Ernährung

02.10.2020, Diabetes

Gute Blutzuckerwerte dank Sport und Ernährung

Diabetes mellitus ist weltweit auf dem Vormarsch. In Deutschland sind laut Deutschem Gesundheitsbericht Diabetes 2020 aktuell mindestens 7 Millionen Menschen von dieser chronischen Erkrankung betroffen. Mehr als 500.000 Neuerkrankungen werden jährlich diagnostiziert. Damit liegt Deutschland bei der Erkrankungshäufigkeit weiltweit an siebter Stelle (statista 2019). Lesen Sie hier, wie Sie durch Bewegung und Sport sowie durch richtige Ernährung aktiv an der Verbesserung der Blutwerte mitwirken können. 

Gute Blutzuckerwerte dank Sport und ErnährungFoto: © ratmaner - Fotolia.com
Gekennzeichnet ist der unbehandelte Diabetes mellitus durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte. Etwa 5 Prozent der Diabetiker sind Typ 1-Patienten, etwa 95 Prozent leiden an einem Typ 2-Diabetes. Daneben tritt in 5 bis 10 % der Schwangerschaften ein Schwangerschaftsdiabetes auf. In allen Fällen ist die Wirkung des Insulins beeinträchtigt, das für die Regulierung des Blutzuckerspiegels verantwortlich ist. Doch gerade beim Diabetes mellitus Typ 2 kann man aktiv an der Verbesserung der Blutwerte mitwirken.

Insulin, Glukagon und Adrenalin regulieren den Blutzuckerspiegel

Über die Nahrung aufgenommene Kohlenhydrate (Stärke und Zucker) beeinflussen den Blutzuckerspiegel. Die Blutzuckerkonzentration steigt nach dem Essen, da die Kohlenhydrate verdaut, in den Körper aufgenommen und in Form von Traubenzucker (Glukose) im Blut als Energielieferant zu den Organen transportiert werden. Hauptsächlich die Zellen von Gehirn, Nervensystem, Blut, Muskeln, aber auch Leber und Niere nutzen Glukose zur Energiegewinnung. Um die Glukose in die Zellen zu schleusen, wird das Hormon Insulin von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet und senkt dadurch den Blutzuckerspiegel. Außerdem bremst es die Neubildung von Glukose in der Leber und sorgt somit auf unterschiedlichen Wegen für „normale“ Blutzuckerwerte. Andrerseits kann der Blutzuckerspiegel bei Hunger oder körperlicher Aktivität absinken. Hierbei sorgen die Hormone Glukagon und Adrenalin dafür, dass Glukose aus der Leber freigesetzt wird und der Blutzuckerspiegel wieder ansteigt.

Negative Beeinflussung der Insulinwirkung

Bei Diabetes mellitus führt eine fehlende Insulinproduktion (Typ 1) bzw. eine verminderte Insulinproduktion oder verschlechterte Insulinwirkung (Typ 2) zu erhöhten Blutzuckerwerten. Gerade die Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 wird neben einer genetischen Veranlagung durch Bewegungsmangel und Übergewicht gefördert. An dem früher als Alterdsiabetes bezeichneten Typ-2-Diabetes erkranken zunehmend auch übergewichtige Kinder und Jugendliche. Durch große Fettspeicher am Bauch werden Botenstoffe freigesetzt, die sowohl die Wirkung als auch die Freisetzung des Insulins aus der Bauchspeicheldrüse vermindern. Zudem begünstigt Übergewicht erhöhte Blutfettkonzentrationen, welche die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin beeinträchtigen.Auch Bluthochdruck kommt häufig zusammen mit Diabetes mellitus typ 2 vor.

Positive Beeinflussung der Insulinwirkung

Bewegung und Sport:

  • unterstützen und erleichtern das Abnehmen
  • verbessern die körpereigene Insulinwirkung dauerhaft
  • beeinflussen Blutzuckerwerte, Blutdruck und Blutfettwerte positiv
  • Reduktion der Medikamenten- bzw. Insulindosis nach Rücksprache mit dem Arzt möglich
  • steigern das Wohlbefinden
  • trainieren das Herz-Kreislauf-System
  • beugen Durchblutungsstörungen als mögliche Folgen des Diabetes mellitus vor

Auswahl der Sportarten und Trainingsdauer

Um eine Verbesserung des Glukosestoffwechsels bei Typ-2-Diabetes zu erreichen, ist eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining am wirkungsvollsten. Als Ausdauersportarten eignen sich Laufen, Wandern, Radfahren oder Schwimmen. Empfehlenswert ist ein regelmäßiges Ausdauertraining von mindestens 150 Minuten pro Woche mit moderater Intensität.

