Betriebliche Altersvorsorge
Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) stellt eine Möglichkeit dar, über den Arbeitgeber eine staatlich geförderte Zusatzrente fürs Alter anzusparen. Seit 2005 hat jeder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine betriebliche Versorgung. Das heißt, falls der Arbeitgeber keine betriebliche Altersvorsorge anbietet, können Arbeitnehmer den Abschluss einer entsprechenden bAV einfordern. In manchen Fällen legt ein Tarifvertrag den Rahmen der Vorsorgeverträge fest. In der Regel obliegt es dem Arbeitgeber den Durchführungsweg, sowie den Anbieter zu bestimmen und sich um die Vertragsangelegenheiten zu kümmern.
Bezahlt der Arbeitgeber die monatlichen Beiträge für die Vorsorge, dann ist sie arbeitgeberfinanziert. Trägt der Arbeitnehmer die Raten, dann geschieht dies per Entgeltumwandlung. Allgemein gilt: Je höher der Zuschuss des Arbeitgebers, desto rentabler ist die bAV für den Arbeitnehmer.
Wie die Riester-Rente zählt die betriebliche Altersvorsorge zur zweiten Schicht der Altersvorsorge:
Vorteile und Nachteile der betrieblichen Altersvorsorge im Überblick
Vorteile | Nachteile |
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Mögliche Durchführungswege
Die meisten Arbeitgeber (AG) sorgen über Direktversicherungen oder eine Pensionskasse betrieblich vor. Arbeitnehmer (AN) treffen gegebenenfalls aber auch auf einen weiteren der insgesamt sechs Durchführungswege.
Die Durchführungswege im Überblick:
Tabelle 1
Durchführ-
ungsweg Merkmal |
Direktversicherung (DV) |
Pensionskasse (PK) |
Pensionsfonds (PF) |
Direktzusage (DZ) |
Unterstützungs-kasse (UK) |
Organisation | AG schließt eine Lebens-/Rentenversicherung (LV/RV) zugunsten des AN ab | AG schließt bei einer PK eine LV/RV zugunsten des AN ab | AG sagt eine lebenslange Leibrente mittels eines PF zu | AG verpflichtet sich, im Versorgungsfall Leistungen zu erbringen | AG sagt Kapital oder Rentenleistungen mittels einer UK zu |
Finanzierung | AG zahlt an LV/RV | AG zahlt an PK | AG zahlt an PF | AG zahlt aus den laufenden Erträgen oder schließt Rückdeckungsversicherung ab | AG zahlt an UK |
Portabilität (Zusage nach dem 31.12.2004 erteilt) |
Rechtsanspruch des AN auf Übertragung der Versorgungsanwartschaft auf neuen Arbeitgeber gem. § 4 Abs. 3 BetrAVG | Mit Zustimmung aller Beteiligten Übertragung gem. § 4 Abs. 2 BetrAVG möglich; alternativ: Aufrechterhaltung der Anwartschaft beim „alten“ Arbeitgeber bzw. der „alten“ Unterstützungskasse |
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Portabilität (Zusage vor dem 01.01.2005 erteilt) |
Mit Zustimmung aller Beteiligten Übertragung gem. § 4 Abs. 2 BetrAVG möglich, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind | ||||
Ansparphase: | |||||
Riester-Förderung | Ja, wenn Beiträge aus individuell versteuertem/verbeitragtem Arbeitsentgelt stammen. | Nein | Nein | ||
Steuerliche Förderung der Beiträge | Steuerfreie Beiträge (§ 3 Nr. 63 EstG) bis 8 % der BBG; 2018: Zusatzbetrag von 1.800 Euro entfällt (BRSG) |
Kein Lohnzufluss beim AN: Steuerpflicht entsteht erst bei Leistungserbringung | |||
Sozialversicherung bei Entgeltumwandlung | Beiträge bis 4 % der BBG nach § 3 Nr. 63 EstG sind sozialversicherungsfrei. | Sozialversicherungspflicht entfällt, sofern das umgewandelte Entgelt nicht über 4 % der BBG steigt | |||
Auszahlungsphase: | |||||
Leistung | seit 2005: lebenslange Leibrente, davor Kapital- oder Rentenlei-stung |
seit 2005: lebenslange Leibrente, davor Kapital- oder Renten-leistung |
lebenslange Leibrente | Kapital- oder Rentenleistung | Kapital- oder Rentenleistung |
Besteuerung der Leistungen | Als sonstige Einkünfte voll zu versteuern, ggf. Altersentlastungsbetrag | Als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu versteuern (AN-Pauschbetrag, Versorgungs-Freibetrag, Fünftelungsregelung bei Kapitalleistungen) | |||
