Ernährung

09.10.2023

Algen – dem Trendlebensmittel auf der Spur

Algen im menschlichen Speiseplan haben vor allem im asiatischen Raum, aber auch in Teilen Europas eine lange Tradition. Nori, Wakame, Kombu, Hijiki, Ulva oder Zuckertang sind die bekanntesten Speisealgen. Was zeichnet das Lebensmittel ernährungsphysiologisch aus und gewinnt es in Zukunft noch an Bedeutung?

Algen – dem Trendlebensmittel auf der Spur© bit24 - stock.adobe.com
Vor allem Vegetarier schätzen Algen für den Hohen Gehalt an Omega 3 Fettsäuren und Jod.

Die sogenannten Makroalgen werden meist getrocknet angeboten. Die bekannteste Verwendung ist wohl die im japanischen Sushi. In Asia-Läden oder auch an Frischfischtheken sind sie auch frisch oder tiefgekühlt erhältlich. Für Produkte zur Nahrungsergänzung gibt es die Mikroalgen Chlorella und Spirulina in Tabletten-, Pulverform oder als Algenöl. Auch das Sortiment mit Produkten mit Mikroalgen als Zutat, zum Beispiel in Müsliriegeln, Kräckern, Getränken oder Nudeln wächst ständig. Für die Lebensmittelindustrie sind Algen als Rohstoff für Lebensmittelzusätze wie Agar-Agar, Alginat und Carrageen von großer Bedeutung. Bei veganen Fisch-Ersatzprodukten sorgen Algen für einen typisch fischigen Geschmack.

Algen – vielseitig und nährstoffreich

Algen sind kalorienarm und sehr ballaststoffreich. Getrocknet können sie bis zu 75 Prozent aus Ballaststoffen bestehen. Sie enthalten zahlreiche Nährstoffe wie Beta-Carotin, Vitamin C, E und B 12 – ob Vitamin B12 aus Algen zur alleinigen Versorgung des Menschen beitragen kann, ist jedoch unklar. Daneben liefern sie Mineralstoffe und Spurenelemente wie Eisen, Selen, Zink und Jod.

Besonders hervorzuheben ist bei Mikroalgen der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, die auch in Meeresfisch vorkommen. Algenöl stellt daher eine gute Alternative für Vegetarier*innen und Veganer*innen zu Fisch(öl) dar. Dabei sollten Verbraucher*innen die angegebenen empfohlenen Verzehrmengen einhalten.

Trotz zahlreicher positiver Inhaltstoffe sind Algen nicht „das Superfood schlechthin“.  Die meisten gesundheitlichen Versprechen, zum Beispiel bei verschiedenen Krankheiten oder zur Gewichtsreduktion, sind in ihrer Wirkung derzeit nicht bewiesen. Auch den oftmals angepriesenen Proteingehalt gilt es zu hinterfragen: Bei einem Bedarf von etwa 60 Gramm Protein am Tag für Erwachsene liefert ein Algenprodukt oder -präparat meist nur einen Bruchteil.

Der Gehalt an Nährstoffen hängt insgesamt sehr stark von der Qualität des Wassers ab, in dem die Algen wachsen. Daher ist es für Verbraucher*innen schwer abschätzbar, welcher Nährstoffbedarf über Algen im Essen gedeckt werden kann.

Algen – Risiken beim Verzehr?

Insbesondere der Jod-Gehalt gerät immer wieder in den Fokus: Je nach Algenart enthalten getrocknete Algenprodukte zwischen fünf und 11.000 Milligramm Jod pro Kilogramm. Die tägliche Aufnahmeempfehlung liegt bei 200 Mikrogramm. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) fordert daher eine Höchstgrenze von 20 Milligramm pro Kilogramm getrocknete Algen. Eine verpflichtende Kennzeichnung für den Jodgehalt gibt es bislang nicht.

Eine hohe Zufuhr von Jod kann besonders Personen mit Schilddrüsenproblemen schaden. Betroffene Personen sollten auf den Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln mit Meeresalgen verzichten. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt nicht mehr als ein Gramm Algen pro Tag zu verzehren. Darüber hinaus sollten nur Algen bzw. Algenprodukte mit gekennzeichnetem Jodgehalt und der Angabe der maximalen Verzehrmenge gewählt werden.

Ein weiteres Risiko beim Verzehr von Algen ist unter Umständen deren Belastung mit Schadstoffen und Schwermetallen wie Blei, Arsen, Aluminium oder Cadmium. Die Stiftung Warentest fand in AFA-Algenpräparaten giftige Microcystine, die Leber, Niere und Gehirn schädigen können.

Algen – klimafreundlicher Rohstoff der Zukunft

Algen sind vielseitig einsetzbar und einfach zu kultivieren. Sie wachsen nachhaltig im Meer und benötigen daher nicht die immer knapper werdende Ressource Ackerland. Die Algenbiomasse lässt sich vollständig verwerten und es gibt kaum Reststoffe wie Schalen oder Wurzeln. Darüber hinaus wachsen sie schneller als unsere landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Laut dem Fraunhofer-Institut, welches auf dem Gebiet der Kultivierung von Mikroalgen bereits seit 25 Jahren forscht, lassen sich auf einen Hektar Ackerland rund 30 Tonnen Maisbiomasse erzeugen. Eine Algenproduktion liefert auf der gleichen Fläche 150 Tonnen. Zudem ist es dem Institut gelungen, Proteine aus Algen zu extrahieren und zum Beispiel für Algenwurst einzusetzen.

Die Aquakultur von Meeresalgen zählt zu den am schnellsten wachsenden Lebensmittelsektoren weltweit. Makro- und Mikroalgen werden mittlerweile auch in Europa gezüchtet. 97 Prozent stammen jedoch noch aus Asien.

Nicht nur die Lebensmittelindustrie nutzt die vielfältigen Eigenschaften der gelierenden und verdickenden Algen, auch Forschung und Start-ups beschäftigen sich vermehrt mit der Nutzung für Fleischersatzprodukte oder Proteinextrakte. Auch die Gewinnung der hochwertigen Omega-3 Fettsäuren steht im Fokus. Es ist davon auszugehen, dass Algen in den kommenden Jahren erhöhte Aufmerksamkeit erhalten.

Quellen:

Algen als Lebensmittel (fraunhofer.de)

Algen in der Ernährung | Verbraucherportal Bayern

https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/food/algen-als-rohstoff-der-zukunft/

Gesundheitliche Risiken durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen - Aktualisierte Stellungnahme Nr. 026/2007 des BfR vom 12. Juni 2007 (bund.de)

Algen-Blätter häufig mit Schadstoffen belastet (ernaehrungs-umschau.de)

Algen- BZfE

Algenpräparate: Die grüne Gefahr | Stiftung Warentest