Das Krafttraining sollte alle großen Muskelgruppen miteinbeziehen und kann an Geräten, mit elastischen Bändern oder leichten Gewichten durchgeführt werden. Das Training sollte möglichst jeden zweiten Tag erfolgen, da die Verbesserungen des muskulären Glukosestoffwechsels nur maximal 48 Stunden wirken.

Als dritte Komponente ist Koordinationstraining wichtig, um Stürzen vorzubeugen.

Vor Trainingsbeginn sollten Patienten die geplanten Aktivitäten mit ihrem Arzt besprechen. Zusätzlich können sie in speziellen Diabetiker-Schulungen lernen, die individuelle Reaktion ihres Körpers auf die Bewegung einzuschätzen. Wer nicht alleine trainieren möchte, kann sich Sportgruppen von Patientenverbänden anschließen oder spezielle Angebote von Fitnessclubs wahrnehmen. Hier kann als Entscheidungshilfe das Gütesiegel „Fitness-Training für Diabetiker“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft, dem TÜV Rheinland und diabetesDE dienen.

Sollten beispielsweise aufgrund von Corona-Beschränkungen Sport im Verein oder Fitnessstudio nicht stattfinden kann, ist es dennoch wichtig, trotzdem etwas für sich zu tun. Als Einstieg reichen schon zehn Minuten zügiges Gehen täglich, kombiniert mit leichtem Muskeltraining wie Liegestütze an der Banklehne oder Kniebeugen. Dies hilft die Blutzuckerwerte zu verbessern sowie Blutdruck und Körperfettanteil positiv zu beeinflussen. Auch Alltagsaktivitäten wie Treppensteigen, Fahrradfahren, zügiges Spazierengehen oder Staubsaugen können einen Beitrag zur Bewegung leisten.

Vorsicht vor Unterzuckerung und Übersäuerung beim Sport

Sportlich aktive Diabetiker sollten sowohl einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) als auch einer Übersäuerung vorbeugen.

Symptome einer Unterzuckerung sind starkes Schwitzen, Herzklopfen, plötzliche Sehstörungen oder weiche Knie. Gefährdet sind Diabetiker, die Insulin spritzen oder Medikamente einnehmen, welche die Insulinausschüttung anregen (z. B. Glinide, Sulfonylharnstoffe). Wichtig ist deshalb, die körperliche Aktivität nie nüchtern zu beginnen, sondern regelmäßig zu essen. Liegt der Blutzuckerwert trotzdem unter 100 mg/dl, eignet sich beispielsweise eine Banane oder ein mit Käse belegtes BrötchenBrötchen vor dem Sport, um diesen anzuheben. Insulinpflichtige Diabetiker sollten auf jeden Fall die Insulindosis nach Absprache mit dem Arzt anpassen und je nach Intensität und Dauer vor dem Sport zusätzliche Kohlenhydrate aufnehmen.

Für den Fall einer Unterzuckerung sollten Diabetiker beim Sport immer schnell wirkenden Kohlenhydrate wie Traubenzucker bzw. Glukosegel oder Fruchtsäfte dabei haben. Nach starken Belastungen kann es auch einige Stunden nach dem Sport noch zu einer Hypoglykämie kommen. Um einer nächtlichen Unterzuckerung vorzubeugen, sollte der Blutzucker vor dem Schlafengehen evtl. etwas höher liegen.

Eine Übersäuerung entsteht bei Insulinmangel, der dazu führt, dass die Glukose nicht mehr aus dem Blut in die Muskeln aufgenommen werden kann. Um weiterhin Energie zu gewinnen, werden Fettsäuren und Eiweiß abgebaut. Aus den entstehenden Aminosäuren und Fettsäuren bildet der Körper Ketonkörper, die zu einer Übersäuerung führen. Diese kann sich  schlimmstenfalls als schwere Bewusstseinstrübung aber auch als Bewusstlosigkeit (Koma) äußern. Auch vier bis sechs Stunden später kann eine sehr erschöpfende körperliche Aktivität aufgrund des starken Stresses zu einem starken Blutzuckeranstieg führen. Um eine Übersäuerung zu verhindern, sollte die Insulin- bzw. Medikamentendosis in Absprache mit dem Arzt gezielt angepasst werden.

