Altersvorsorge

15.01.2024

Riester: Gebühren zurückfordern und Rentenerhöhung durchsetzen

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. November 2023 (XI ZR 290/22) stärkt die Rechte vieler Riester-Sparer. Hintergrund war eine Klage gegen die Sparkasse Günzburg-Krumbach wegen intransparenter Kosten-Klauseln in ihren Riester-Banksparplänen. Der BGH entschied, dass die Sparkasse die ausgezahlte Riester-Rente nicht durch den Abzug von Abschluss- und Vermittlungskosten reduzieren darf, da die Klausel nicht klar und verständlich formuliert war. Die Sparer werden dadurch unangemessen benachteiligt, so das Gericht.

Rückforderung, Abschlusskosten Riester Rente© MQ-Illustrations - stock.adobe.com
Abschlusskosten für Riestersparpläne können unter Umständen rückgefordert werden.

Die Rechtslage – Hintergrund

Der BGH hat die in Altersvorsorgeverträgen mit der Bezeichnung "S VorsorgePlus Altersvorsorgevertrag nach dem Altersvermögensgesetz (Riestersparplan)" der Sparkasse Günzburg-Krumbach enthaltene Klausel zu Abschluss- und Vermittlungskosten für unwirksam erklärt. Denn Sparkassen vermitteln ihren Riester-Kunden für die Auszahlungsphase des Riestervertrags eine Rentenversicherung, die „Abschlusskosten, …übrige Kosten und Verwaltungskosten“ enthält, die im ursprünglichen Altersvorsorgevertrag jedoch nicht kalkuliert wurden. Auch die beklagte Sparkasse hatte sich in ihren Sonderbedingungen der Altersvorsorgeverträge „Vorsorge Plus“ mit einer Klausel das Recht vorbehalten, Verbraucher*innen beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase „ggf. mit Abschluss- und / oder Vermittlungskosten“ zu belasten.

Gegen diese intransparente Kostenpflicht wurde von Seiten des Verbraucherschutzes geklagt. Denn das Institut verwende in ihren Sonderbedingungen der Riester-Sparpläne folgende Bestimmung: "Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss- und / oder Vermittlungskosten belastet." Die Klausel sei unwirksam, da sie nicht klar und verständlich sei und daher die Sparer unangemessen benachteilige. Demnach hat es die Sparkasse zu unterlassen, sich auf diese Klausel in Altersvorsorgeverträgen nach dem Altersvermögensgesetz zu berufen.

Der BGH hat durch sein Urteil entschieden, dass Riester-Kunden bereits beim Vertragsabschluss die anfallenden Verwaltungs- und Vermittlungskosten klar und verständlich darzulegen sind. Eine Klausel, die nachträglich eine Gebührenbelastung ermögliche, ist unwirksam. Die Formulierung „ggf. mit Abschluss- und/oder Vermittlungskosten“ ist nicht klar und verständlich. Sie gebe weder in Form eines absoluten Betrages noch eines guthabenbezogenen Prozentsatzes Angabe zur möglichen Höhe der Kosten. Auch bleibt unklar, unter welchen Bedingungen und wie oft diese Kosten anfallen sollen. Die wirtschaftlichen Folgen und die Verschlechterung der Rentenleistung lassen sich nicht absehen. Wegen dieser Unklarheiten werden Bankkunden unangemessen benachteiligt und das führt gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Unwirksamkeit der Klausel, so das Gericht.

Was bedeutet dieses Urteil für die Verbraucher*innen?

Da das BGH die intransparente Klausel als rechtswidrig eingestuft hat, dürften weder die beklagte Sparkasse noch der von ihr beauftragte Versicherer Abschluss- oder Vermittlungskosten für die Auszahlungsphase in Rechnung stellen.

