränke zum Mitnehmen und Bestellen anzubieten. Das Produkt in der Mehrwegverpackung darf nicht teurer sein als das Produkt in der Einwegverpackung. Außerdem ist es ausdrücklich erlaubt, für die Mehrwegverpackung Pfand zu nehmen. Eine Ausnahme bilden kleine Betriebe – wie Imbissbuden – mit maximal fünf Beschäftigten und maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche. Per Gesetz dürfen die Betriebe zudem Speisen und Getränke zukünftig – wie auch vorher schon in Einzelfällen möglich – in mitgebrachte Behälter abfüllen.

In Deutschland entstehen täglich 770 Tonnen Verpackungsmüll durch Take-away-Einwegverpackungen. Für wiederverwendbare Kaffee-To-Go-Becher haben sich einige Systeme etabliert. Bei der Mitnahme von Speisen in Mehrwegverpackungssysteme oder Mehrwegverpackungen mit Pfand ist jedoch noch einige Luft nach oben. Deshalb startete die Regierung bereits 2019 mit Mitwirkenden aus der Gastronomie und anderen Mehrweg-Akteuren die Kampagne „Klimaschutz is(s)t Mehrweg“ zur Ideenfindung. Die Materialsammlung der inzwischen abgeschlossenen Kampagne gibt den Betrieben Hilfestellungen zur Umsetzung der Gesetzesnovelle, sowie der weiteren Verbreitung der Mehrweg-Ideen und zeigt gute Beispiele.

Lieferkettengesetz tritt in Kraft

Am 1. Januar 2023 tritt das Lieferkettengesetz in Kraft, das deutsche Unternehmen gesetzlich für die Einhaltung von Menschenrechten und ökologischen Standards entlang ihrer Lieferkette verantwortlich macht. Eigentlich heißt es etwas sperrig „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ und drückt im Namen die damit verbundenen Beweggründe aus. Es gilt ab 2023 zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten im Inland, ab 2024 auch für jene mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden.

Egal ob Kleidung, Elektronik, Kakao oder andere Erzeugnisse, Waren auf dem deutschen Markt sind häufig im Ausland produziert. In der Regel stecken in einem Produkt unterschiedlich viele Produktionsschritte, meist in unterschiedlichen Ländern ausgeführt. Diese vielschichtigen, oft undurchsichtigen Lieferketten, öffnen Tor und Tür für Menschenrechtsverletzungen und Umweltbelastungen auf dem Produktionsweg. Sie gehen einher mit Lohndumping, Kinderarbeit, illegale Abholzungen sowie Verschmutzung von Boden, Luft und Wasser.

Nun verpflichtet das Lieferkettengesetz Unternehmen, bei Zulieferern Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu ermitteln. Auch Gegenmaßnahmen gehören zu den Vorgaben des Gesetzes sowie eine Dokumentation gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Eine zivilrechtliche Haftung für die Verantwortlichen im Unternehmen und eine rechtsverbindliche Verankerung von Sorgfaltspflichten aller Unternehmen in der gesamten Lieferkette und nicht nur für direkte Zulieferer ist bisher nicht vorgesehen. Das bedeutet allerdings, dass dieses Gesetz im Moment noch zu viele Schlupflöcher bietet.

Aktuell plant die Europäische Union ein Europäisches Lieferkettengesetz, das möglicherweise verbraucherfreundlichere Vorgaben setzt. Für Verbraucher*innen, denen nachhaltige Produktion und faire Handelspraktiken wichtig sind, bleiben vorerst die Nachhaltigkeitslabel und Siegel des fairen Handels eine Orientierung für tägliche Konsumentscheidungen.

Änderungen bei Biokraftstoffen

Eine gute Entwicklung für das weltweite Klima ist eine Änderung der Bundesimmissionsschutzverordnung. Danach läuft in Deutschland ab 2023 die Förderung für Biokraftstoffe aus Palmöl aus. Bislang war die Beimischung von Palmöl zu anderen Kraftstoffen auf die sogenannte Treibhausgasminderungs-Quote anrechenbar. Anstelle des Palmöls fördert der Bund künftig fortschrittliche Biokraftstoffe aus Abfall- und Reststoffen über eine Mindestquote.
 

Weiterführende Informationen:

UBA: Ökodesign-Anforderungen an die Reparierbarkeit von Produkten
https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/produkte/oekodesign/oekodesign-anforderungen-an-die-reparierbarkeit-von#die-anforderungen-im-uberblick

Weitere Informationen zum EEG 2023 und Photovoltaik-Anlagen
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/energie/erneuerbare-energien/eeg-2023-das-aendert-sich-fuer-photovoltaikanlagen-75401

VSB-Tipps: Neues Verpackungsgesetz
https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/mehr-mehrweg-gesetzesaenderungen-lassen-hoffen
https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/endlich-muellwende/

VSB-Tipp: Lebensmittelverpackungen: Ist Papier umweltfreundlicher als Plastik?
https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/lebensmittelverpackungen-ist-papier-umweltfreundlicher-als-plastik

VSB-Tipp: Zur Vermeidung von Plastikmüll
https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/gegen-plastikmuell

VSB-Tipp: Nachhaltig schick: Wegweiser umweltfreundliche Kleidung
https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/nachhaltig-schick-wegweiser-umweltfreundliche-kleidung