Umwelt

13.11.2020

Steigender Papierverbrauch durch Online-Handel

Das Internet macht vieles so einfach. Heute eine Kamera oder einen Kopfhörer bestellen und morgen bequem ein Paket entgegennehmen. Der Onlinehandel boomt und treibt das gesamte Verpackungsaufkommen in die Höhe. 36 Pakete erhielt im Durchschnitt jeder Deutsche im Jahr 2018 (statista), die meisten aus Papier, Karton oder Pappe. In Europa belief sich im Jahr 2019 der Verbrauch von Zeitungspapier auf rund 4,7 Millionen Tonnen, während Packpapier mit 41 Millionen Tonnen zu Buche schlägt (statista). Fazit: Waren im Internet zu bestellen ist nicht nur bequem, es sorgt auch für viel Müll.

Steigender Papierverbrauch durch Online-HandelFoto: © jackmac34 - pixabay.com

Deutschland als unrühmlicher Spitzenreiter

Auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag lieferte die Bundesregierung kürzlich Zahlen zum Papierverbrauch in Deutschland: Kein anderes der G 20 (wichtigste Industrie- und Schwellenländer) verbraucht so viel Papier pro Kopf, etwa 240 Kilogramm pro Jahr. Fast die Hälfte des Verbrauchs der Deutschen entfällt auf die Verpackungen. An zweiter Stelle stehen die Druck-, Presse- und Büropapiere, sie machen etwa 38 Prozent aus, Hygienepapiere liegen bei etwa sieben Prozent.

Die Antwort auf die Anfrage enthält zudem Angaben über den Energie- und Wasserverbrauch sowie Kohlendioxid-Ausstoß der Papierindustrie in Deutschland. Durch den hohen Einsatz von 76 Prozent Altpapier innerhalb der Produktion sind diese Zahlen laut dem Verband Deutscher Papierfabriken (VDP) relativ in einem niedrigeren Bereich. Aber: Diese Zahlen wären deutlich höher, wenn die Rohstoffmischung für die Papierherstellung in Deutschland weniger Altpapier enthielte. Kaum ein Land sammelt mehr Altpapier als Deutschland: Das Aufkommen ist von 49 Prozent im Jahr 1990 kontinuierlich gewachsen und damit der Energieverbrauch bei der Papierherstellung gesunken. Beim Vergleich schneiden Produkte aus Altpapier hinsichtlich Ressourcenverbrauch, Abwasserbelastung, Wasser- und Energieverbrauch wesentlich günstiger ab als Produkte mit überwiegendem Primärfaseranteil.

Eine strukturelle Veränderung führte allerdings weg von den hochwertigeren graphischen Papieren hin zu den einfacheren Verpackungspapieren, die recycelt werden. Damit sinkt auch die Recyclingqualität. In der Papierherstellung in Deutschland werden ferner hauptsächlich Restholz und Sägespäne zu Zellstoff verarbeitet. Zusätzlich importiert Deutschland 80 Prozent des Zellstoffs aus anderen Ländern. Der Gesamtenergieeinsatz der deutschen Papierindustrie hat sich seit 1990 trotz der Recyclingzunahme ungleichmäßig um etwa 37,5 Prozent erhöht (VDP 2019). Im gleichen Zeitraum ist allerdings auch die Gesamtproduktion um rund 77,5 Prozent gestiegen. Vor diesem Hintergrund verdeutlicht sich die Notwendigkeit eines sparsamen Umgangs mit Papier.

Online-Handel: Erhöhter Verbrauch von Papierverpackungen

Gerade in Zeiten der Pandemie verzeichnen wir eine starke Zunahme des Onlinehandels. Seit Jahren steigen die Zahlen um vier bis fünf Milliarden Euro pro Jahr. Bereits im Jahr 2019 lag der Gesamtumsatz des Internethandels laut Online-Monitor des Handelsverbandes Deutschland (HDE) bei 59,2 Milliarden Euro. 2008 waren es 15,6 Milliarden. Diese Entwicklung ist auch 2020 ungebrochen.

In Deutschland erhebt das Umweltbundesamt (UBA) das Aufkommen von Papierverpackungen. Eine deutliche Zunahme seit 1990 ist auf die Steigerung des Online-Versandhandels zurückzuführen und macht den größten Anteil von Papier-, Pappe- und Kartonverpackung aus. Dort hat sich der Verbrauch seit 1996 vervielfacht und lag im Jahr 2016 bei 96 Kilogramm pro Kopf. Damit ist auch der Anteil am Müllaufkommen im Haushalt gestiegen.

Umweltbelastung durch Papierherstellung

Jeder zweite industriell gefällte Baum weltweit wird zu Papier in Form von Verpackungen, Briefumschlägen, Zeitungen, Geschenkpapier, Büropapier, Küchentüchern oder Toilettenpapier verarbeitet (Forum Ökologie & Papier, FÖP). Vor allem die Industriestaaten konsumieren viel Papier und auch der weltweite Bedarf wächst stetig. Eine gerechte, tragfähige weltweite Verteilung würde bedeuten, unseren Verbrauch zu halbieren, umso mehr als 90 Prozent des Papiers nur eine kurze Lebensdauer hat. Gerade im Versandhandel sollten Mehrweglösungen wie wiederverwendbare Versandtaschen oder -boxen viele Einzelverpackungen ersetzen.

Die Produktion einer Tonne Frischfaserpapier benötigt heute etwa genauso viel Energie wie die Herstellung einer Tonne Stahl. Damit ist die Papierindustrie weltweit der fünftgrößte industrielle Energieverbraucher. Hinzu kommen Wasserverbrauch, Chemikalieneinsatz und Transporte von Rohstoffen und Fertigprodukten.

