Umwelt

12.03.2021

Mehr Mehrweg: Gesetzesänderungen lassen hoffen

Deutschland gehört EU-weit zu den Spitzenreitern im Verursachen von Verpackungsmüll. So liegt der Verbrauch von Plastikverpackungen bei 38 Kilo pro Person pro Jahr. Nur Luxemburg, Irland und Estland liegen noch weiter vorne (Plastikatlas 2019). Immer mehr Einwegverpackungen sind im Einsatz. Häufig spielt die Wiederverwertung eine untergeordnete Rolle und nur bei einer geringen Menge des Kunststoffabfalls kann von hochwertigem Recycling in Deutschland die Rede sein. Experten sind sich längst einig, dass die Menge an Einwegplastik drastisch reduziert werden muss. Produkte und deren Verpackungen sollten die Erfordernisse einer schadstofffreien, klima- und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft erfüllen. Entscheidend ist die Nutzungsdauer, denn je kurzlebiger eine Verpackung, umso schlechter ist die Ökobilanz. Wie die aktuelle Gesetzeslage aussieht, welche Neuerungen geplant sind und welche Auswirkungen das auf den Handel hat, lesen Sie hier.

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Im Januar 2021 verabschiedete das Kabinett eine wichtige Gesetzesvorlage dazu. Es gilt mit dem Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), die aktuellen Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und die Abfallrichtlinie auf europäischer Ebene umzusetzen. Die Novelle des Verpackungsgesetzes und anderer nationaler Gesetze soll nach Verabschiedung im Bundestag und Bundesrat bis zum Sommer mit dem Ziel, den Ressourcenverbrauch zu verringern, die Recyclingquoten zu erhöhen und die Menge an Plastikabfall zu senken, in Kraft treten.

Einwegflaschen aus Kunststoff reduzieren

Kerninhalte der Gesetzesvorlage sind die Förderung von Mehrwegsystemen und eines hochwertigen Recyclings. Die einst so hohe Mehrwegquote in Deutschland sinkt seit Jahren immer weiter ab, zugunsten von Einwegplastikflaschen und Dosen, und liegt im Moment bei etwas über 40 Prozent (UBA). Zwar ist im aktuell gültigen Verpackungsgesetz von 2019 eine Mehrwegquote von 70 Prozent verankert, das reicht aber offensichtlich nicht aus, um das umweltfreundliche Mehrwegsystem zu schützen und weiter auszubauen. In dem Gesetzentwurf ist daher auch eine Ausweitung der Pfandpflicht auf alle Plastikflaschen vorgesehen.

Über Getränkeverpackungen hinaus plant das Gesetz für Lebensmittelverpackungen und andere Verkaufsverpackungen eine Wiederverwendungsquote festzulegen, um damit der Wegwerfmentalität entgegenzuwirken, die mit dem Gebrauch von Einwegprodukten verbunden und alltäglich geworden ist. Gleichzeitig muss aus Sicht des VerbraucherService Bayern ein Verbot von Einwegkunststoff durch zusätzliche und ehrgeizige Maßnahmen ergänzt werden, um den Kunststoffüberschuss in unserem Lebensstil zu reduzieren, zu vermeiden und die Wiederverwendungssysteme zu stärken. Bereits im Juni 2020 hat das Bundeskabinett hierzu eine Verordnung über Einwegkunststoffe beschlossen. Gemäß der Richtlinie (EU) 2019/904 der Europäischen Union, auch „Single-Use-Plastik-Richtlinie“ oder „SUP-Richtlinie“ genannt, vom 5. Juni 2019 über die Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt, verbietet es diese Verordnung, bestimmte Einwegkunststoffe in Umlauf zu bringen. Das Gesetz tritt im Juli 2021 in Kraft.

Die aktuellen Gesetzesänderungen sind eine positive Entwicklung. Sie helfen bei der Reduzierung des Kunststoffverbrauchs und damit auch dabei, die Umweltbelastungen zu senken.

Aktuelle Situation: Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA)

Laut aktueller Zahlen des Umweltbundesamtes werden Kunststoffabfälle in Deutschland überwiegend energetisch verwertet. Das stoffliche Recycling von Kunststoffabfällen stagniert seit Jahren auf niedrigem Niveau. So lag die werkstoffliche Recyclingquote für Kunststoffabfälle im Jahr 2018 bei etwa 47 Prozent. Sie bezog sich allerdings auf eine Verwertung sowohl im Inland als auch im Ausland und nur auf die Anlieferung beim Recyclingunternehmen.