Sozialversicherung in Rentenbezugsphase | Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind grundsätzlich beitragspflichtig in der KV der Rentner sowie zur Pflegeversicherung |
Verwendete Abkürzungen: AG Arbeitgeber; AN Arbeitnehmer; BBG Beitragsbemessungsgrenze; BRSG Betriebsrentenstärkungsgesetz; KV Krankenversicherung; LV Lebensversicherung; RV Rentenversicherung
Neu seit 2018: Das Sozialpartnermodell
Als sechster Durchführungsweg ist 2018 mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz das im Rahmen von Tarifverträgen organisierte, sogenannte Sozialpartnermodell neu hinzugekommen. Hier sieht der Gesetzgeber ein sogenanntes „pay and forget“-Modell vor. Das heißt, die Tarifpartner vereinbaren, dass der Arbeitgeber nur für die Zahlung der Beiträge, inklusive eines Pflicht-Arbeitgeberzuschusses, an eine Versorgungseinrichtung verantwortlich ist (reine Beitragszusage für Zielrente). Im Gegensatz zu den anderen Formen übernimmt der Arbeitgeber hier keine Haftung für eine Garantierente. Dieser Verzicht auf eine Garantiezusage bedeutet:
- Für Arbeitgeber eine Risikoentlastung
- Für die Vertragsanbieter mehr Flexibilität, wie sie die Beiträge anlegen können
- Für Arbeitnehmer steigen dadurch die Rendite-Chancen, aber sie büßen an Planungssicherheit ein und tragen letztlich das gesamte Anlagerisiko
Sind Arbeitnehmer in einem teilnehmenden Unternehmen beschäftigt, sparen sie automatisch in dem neuen Sozialpartnermodell für eine Betriebsrente. Es sei denn, sie widersprechen ausdrücklich (Opting-out-System). Diese Gestaltung soll die Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge erhöhen.
Weitere attraktive Änderungen der bAV durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) und durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG)
- Arbeitgeberbeteiligung
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) von 2018 ist eine Arbeitgeberbeteiligung für neu abgeschlossene Vorsorgeverträge seit 2019 und für bestehende Verträge ab 2022 verpflichtend. Das heißt, Arbeitgeber müssen eingesparte Sozialversicherungsbeiträge in pauschalierter Form den Vorsorgeverträgen zuschießen, mindestens 15 Prozent des Arbeitnehmerbeitrags. - Betriebliche Altersvorsorge mit Riester-Förderung
Diese Verträge sind seit 2018 den Leistungen aus Riester-Verträgen gleichgestellt. Das heißt, von den Auszahlungen sind keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mehr zu entrichten, wenn der Vertrag die Riesterförderung erhält. - Geringverdiener-Förderung
Diese Neuerung schafft geförderte Anreize für Arbeitgeber, Geringverdiener bei der Betriebsrente zu unterstützen.
Voraussetzung: Ein Arbeitgeber zahlt zwischen 240,00 Euro und 480,00 Euro pro Jahr in eine bAV für einen Beschäftigten mit einem Bruttoverdienst unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze (2020: 2.575,00 Euro; bis 2019: 2.200,00 Euro) ein.
Die Förderung besteht dann darin, dass der Arbeitgeber 30 Prozent des eingezahlten Beitrags (zwischen 72,00 Euro und 144,00 Euro) mit der für den Arbeitnehmer abzuführenden Lohnsteuer verrechnen kann.
Hinweis: Diese Geringverdiener-Förderung hat nichts mit dem verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss bei eingesparten Sozialabgaben zu tun und ist auch nicht mit dieser kombinierbar. - Anrechnung auf Grundsicherung
2018 wurde ein Freibetrag von 100,00 Euro eingeführt. Darüber hinaus sind weitere 30 Prozent der Auszahlung bis zu einem Höchstbetrag von 200,00 Euro geschützt. Als weitere Bedingung gilt: Der Gesamt-Freibetrag darf insgesamt nicht mehr als 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (2020: 432,00 Euro) betragen.
Das bedeutet, dass bei einer Betriebsrente von 220,00 Euro lediglich 84,00 Euro (220-100-((120/100)*30) auf die Grundsicherung angerechnet werden, weil 136,00 Euro Gesamt-Freibetrag den halben Betrag der Regelbedarfsstufe 1 (216,00 Euro) nicht übersteigt.