Pauschale Aussagen zur Ökobilanzierung sind wegen unterschiedlicher Produktions- und Erhebungsverfahren von Papier nahezu unmöglich und hängen stark von der Berechnungsmethode ab. Bekannt sind die hohen CO2-Emissionen auf Grundlage der eingesetzten fossilen Brennstoffe. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen pro Tonne produziertem Papier liegen derzeit bei etwa 600 kg CO2/t. Bezogen auf die thermische und elektrische Energie erreichten sie im Jahr 2018 einen Stand von 13,8 Millionen Tonnen Kohlendioxid (VDP 2019 aus Anfrage).

Recyclingpapier schützt die Umwelt

Deutschland produziert jährlich 15 Millionen Tonnen Altpapier. Recyclingpapier spart im Vergleich zur Frischfaserherstellung 60 Prozent Energie, 70 Prozent Wasser sowie Chemikalien bei der Herstellung und leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Wälder. Das sogenannte Deinkingverfahren zur Entfernung von Störstoffen und Farben aus Altpapier findet bei niedrigen Temperaturen statt.

In Europa lag 2019 die Recyclingquote von Altpapier im Durchschnitt bei 72 Prozent (statista). Zur Berechnung der Recyclingrate wird die Verwertung und der Nettohandel mit Altpapier addiert und mit dem Pappe- und Papierverbrauch in Relation gesetzt.

Heute gibt es für jedes Alltagspapier dem Primärfaserprodukt vergleichbare Papiere in Recyclingqualität (UBA). In Bezug auf Qualität, Gebrauchstauglichkeit und Sortimentsvielfalt bieten Recyclingpapiere beste Werte für nahezu alle Anwendungen.

Sofern für die Herstellung von Papier anteilig geringe Mengen an Frischfasern aus Holz eingesetzt werden, ist es aus ökologischer Sicht notwendig, dass das Holz dafür aus nachweislich nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und Forstwirtschaftsbetrieben mit hohen ökologischen Standards stammt.

Siegel: Blauer Engel anspruchsvoller als FSC

Das Holz für die Papierproduktion stammt aus den Wäldern der ganzen Welt. Beim Kauf eines Papierprodukts ist illegaler Holzeinschlag und Raubbau nicht automatisch auszuschließen. Nach einer Recherche des WWF gelangte 2006 Papier in der Größenordnung von 2,6 Millionen Kubikmetern und zusätzliche 1,3 Millionen Kubikmeter Zellstoff aus potenziell illegalen Quellen in die EU. Deshalb ist es für Verbraucher*innen wichtig, eine Orientierungshilfe zu haben und die besten Zertifikate zu kennen.

Vergleicht man die unterschiedlichen Label, die im Papierbereich eine Rolle spielen, sind es zwei, auf die man beim Kauf achten sollte. Allen voran das Umweltzeichen der Bundesregierung „Blauer Engel“ für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen. Dessen wichtigstes Kriterium ist die Rohstoffeinsparung durch den Einsatz von 100 Prozent Altpapier. So garantieren Recyclingpapiere mit dem Umweltzeichen Blauer Engel, dass diese aus 100 Prozent Altpapier bestehen. Mindestens 65 Prozent davon müssen untere und mittlere Sorten sein, beispielsweise sortierte Haushaltsammelware. Auch die Unabhängigkeit und die Transparenz durch Veröffentlichung der Vergabekriterien spielen eine wichtige Rolle. Der Blaue Engel fordert die Erfüllung höchster ökologischer Standards wie Ressourcenschonung, nicht nur bei der Produktion, sondern auch bei der Qualität. Der Einsatz von Chlor, optischen Aufhellern, halogenierten Bleichmitteln und weiterer gesundheitsgefährdender Chemikalien ist verboten. Festgelegt sind auch die Gebrauchstauglichkeit und Alterungsbeständigkeit des Papiers.

Der Forest Stewardship Council (FSC®) ist eine nichtstaatliche, gemeinnützige Organisation, die sich für eine umweltgerechte, sozialverträgliche und ökonomisch tragfähige Nutzung der Wälder weltweit einsetzt. Neben der Zertifizierung von Wäldern vergibt der FSC auch die Label „FSC 100“, „FSC Mix“ oder „FSC Recycled“ an Produkte aus Papier. Je nach Benennung ist erkenntlich, wie viel Frischfasern im Produkt enthalten sind. Für das Label stehen ebenso Unabhängigkeit und Transparenz an erster Stelle. FSC ist für Frischpapier ein glaubwürdiges Zertifizierungssystem und steht für verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung und Produktkettenzertifizierung unter gleichberechtigtem Einbezug aller Interessengruppen.

Was gehört nicht in den Papiermüll?

Durch das Recycling von 1.000 Kilogramm Papierabfall sinkt der Bedarf um 3,3 Bäume im Vergleich zur Herstellung von neuem Papier. Nicht jede Art von Abfall kann jedoch in der Recyclinganlage recycelt werden: Beschichtetes, laminiertes, durch Essensreste oder Öl verunreinigtes Papier, Servietten, Papiertücher, Thermopapier oder gebrauchte Tapete gehören nicht in die Papiertonne, sondern in den Hausmüll.

Weiterführende Links:

VSB-Tipp „Wie umweltfreundlich ist Online-Shopping“

VSB-Tipp „Endlich Müllwende? - zum neuen Verpackungsgesetz 2019Forum Ökologie und Papier (FÖP), Papier – Wald und Klima schützen

Umweltbundesamt, Papier und Druckerzeugnisse

Blauer Engel, Liste umweltfreundlicher zertifizierter Fertigerzeugnisse aus Recyclingpapier für Büro und Schule

Utopia, Hilfe und Markenauswahl beim Kauf von Recycling-Schulheften