Ernährung
21.08.2023, Regionalität als Antwort auf den Klimawandel
Exotisches Obst und Gemüse aus Bayern
Auch in Bayern steigen die Temperaturen im Mittel an und Trockenheitsperioden nehmen zu. Deshalb versuchen Forschung und Landwirtschaft seit einigen Jahren, zur Anpassung an den Klimawandel exotische Obst- und Gemüsesorten als Alternativen im heimischen Anbau zu etablieren. Vor allem Weinbaugebiete eignen sich durch ihre milden Wetterlagen. Lokale Landwirte bauen heute bereits verschiedene Sorten Wasser- und Zuckermelonen, Aronia, Ingwer, Quinoa, Chia, Safran, Artischocken und in größerem Umfang auch Sojabohnen erfolgreich an.
Kulturpflanzenvielfalt als Antwort auf den Klimawandel
Forschungsinstitute wie die Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) oder die Bayrische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) experimentieren mit alternativen exotischen Arten. Bei den Züchtungen achten sie vor allem auf die Verträglichkeit von Hitze und Trockenheit, aber auch Winterhärte ist bei mehrjährigen Pflanzen wie Obstbäumen ein wichtiges Kriterium sowie die Eignung für den kommerziellen Anbau. Hierzu gehören neben dem Ertrag auch Faktoren wie eine einfache Ernte und Transport- und Lagerfähigkeit der Früchte. Diese müssen außerdem den Ansprüchen der Verbraucher*innen genügen, beispielsweise was Optik, Geschmack und einfachen Verzehr („easy to eat“) betrifft. Getestet werden unter anderem Feigen, Gojibeeren, die „Pawpaw“ – auch als Indianerbanane bekannt – sowie verschiedene Sorten Kiwibeeren. Auch den Versuchsanbau von Erdnüssen gibt es aktuell.
Regionalität bietet bessere Klimabilanz, Qualität und Transparenz
Für Verbraucher*innen bringt der regionale Anbau exotischer Pflanzen einige Vorteile mit sich:
Niedrigerer CO2-Fußabdruck: Die langen Transportwege exotischer Lebensmittel sind mit hohen CO2-Emissionen verbunden und schaden so dem Klima. Dieser Anteil am CO2-Ausstoß verringert sich durch den regionalen Anbau in Bayern und Deutschland massiv.
Höhere Qualität: Südfrüchte werden oft unreif geerntet, um Transport und Lagerung besser zu überstehen. Darunter leiden Qualität und Geschmack, aber auch der Nährstoffgehalt sinkt mit der Zeit der Lagerung. Hier haben die regionalen Waren einen klaren Vorteil, da sie reif geerntet und den Verbraucher*innen frisch angeboten werden können.
Transparenz: Beim Anbau in Deutschland gelten strengere Gesetze beim Einsatz von Pestiziden und anderen Spritzmitteln als in Anbauländern außerhalb der EU. Vor allem konventionell angebaute Früchte weisen häufig Rückstände von Pestiziden auf, deren Einsatz in der EU verboten ist. Verschiedene offizielle Regional- und Bio-Siegel garantieren zudem die Einhaltung rechtlicher Vorgaben. Direkter Kontakt zu regionalen Landwirten über Hofläden steigert ebenfalls die Transparenz der Anbaubedingungen. Nicht zuletzt gelten in Deutschland auch andere arbeitsrechtliche Bedingungen.
Anbaumengen derzeit noch überschaubar – hohe Endpreise für Verbraucher*innen
Der Anbau neuer Arten ist allerdings auch mit einigen Herausforderungen und Risiken verbunden. Spätfröste im April und Mai können für Ernteausfälle sorgen, was den gewerblichen Anbau erschwert. Zahlreiche Pflanzen benötigen zusätzliche Bewässerung oder Beheizung, was Mehraufwand und -kosten verursacht. Teilweise muss die Bestäubung der Pflanzen von Hand erfolgen, da passende Bestäuber hierzulande nicht heimisch sind. Auch die fehlenden Erfahrungswerte stellen eine Herausforderung dar. Forschungsergebnisse helfen zwar, dennoch ist viel Eigeninitiative gefragt. Dementsprechend sind die Anbaumengen aktuell noch gering und die Endpreise für Verbraucher*innen höher als für importierte Ware aus dem Supermarkt.