Der Export unserer Altkunststoffe in Länder mit unterentwickelten oder gar keinen Entsorgungsstrukturen verschärft zusätzlich das weltweite Problem von Plastikmüll in den Meeren. Und die Zahlen steigen jedes Jahr. Allein 2018 verfrachtete Deutschland 132.000 Tonnen Plastikabfall nach Malaysia, 68.000 Tonnen nach Indien und 64.000 Tonnen nach Indonesien.  

2016 wurden nur 15 Prozent des Plastikabfalls zu Rezyklat verarbeitet (Plastikatlas). „Rezyklat“ bezeichnet den aus altem Plastik hergestellten Rohstoff für die Plastikproduktion. Dieser kann sehr unterschiedliche Qualität haben und genügt oft nicht den hohen Standards für die Lebensmittelverpackungen. Farben und andere Verunreinigungen erschweren das Recycling. Egal ob Milch- oder Saftkarton: Auch Verbundstoffe erschweren die Sortierung von Verpackungen und das anschließende Recycling. Zukünftig sollen nun ein besseres Recycling ermöglicht und Stoffkreisläufe geschlossen werden.

Was verändert sich im Handel?

Einwegkunststoffgetränkeflaschen müssen zum Zweck des Recyclings zukünftig getrennt gesammelt werden: Mindestens 77 Prozent ab dem 1. Januar 2025 und mindestens 90 Prozent ab dem 1. Januar 2029. Dieses getrennte Sammeln fördert besseres Recycling, zudem ist es ein wichtiger Schritt, um das umweltschädigende und illegale Entsorgen von Abfällen im öffentlichen Raum (Littering) zu vermeiden. Einweg-Getränkekartons wie Tetrapacks bleiben allerdings von der Pfandpflicht ausgenommen.

In einem neuen Abschnitt des Verpackungsgesetzes ist zukünftig festgelegt, dass die hauptsächlich aus Polyethylenterephthalat (PET) bestehenden Einwegkunststoffgetränkeflaschen einen Anteil an Rezyklat enthalten müssen: Ab dem 1. Januar 2025 mindestens 25 Prozent, ab dem 1. Januar 2030 mindestens 30 Prozent. Andernfalls dürfen die Einwegkunststoffgetränkeflaschen nicht in Verkehr gebracht werden. Eine solche Verpflichtung ist damit zum ersten Mal in Deutschland gesetzlich festgelegt.

Mehrweg bei To-go-Verpackungen

Wird ein Produkt oder eine Verpackung wiederverwendet, sind keine Ressourcen für die Neuherstellung nötig. Große Potentiale für Mehrwegalternativen bestehen aktuell bei To-go-Verpackungen, Verpackungen von Obst und Gemüse oder lang haltbaren Lebensmitteln. Mehrweg-Pfandsysteme für Coffee-to-go-Becher und Mehrwegboxen im Supermarkt sind erste erfolgversprechende Ansätze, die sich in diesem Bereich etablieren.

Wer Kaffee oder Speisen zum Mitnehmen verkauft, ist ab 2023 verpflichtet, auch eine Mehrwegvariante anzubieten, auf diese durch Informationstafeln oder Schilder hinzuweisen und ihre Rücknahme zu ermöglichen. Ein solches Angebot darf nicht mit einem höheren Preis oder schlechteren Bedingungen im Vergleich zur Einwegverpackung verbunden sein. Es ist den Läden überlassen, wie sie dies umsetzen, ob sie sich etwa an einem der bestehenden Mehrwegpoolsysteme beteiligen, wie etwa dem To-Go-Becher mit dem Blauen Engel. Einwegbecher oder Behälter bleiben jedoch nach wie vor möglich. Von der Pflicht zur Mehrwegvariante ausgenommen sind kleine Betriebe mit weniger als 80 Quadratmetern Ladenfläche, nicht aber Verkaufsstellen von großen Ketten und bestimmte, nicht öffentlich zugängliche Verkaufsautomaten.

 

Tipps und weiterführende Links:

VSB-Tipp „Gegen Plastikmüll

VSB-Tipp „Endlich Müllwende? Neues Verpackungsgesetz 2019

VSB-Tipp „Coffee-to-go – aber bitte Mehrweg

VSB-Tipp „Gemeinsam gegen Plastik-Getränke: Mehrwegflaschen für das Klima

Tagesschau: Kurze Erklärung zu den verschiedenen Stufen des Plastik-Recyclings

Utopia: Getränkeflaschen: Mehrweg – Einweg

VZ: Mehrweg oder Einweg: Verwirrung total beim Pfand