Verbraucherrecht

16.11.2020, Verbrauchertipp

Selbstbestimmtes Wohnen im Alter

Gerade im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie überlegen viele Verbraucher*innen, wie sie ihren Lebensabend möglichst selbstbestimmt gestalten können. Angesichts der Berichte über Infektionen und Kontaktbeschränkungen in Pflegeheimen verstärkt sich der Wunsch, möglichst lange in der eigenen Wohnung zu bleiben. Daneben gibt es heute noch weitere Wohnformen, die eine echte Alternative zum Heim darstellen, wie betreutes Wohnen, Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser.

Selbstbestimmtes Wohnen im AlterFoto © Photographee.eu - Fotolia.com

Betreutes Wohnen

Hinsichtlich dieser Wohnform gibt es besonders viele Ausgestaltungen. Gemeinsames Merkmal ist fast immer, dass die Bewohner eine eigene Miet- oder Eigentumswohnung beziehen. Zusätzlich werden über einen Anbieter vor Ort bestimmte seniorengerechte Hilfs- bzw. Unterstützungsangebote vereinbart, die bei Bedarf abzurufen sind. Aufgrund möglicher kostenpflichtiger Extraleistungen gilt es hier, die Kosten und die angebotenen Leistungen genau zu vergleichen. Besonderes Augenmerk sollten Interessierte – neben der Barrierefreiheit der Wohnräume – darauf richten, dass zumindest an bestimmten Tagen oder stundenweise eine Ansprechperson vor Ort ist.

Neu ist, dass kommunale Wohnungsbaugesellschaften, wie beispielsweise die GEWOFAG in München, mit dem „Wohnen im Viertel“ ähnliche Angebote unterbreiten. Neben der Pflegebedürftigkeit setzt der Anbieter hier aber voraus, dass die Wohnungsinteressenten schon vorher ortsansässig waren.

Auch größere Senioreneinrichtungen bieten das betreute Wohnen an, was den Vorteil hat, dass bei (steigendem) Pflegebedarf entweder ein Verbleiben in den bisher bewohnten Räumen oder ein Umzug in den angeschlossenen stationären Bereich möglich ist.

Für Interessenten mit entsprechendem finanziellem Spielraum beschreiben die so genannten „Seniorenresidenzen“ Einrichtungen, die sich durch besonders umfangreiche Zusatz- und Wahlleistungen hervorheben. Hier ist in der Regel auch kein Pflegegrad erforderlich. Einzelne Anbieter machen den Einzug von der Zahlung einer Kaution abhängig, die zusätzlich zu den laufenden monatlichen Kosten anfällt.

Wohngemeinschaften und Wohngruppen für Senioren

Die Beliebtheit von Wohngemeinschaften und Wohngruppen für Senioren steigt. Neben privaten Initiativen sind in diesem Bereich auch Träger von stationären Einrichtungen aktiv. Letztere sind wegen der Geltung von heimrechtlichen Schutzvorschriften zur Gewährleistung eines bestimmten Qualitätsniveaus verpflichtet.

Teilweise zeichnet sich die Wohnsituation so aus, dass für die Bewohner abgeschlossene Wohnungen zur Verfügung stehen, die sich um einen gemeinsamen Begegnungsbereich gruppieren. Teilweise steht innerhalb einer Wohnung – ähnlich wie in einer Wohngemeinschaft – nur ein Zimmer zur privaten Nutzung bereit, während die anderen Räume mit den Mitbewohnern geteilt werden.

Vor der Gründung einer privaten Wohngemeinschaft gilt es, verschiedene Dinge zu bedenken: Je nach Pflegebedarf der Bewohner empfiehlt es sich vertraglich zu regeln, wann im Bedarfsfall ein professioneller Pflegedienst einspringt und welche Unterstützungsleistungen die anderen Mitbewohner erbringen. Die gesetzliche Pflegeversicherung erleichtert unter bestimmten Voraussetzungen, durch eine Anschubfinanzierung und einen Zuschlag bei den Leistungen zur ambulanten Pflege, eine Gründung.

Bei der Anmietung der Räume der Wohngemeinschaft besteht die Möglichkeit, dass nur zwischen einem Mieter und Vermieter ein (Haupt-)Mietvertrag besteht und in die anderen Bewohner nur Untermieter sind. Aufgrund der rechtlichen Abhängigkeit vom Hauptmietvertrag ist ein bloßes Untermietverhältnis weniger empfehlenswert. Von einem Vertragsschluss zwischen der Wohngemeinschaft als solcher und dem Vermieter ist wegen der notwendigen vertraglichen Anpassungen bei einem Wechsel der Mietparteien ebenfalls eher abzuraten. Für alle Beteiligten ist es daher am günstigsten, wenn alle Bewohner mit dem Vermieter einen eigenen Mietvertrag abschließen.

Mehrgenerationenhäuser

Angelehnt an das Leben in einer Großfamilie bieten die so genannten „Mehrgenerationenhäuser“ die Möglichkeit des Zusammenlebens mehrerer Generationen unter einem Dach. Dieses Modell lebt davon, dass sich die unterschiedlichen Altersgruppen mit Ihren verschiedenen Fähigkeiten in eine Gemeinschaft einbringen und gegenseitig unterstützen.

Neben privaten Zusammenschlüssen gibt es auch hier bereits gewerbliche Anbieter. Wie immer gilt es, die (miet-)vertraglichen Grundlagen und den persönlichen Betreuungsbedarf genau zu prüfen. Darüber hinaus setzt gerade diese Wohnform ein erhöhtes Maß an gegenseitiger Toleranz voraus.

Welche Wohnform passt zu mir?

  • Machen Sie sich rechtzeitig Gedanken über einen selbstbestimmten Lebensabend. Prüfen sie die in Betracht kommenden Möglichkeiten und deren Finanzierbarkeit.
  • Recherchieren Sie sorgfältig hinsichtlich der gewählten Alternative. Nehmen Sie wenn möglich das Angebot des „Probewohnens“ in Anspruch, um sich vor Ort zu informieren.
  • Wie bei allen Verträgen ist die genaue Prüfung der Kosten und gebotenen Leistungen erforderlich. Auch an mögliche Kostensteigerungen ist dabei zu denken.
  • Berücksichtigen Sie zudem einen bereits vorhandenen und ggf. steigenden Pflegebedarf bei Prüfung aller Angebote.

Weitere Hilfsangebote – osteuropäische Pflegekräfte

In der Regel erfordern die mit dem Alter einhergehenden Mobilitätseinschränkungen nicht nur Anpassungen der Wohnräume. Gerade im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, welchen die Pflegeversicherung nicht vollständig abdeckt, ist häufig die Inanspruchnahme weiterer Hilfsangebote notwendig. Hier ist in den letzten Jahren ein ständig wachsender Markt für (Zusatz-)Leistungen entstanden, die über den von der Pflegeversicherung bezahlten Umfang hinausgehen. Etabliert haben sich auf diesem Sektor insbesondere Unternehmen, die osteuropäische Pflegekräfte vermitteln. Vor Inanspruchnahme dieser Dienste empfiehlt es sich, die vertraglich versprochenen Leistungen genau zu prüfen. Hier sind insbesondere auch sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu beachten. Der VerbraucherService Bayern bietet hierfür eine Check-Liste.

Für weitere, individuelle Fragen stehen die Berater des VerbraucherService Bayern an 15 bayerischen Standorten, per Telefon oder Mail gerne zur Verfügung.