Ernährung

07.03.2024

Fragwürdiger Trend: Abnehmen durch Blutzucker-Tracking

Regelmäßig den Blutzucker messen, müssen normalerweise nur Diabetiker*innen. Durch einen Trend in den sozialen Medien tracken auch immer mehr gesunde Menschen ihren Blutzucker – gegen Müdigkeit, für eine bessere Konzentrationsfähigkeit oder um abzunehmen. Lesen Sie hier, ob das nötig ist und welche Gefahren die übermäßige Überwachung des eigenen Körpers mit sich bringt.

Fragwürdiger Trend: Abnehmen durch Blutzucker-Tracking© Frank - stock.adobe.com
Die Daten, die der Blutzucker-Tracker liefert, werden von Laien oftmals falsch interpretiert.

Was ist Blutzucker?

Nehmen wir durch die Nahrung Kohlenhydrate auf, steigt die Glukosekonzentration im Blut (=Blutzuckerspiegel). Bei gesunden Menschen wird daraufhin Insulin ausgeschüttet, um den Blutzuckerspiegel wieder zu senken. Insulin dient also dazu, die Glukose aus dem Blut für die Zellen zur Energiegewinnung verfügbar zu machen.

Die Reaktion auf die unterschiedlichen Nahrungsmittel ist bei jedem Menschen individuell. Generell lässt sich jedoch sagen, dass kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Weißbrot, Nudeln und Reis den Blutzuckerspiegel schnell und stark ansteigen lassen.

Sinkt der Blutzuckerspiegel dann wieder rasch ab, verlangt der Körper nach neuer Energie und es kommt zu Heißhunger. Langfristig steigt so das Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas, Diabetes oder Bluthochdruck. Deshalb macht es Sinn, starke Blutzuckerschwankungen zu meiden und den Blutzuckerspiegel relativ konstant zu halten.

Normalwerte des Blutzuckers sind:

  • Nüchtern: < 100 mg/dl
  • 2 Stunden nach einer Hauptmahlzeit: < 140 mg/dl

Wie trackt man den Blutzucker?

Der Klassiker ist die Messung mittels Fingerpiks. Dabei gewinnt man mit einer Stechhilfe einen Tropfen Blut aus der Fingerspitze und trägt diesen auf einen Teststreifen am Messgerät auf. Eine neuere Alternative für Diabetiker*innen sind kleine Sensoren, die am Oberarm getragen werden, um den Blutzuckerspiegel dauerhaft zu messen. Diese sogenannten „Continuous Glucose Monitors“ sind etwa münzgroße Sensoren, die mithilfe eines Metallfadens den Blutzuckerwert im Gewebe messen. Der Sensor ist unter einem Pflaster angebracht und muss alle zehn bis 14 Tage gewechselt werden. Die Implantation ist einfach lässt sich zu Hause selbständig durchführen. Die Blutzuckerwerte kommen dann jederzeit per Bluetooth aufs Smartphone. Zudem alarmiert das System bei Über- oder Unterzuckerung. Mithilfe einer App lassen sich die gewonnen Daten auswerten.

Mittlerweile bieten Health-Tech-Firmen die Tracker auch Nicht-Diabetiker*innen an und vermarkten diese mit großem Erfolg an Sportler*innen, Gesundheits-Enthusiasten oder Abnehmwillige.

Die Tracker sind frei verkäuflich und kosten um die 60 Euro – für eine Anwendung von zwei Wochen. Dazugehörige Apps im Abo kosten zwischen 100 Euro und 250 im Monat. Mitgeliefert werden abgeleitete Ernährungsempfehlungen.

Was ist dran am Hype?

Das Werbeversprechen der Anbieter lautet „je flacher die Glukosekurve, desto besser für die Gesundheit.“ Energietiefs, Stimmungsschwankungen, PMS, Hitzewallungen, Schlafstörungen und Gewichtszunahme sollen mithilfe des Blutzucker Trackings behandelt werden können. Vor allem Frauen erhalten hierdurch Versprechen. Symptome von Hormonschwankungen seien durch Schwankungen im Blutzuckerspiegel verursacht und wären mithilfe des Trackens zu verhindern.

Nach aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen ist das Tracking für gesunde Menschen jedoch nicht nötig. Denn ein gesunder Körper ist selbst in der Lage, die Konzentration des Blutzuckers zu messen und die Bauchspeicheldrüse reagiert dann je nach Glukosemenge entsprechend schnell. Zudem gibt es vielfältige andere Gründe für Symptome wie Müdigkeit, PMS oder Schlafstörungen.

Für die bewusste Wahrnehmung der Ernährung und zum Kennenlernen der Stoffwechselvorgänge kann ein Tracking vorübergehend auch für Nicht-Diabetiker*innen interessant sein, ein dauerhaftes Messen kann aber auch negative Folgen mit sich bringen.

Folgen der Überwachung des eigenen Körpers

Gesundheitsgefährdend wird das ständige Überwachung und Messen, wenn sich daraus eine zwanghafte Kontrolle des eignen Körpers entwickelt.

Zudem rufen mit der App gelieferte Ernährungsempfehlungen gegebenenfalls unnötige Angst in Bezug auf Lebensmittel hervor, wie unlängst bei Haferdrinks. So heißt es in den sozialen Netzwerken, Haferdrinks lösen starke Glukosespitzen aus, die laut deren Theorie unbedingt zu vermeiden sind. Auch Essstörungen können dadurch entstehen.

Die Daten, die der Blutzucker-Tracker liefert, werden von Laien oftmals falsch interpretiert. Außerdem ist Abnehmen nicht allein durch einen konstanten Blutzuckerspiegel möglich. Hier sind viele andere Faktoren maßgeblich beteiligt. Eine individuelle Beratung durch Ernährungsfachkräfte kann dabei helfen.

Für die Gesundheit sollten Verbraucher*innen generell auf eine ausgewogene und vielseitige Ernährung mit Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, hochwertigen Ölen und Eiweißquellen achten, sowie hochverarbeitete Lebensmittel möglichst meiden. Dafür braucht es keine Sensoren oder Tracker.

Was tun gegen Heißhungerattacken?

Um Heißhungerattacken vorzubeugen, gilt es, genügend Ballaststoffe (30 Gramm Ballaststoffe pro Tag), ausreichend Protein (0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag) und gesunde Fette (zum Beispiel Rapsöl oder Leinöl) aufzunehmen. Zudem hilft es, regelmäßig ausgewogene Mahlzeiten einzunehmen. Drei sättigende Mahlzeiten am Tag wirken den Gelüsten entgegen.

Bewegung nach dem Essen hilft zusätzlich dabei, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Daneben sorgen auch ausreichend Schlaf und regelmäßige sportliche Betätigung für einen Blutzucker im Normalbereich.

Quellen

https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/dge-ernaehrungsempfehlungen/10-regeln/

https://www.glucosegoddess.com/

https://helloinside.com/de-de

https://www.ernaehrungsradar.de/e-test/glukose-trick-im-check/