So funktioniert die Entgeltumwandlung
Die monatlichen Beiträge für die Vorsorge wandeln sich aus dem Arbeitnehmer-Bruttoeinkommen in Vorsorgebeiträge um, werden also direkt vom Arbeitgeber in den Vorsorgevertrag einbezahlt. Das bedeutet:
- Die Beiträge sind zunächst steuer- und sozialversicherungsfrei
- Durch den niedrigeren Bruttoverdienst bezahlt der Arbeitnehmer weniger Steuern und Sozialabgaben („Abgaben-Befreiung“)
- Auch der Arbeitgeber spart Sozialabgaben ein
Diese „Abgaben-Befreiung“ ist in der Höhe durch die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) begrenzt. Wie aus Tabelle 1 hervor geht, können 2020 monatlich bis zu vier Prozent der BBG, also 276,00 Euro sozialabgaben- und steuerfrei sowie weitere 276,00 Euro steuerfrei (entspricht dann acht Prozent der BBG) eingezahlt werden.
Wichtig: Durch die Entgeltumwandlung zahlen Arbeitnehmer weniger Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Dadurch reduziert sich die spätere Rente. Die entstehende Differenz gleicht die betriebliche Altersvorsorge erst einmal aus. Zudem haben die Sparer geringere Ansprüche beim Krankengeld, Elterngeld und Arbeitslosengeld.
Entgeltumwandlung: Ein Beispiel
Ein Arbeitgeber überweist für einen 30-Jährigen, unverheirateten und kinderlosen Angestellten mit 3.000,00 Euro Bruttogehalt 100,00 Euro in einen Vorsorgevertrag. Der Nettolohn des Mitarbeiters reduziert sich dadurch lediglich um rund 55,00 Euro.
Verantwortlich dafür sind die geringeren Abzüge für Steuern und Sozialversicherung.
Mit den neuen Regeln (BRSG) gibt der Arbeitgeber 15 Prozent des umgewandelten Betrags (hier: 15,00 Euro) zur Vorsorge dazu, so dass monatlich insgesamt 115,00 Euro in die Betriebsrente des Mitarbeiters fließen. Abbildung 1 zeigt, wie die (neue) Entgeltumwandlung funktioniert:
Abbildung 1
Die spätere Leistung ist voll zu versteuern und bei gesetzlich Krankenversicherten fällt der volle Beitragssatz an, wodurch sich die tatsächlich verfügbare Rentenleistung verringert.
Gut zu wissen:
- Rentner haben in der Regel einen geringeren Steuersatz als während der Einzahlphase, durch diese Differenz profitieren sie von Steuereinsparungen.
- Für gesetzlich Pflichtversicherte gilt seit 2020 für die Krankenversicherungsbeiträge ein Freibetrag von 159,25 Euro. Das heißt, nur für den Teil der Rente, der den Freibetrag übersteigt, fällt der volle Krankenversicherungsbeitrag an, also sowohl der Arbeitnehmer- als auch der fiktive Arbeitgeberanteil. Die Pflegeversicherung ist jedoch auch für gesetzlich Pflichtversicherte weiterhin in voller Höhe allein zu tragen.
Aus diesem Grund sollte der Arbeitgeber-Zuschuss mindestens 20 Prozent betragen, damit sich die betriebliche Altersvorsorge für den Arbeitnehmer rechnet.
Abzug für Pflege- und Krankenkassenbeiträge seit 2020: Ein Beispiel
Betriebsrente brutto | 200,00 Euro |
abzüglich Freibetrag | 159,25 Euro |
Beitragspflichtiger KV-Betrag | 40,25 Euro |
Abzüglich Krankenkasse 15,7 % | 6,32 Euro |
Abzüglich Pflege 3,3 %* von 200,00 Euro | 6,60 Euro |
Betriebsrente nach Abzug für KV/Pflege | 187,08 Euro |
* 3,05 % + 0,25 % kinderlosen Malus, ab dem vollendeten 23. Lebensjahr |
Durch den Freibetrag fallen lediglich 12,92 Euro anstatt 38,00 Euro für Kranken- und Pflegekassenbeiträge an.
Was geschieht bei einem Arbeitgeberwechsel?
Wenn Sparer den Arbeitgeber wechseln, gehen einmal per Entgeltumwandlung angesparte Ansprüche nicht verloren.