Verbraucher*innen sollten ihre Verträge prüfen lassen

Wenn Riester-Sparer bei Vertragsabschluss nicht transparent über die Kosten einer Neuverrentung in der Auszahlphase aufgeklärt wurden, dürfen der Riester-Anbieter und die Versicherung das Verrentungskapital nicht mit Abschluss- oder ähnlichen Kosten belasten. Durch den Wegfall dieser Kosten können zahlreiche Riestersparer nun mit einer höheren Rentenauszahlung rechnen.  Betroffene Verbraucher*innen, denen in der Auszahlphase Abschluss- oder Vermittlungsgebühren berechnet wurden, sollten ihren Riester-Vertrag prüfen lassen, ob sie diese Kosten von ihrem Institut unter Umständen als einmalige Guthabenauszahlung zurückfordern können oder ihre Rente sich rückwirkend erhöht. Einen entsprechenden Musterbrief finden Sie hier.

Die Riester-Rente – Hintergrund

Die Riester-Rente in der Auszahlungsphase
Wenn der Riester-Sparer das Rentenalter erreicht, was in der Regel mit dem Beginn der gesetzlichen Altersrente übereinstimmt, beginnt die Auszahlungsphase und der Sparer erhält Leistungen aus seinem Riester-Vertrag. Der frühestmögliche Auszahlungsbeginn für Verträge, die vor 2012 abgeschlossen wurden, ist das 60. Lebensjahr, bei einem späteren Beginn das 62. Lebensjahr. Bei vorzeitiger – förderschädlicher – Auszahlung durch eine Vertragskündigung, verlieren Sparer alle erhaltenen staatlichen Förderungen (Zulagen und eventuelle Steuervorteile).

In der Auszahlungsphase stellen gesetzliche Regelungen sicher, dass das angesparte Kapital der Alterssicherung dient. Bei allen Riester-Varianten ist hierzu eine lebenslange Rentenzahlung in Form einer sofortigen oder aufgeschobenen Leibrente (Auszahlungsplan) vorgesehen.

Eine hundertprozentige einmalige Kapitalauszahlung ist bei der Riester Rente grundsätzlich nicht möglich, außer wenn eine nur sehr geringe monatliche Rentenzahlung, die sogenannte Kleinstbetragsrente vorliegt. Deren Höhe hängt von der Bezugsgröße West nach §18 Sozialgesetzbuch IV ab und die monatliche Rente darf nicht größer als ein Prozent dieses Werts sein (in 2023 33,95 Euro). Wenn die monatliche Rente aus dem Riestervertrag geringer ausfallen würde als dieser Wert, können Altersvorsorgesparer eine Einmalauszahlung des Gesamtguthabens fordern. Außerdem haben Riester-Sparer die Möglichkeit, sich maximal 30 Prozent des angesparten Kapitals bei Rentenbeginn als Einmalzahlung, den Rest als monatliche Rente auszahlen lassen. In der Regel erfolgt die Auszahlung daher als lebenslange monatliche Rente.

Neuverrentung in der Auszahlungsphase
Eine Neuverrentung soll sicherstellen, dass die angesparten Eigenbeiträge, die staatlichen Zulagen und die erwirtschafteten Erträge umgewandelt und in Form einer lebenslangen Rente (Leibrente) an den Sparer zurückfließen können. Garantierte Mindestleistung dabei ist die Summe der eingezahlten Eigenbeiträge und der staatlichen Zulagen. Jedoch wird vom Gesetzgeber in Erwägung gezogen, diese 100 Prozent-Garantie optional abzusenken.

Bei den Riester-Fondssparplänen und bei Riester-Banksparplänen erfolgt die Auszahlung in zwei Etappen. Bis zum 85. Lebensjahr wird die Rente aus dem angesparten Guthaben gezahlt. Für die Phase danach schließen die Institute zu Beginn der Auszahlungsphase eine Rentenversicherung für ihre Kunden bei einem externen Versicherer ab und belasten das angesparte Riesterguthaben mit den anfallenden Abschlusskosten des Rentenver-sicherungsvertrags. Für den BGH geht aus den Riester-Vertragsklauseln nicht klar hervor, wann und welche konkreten Kosten in diesem Fall die Sparkasse hierfür erhebt.