Ernährungsempfehlung für Diabetiker – Vollkorn bremst Blutzuckeranstieg

Eine vollwertige Ernährung mit reichlich Gemüse, Obst, fettarmen Milchprodukten, wöchentlich zwei bis drei Portionen Fleisch und ein- bis zweimal fettreichen Fisch wie Lachs oder Hering und einer moderaten Fettzufuhr hilft, Gewicht und Blutzucker zu normalisieren. Da bei einer vollwertigen Ernährung der Großteil der gesamten Nahrungsenergie aus Kohlenhydraten stammt, sollten kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst auf drei bis fünf Mahlzeiten täglich verteilt werden. Bevorzugen Sie bei kohlenhydratreichen Lebensmitteln ballaststoffreiche Varianten aus Vollkorn. Diese lassen den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen, wodurch weniger Insulin benötigt wird. Zusätzlich sättigen ballaststoffreiche Lebensmittel länger und helfen mit, das Gewicht zu halten oder zu reduzieren. Empfohlen wird Diabetikern eine tägliche Ballaststoffaufnahme von 40 g.

So erreichen Sie 40 g Ballaststoffe pro Tag:  

Ballaststoffarmer Tag   Ballaststoffreicher Tag  
Lebensmittel Ballaststoffe Lebensmittel Ballaststoffe
Frühstück      
1Brötchen hell (45g) 1,6 50g Haferflocken 4,8
1 Apfel (100g) 2,0 Himbeeren (100g) 4,7
Zwischenmahlzeit      
1Salatgurke 150g 1,4 1 Paprikaschote 150g 3,0
Mittagessen      
150 g Fleisch 00 150 g Fleisch 00
Zucchinigemüse 200g 2,3 Karottengemüse 200g 6,1
200g Nudeln gegart 2,5 200g Vollkornnudeln gegart 10,2
1 Schälchen Schokopudding 150g 0 1 Portion Obstsalat 150g 2,5
Zwischenmahlzeit      
30g Butterkekese 1,0 30g Vollkornkekse 2,0
Abendessen      
2 Scheiben Roggenmischbrot je 50g 6,1 2Scheiben Vollkornbrot ja 50g 8,2
Tomatensalat 100g 1,3 Blumenkohlsalat 2,7
Zwischendurch      
25g Kartoffelchips 1,0 25 g Walnüsse 1,2
Summe 19,2   45,5

Quelle: GU Nährwert-kalorientabelle 2018/19, OptiDiet basic

Getränke

Als Durstlöscher beim Sport eignen sich magnesium- und kalziumreiche Mineralwässer. Zuckerreiche Getränke wie Fruchtsäfte oder Cola sollten für den Fall einer Unterzuckerung immer dabei sein. Als Durstlöscher eignen sie sich aber genauso wenig wie Alkohol. Letzterer blockiert die Glukose-Freisetzung in der Leber, wodurch der Blutzucker absinkt und die Gefahr einer Unterzuckerung steigt. Auch eine zusätzliche Eiweißaufnahme über Eiweißpräparate ist nicht nötig. Gerade bei Diabetikern mit einer Nierenerkrankung sollte die tägliche Eiweißaufnahme 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschreiten.

Weitere Informationen für interessierte Verbraucher/-innen:
Ernährung und Sport ist ein Thema des VSB mit den Schwerpunkten „Mehr Ausdauer“, „Mehr Muskeln“, „Gesundheit“ und „Abnehmen“.
Eine Ausstellung mit 4 Rollups kann in den Beratungsstellen vor Ort ausgeliehen werden. Diese wird ergänzt durch ein Basisfaltblatt und ein Rezeptfaltblatt.

Gerne können Sie unseren Vortrag buchen, in dem wir die Zusammenhänge zwischen Energieverbrauch und Energiebereitstellung thematisieren. Auch die Rolle von Kohlenhydraten und Eiweiß in Bezug auf Muskelaufbau, Bodyforming und Abnehmen wird erklärt. Wir entzaubern die Verkaufstricks von Industrie und Fitnessstudiobetreibern und entkräften Ernährungsmythen im Sport. Beim Thema Gesundheit beleuchten wir, wie verschiedene Sportarten und Ernährungsweisen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern bzw. positiv beeinflussen können.

Bei Interesse unterstützen wir Projekttage in Firmen oder Schulen und Kindergärten. Auch praktische Kochvorführungen führen wir durch.
Melden Sie sich einfach in Ihrer Beratungsstelle vor Ort.