Allerdings: Wenn sich der bisherige Arbeitgeber an der Altersvorsorge beteiligt hat, gelten diese Ansprüche nur dann als unverfallbar, wenn der Mitarbeiter mindestens fünf Jahre im Unternehmen angestellt war und 25 Jahre oder älter ist. Für ab 2018 neu abgeschlossene bAV-Verträge verlängert sich die Frist auf drei Jahre Betriebszugehörigkeit und das Mindestalter ist auf 21 Jahre herabgesetzt.
Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, haben AN seit 2005 einen Rechtsanspruch darauf, das angesparte Kapital aus Direktversicherungen, Pensionskassen oder Pensionsfonds mitzunehmen. Bei Direktzusagen und Unterstützungskassen ist dies anders geregelt und nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Auch eine private Weiterführung ist bei einer Unterstützungskasse beispielsweise nicht möglich.
Möglichkeiten bei Arbeitgeberwechsel
- Kapital mitnehmen
Wenn der bestehende Vertrag beim neuen Arbeitgeber nicht weitergeführt wird, besteht die Möglichkeit, das mitgebrachte Kapital gegen Gebühr auf einen neuen Vertrag zu übertragen. - Vorsorgevertrag privat weiterführen
Arbeitnehmer können Verträge auch privat besparen. In diesem Falle sollte die Versicherungsnehmer-Eigenschaft in der Police vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer bzw. Sparer umgeschrieben werden.
Die Beiträge gehen dann allerdings vom Nettoeinkommen an. Das heißt, die „Abgaben-Befreiung“ entfällt, trotzdem fallen im Alter Steuern und zumeist (noch) Krankenversicherungsbeiträge an. Das Kapital im Vertrag splittet sich in diesem Fall in der Auszahlungsphase in einen betrieblichen und einen privaten Anteil auf. Für den jeweiligen Anteil gelten dann auch die jeweiligen Steuer- und Krankenversicherungsregeln. - Vertrag beitragsfrei stellen
Sparer können den Vertrag beitragsfrei stellen lassen, so dass bis zur Rente keine Einzahlungen mehr geleistet werden. Aus dem bisherigen Vertragsguthaben errechnet sich dann eine neue, beitragsfreie Rente, die entsprechend niedriger ausfällt. Außerdem ist zu beachten, dass die Versicherungsgesellschaft dem Kapital auch während einer Beitragsfreistellung die jährlichen Verwaltungskosten entnimmt.
Tipp: Stellen Sie einen Vertrag ruhend, können Sie ihn innerhalb bestimmter Fristen zu gleichen Konditionen wieder in Kraft setzen.
Kann man einen Altersvorsorgevertrag (bAV) kündigen?
In der Regel nicht. Erst mit Eintritt des Rentenalters ist vom Gesetzgeber eine Auszahlung des angesparten Guthabens vorgesehen. Deshalb ist die oben beschriebene Beitragsfreistellung die gängigste Variante, wenn ein Vertrag nicht mehr bespart werden soll. Bei einer tatsächlichen vorzeitigen Auflösung des Vertrages, muss der Arbeitnehmer die bisher erhaltenen Steuer- und Sozialversicherungsersparnisse nachträglich entrichten.
Wie sicher ist die betriebliche Altersvorsorge?
Die bAV ist in jedem Durchführungsweg abgesichert. Das heißt, die Altersversorgung geht nicht verloren, wenn das Unternehmen plötzlich insolvent geht.
Bei unverfallbaren Anwartschaften ist die Absicherung grundsätzlich über den Pensionssicherungsverein (PSVaG) gem. §§ 7—15 BetrAVG abgesichert. Wobei, abhängig vom Durchführungsweg, zusätzliche Bedingungen zu erfüllen sind.
Fazit
Die staatlich geförderte bAV ist für Arbeitnehmer bequem, sicher und durch Gruppenverträge meist kostengünstig. Auch lassen sich biometrische Risiken, wie beispielsweise eine Berufsunfähigkeit mit einer vereinfachten Risikoprüfung, selbst bei Vorerkrankungen einschließen.
Die baV lohnt sich für Arbeitnehmer vor allem dann, wenn der Arbeitgeber mindestens 20 Prozent zur Betriebsrente zuschießt, um die Nachteile bei der Auszahlung auszugleichen. Schließlich ist die Betriebsrente bei Auszahlung voll zu versteuern und für gesetzlich Krankenversicherte fallen die vollen Krankenkassenbeiträge an.