Zu kaufen gibt es die regionalen Exoten derzeit meist nur auf Wochenmärkten oder direkt in Hofläden. Manche Produkte, wie zum Beispiel Ingwer oder Quinoa, werden auch in größerem Stil angebaut und sind teilweise im Einzelhandel zu finden. Melonen erhalten Verbraucher*innen bei einzelnen regionalen Händlern oder an Selbstbedienungsständen am Straßenrand, ähnlich zu Kürbissen. Häufig pflanzen die Landwirte in Absprache mit der lokalen Gastronomie und die Ernte geht komplett an die Vertragspartner.
EU-Forschungsprojekt: mit Abwärme beheizte Gewächshäuser
Für tropische Früchte, die sich in unseren Breitengraden nicht im Freiland oder in gewöhnlichen Gewächshäusern anbauen lassen, gibt es ebenfalls Forschungsansätze. Im Tropenhaus „Klein Eden“ im oberfränkischen Tettau wird die dauerhafte Abwärme der benachbarten Glasfabrik genutzt, um tropische Bedingungen ohne zusätzliche Heizenergie herzustellen. Pestizide kommen hier nicht zum Einsatz, sondern lebende Schädlingsbekämpfer wie beispielsweise Raubwanzen, die die Schädlinge jagen. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz fördert diese Projekte.
Für tropische Früchte mit geringen Importmengen könnte theoretisch zukünftig ein solcher Anbau die klimaschädlichen Importe ablösen. Doch bei Bananen oder Ananas, die von der Größe der Anbaufläche leben, wird dies vermutlich nicht möglich sein.
Exotische Früchte zuhause anbauen
Auch für den Privatanbau gibt es mittlerweile viele verschiedene geeignete exotische Arten. Großer Beliebtheit erfreut sich vor allem die Feige, da sie in einem ausreichend großen Kübel auf Balkon oder Terrasse kultiviert und einfach zum Überwintern in Innenräume verlegt werden kann. Die sogenannte Bayernfeige ‚Violetta’® soll auch ganzjährig einen Anbau im Freien ermöglichen, da sie Temperaturen bis zu -15°C standhalten soll. Ein weiteres winterhartes Gewächs mit geschmackvollen Früchten ist die Kiwibeere. Hierbei handelt es sich, wie der Name bereits verrät, um etwa stachelbeergroße Früchte, die ansonsten in Aussehen und Geschmack einer Kiwi ähneln. Im Gegensatz zu diesem großfruchtigen Verwandten hat die Kiwibeere eine glatte, dünne Schale, die problemlos mitgegessen werden kann. Sie eignet sich vor allem zum direkten Frischverzehr, wodurch ihre gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffe besonders gut erhalten bleiben. Eine mit bis zu -30°C besonders winterharte Vertreterin ist die „Weiki“, auch als Bayern-Kiwi bekannt. Sie wurde am Wissenschaftszentrum Weihenstephan gezüchtet, weshalb sich ihr Name aus „Weihenstephan“ und „Kiwi“ ableitet.
Generell gilt, sich vor dem Kauf von teuren exotischen Samen oder Pflanzen gut zu informieren, welche Arten in Deutschland und Bayern gedeihen und unter welchen Voraussetzungen sie Früchte tragen können.
Quellen:
Melonenbauer Thomas | Unsere Bayerischen Bauern (unsere-bauern.de)
Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) (bayern.de)
Ingwer | Unsere Bayerischen Bauern (unsere-bauern.de)
Landwirte testen Chia, Safran und Quinoa aus Deutschland (faz.net)
Quinoa aus Bayern: Drei Münchner Bauern und das heilige Korn der Inkas (exklusiv-muenchen.de)