Ernährung

02.09.2016, Was ist eigentlich Craft Beer?

Handwerkliche Braukunst, starker Geschmack - Craft Beer

Haben Sie schon einmal ein India Pale Ale getrunken? Sind Ihnen in Kneipen oder Geschäften Bierflaschen mit farbenfrohen, kunstvollen Aufdrucken oder seltsamen Namen wie „Maiden Kiss“ (Kuss der Jungfer) aufgefallen? Dann haben Sie mit dem Trend aus Amerika bereits Bekanntschaft gemacht: Craft Beer

Handwerkliche Braukunst, starker Geschmack - Craft BeerFoto: © Africa Studio - Fotolia.com

Was ist der Unterschied zwischen „normalem“ Bier und Craft Beer oder Craft Bier?

Grundsätzlich geht es bei Craft Beer um Kreativität, Natürlichkeit, Hochwertigkeit der Zutaten und der Schaffung eines Gegenpols zu industriell gebrautem Bier.

Der Reiz, den die übersetzt „handwerklich gebrauten Biere“ ausüben, liegt vor allem in deren intensiven Geschmack. Dieser soll sich vor allem von dem einheitlichen Durchschnitts-Geschmack der industriellen Massenbiere abheben. Durch die Verwendung von speziellen Hopfensorten, sowie durch verschiedene Braumethoden, erzielen die Brauer besonders kräftige Aromen.

Wie wird Craft Beer hergestellt?

Einer der bekanntesten Vertreter der Craft Beer Szene ist das India Pale Ale oder kurz IPA genannt. Es ist ein obergäriges Bier mit viel Hopfenaroma. Obergärige Hefen sind im Gegensatz zu untergärigen Hefen aromastärker und geben den Bieren einen intensiveren Geschmack. In Deutschland werden obergärige Hefen vor allen bei Weißbier, Kölsch oder Alt Bieren verwendet. Untergärige Hefen produzieren weniger geschmacksbildende Komponenten und kommen vor allem beim Brauen von Pils, Export, Lager oder Bockbier zur Anwendung.

Die Bitterkeit eines Bieres wird durch die Menge und die Sorte des verwendeten Hopfens bestimmt. Craft Beer Brauer verwenden für ihre Kreationen häufig Hopfensorten mit zitrusartigen, harzigen oder blumigen Noten aus Amerika oder Neuseeland. Doch auch aus der Hallertau gibt es inzwischen Hopfen mit Orangenaroma. Außerdem experimentieren die Brauer mit Malznoten, Mengen, Brautemperaturen und –zeiten.

Die Zutaten der meisten Craft Beers entsprechen denen von regulärem Bier: Wasser, Malz, Hopfen und Hefen. Teilweise werden aber auch weitere Zutaten wie Holunderblüten, Kaffee, Gewürze, Citrus- oder Fruchtschalen beigemischt, um neue Geschmacksrichtungen zu erreichen.

Die Kennzeichnung

Der Alkoholgehalt von Craft Bier ist meistens höher als bei normalem Bier und liegt durchschnittlich bei etwa 6,8 %vol. Alkohol (Volumenprozent), teilweise sogar deutlich höher. Dies muss auf dem Etikett angegeben sein. Ebenso müssen alle verwendeten Zutaten aufgeführt werden, damit der Verbraucher erkennt, dass das Bier eventuell nicht, wie er erwartet, nach deutschem Reinheitsgebot gebraut wurde, aber dennoch unter dem Namen Bier verkauft werden darf, zum Beispiel Banana Bread Beer oder Kriek-Biere.

Wer hat Craft Beer erfunden?

Die ursprünglichen Rezepte des India Pale Ale stammen aus England und Schottland. Diese Biere wurden im 19. Jahrhundert gebraut und vor allem auch in die Kolonialstaaten Englands geschifft. Um das Bier für den langen Seeweg zu konservieren, erhöhten die Brauer den Alkoholgehalt und verwendeten große Mengen an Hopfen. Für den heimischen Markt wurden vermehrt leichtere Biere gebraut, jedoch ähnliche Hopfenmengen verwendet.

Ende der 1970er Jahren war der Amerikanische Biermarkt geprägt von wässrigen, nicht sonderlich aromatischen Bieren mit relativ geringem Alkoholgehalt. Diese sogenannten „crisp Lager“ Biere wurden von sechs riesigen Brauereien massenhaft industriell produziert.

In dieser Zeit fingen die ersten Kneipenbetreiber und Hobbybrauer an, selbst Bier zu brauen, das sie als geschmacksintensivere und stärkere Biervariante anboten. Natürlichkeit, Qualität, Vielfalt und die Nähe zwischen Produzent und Verbraucher standen nicht nur beim Brauen an erster Stelle, sondern entwickelte sich zur Grundeinstellung der kommenden Generationen.

In den folgenden Jahrzenten wurden hunderte dieser „Microbreweries“ (Kleinbrauereien) gegründet und die Craft Beer Revolution nahm ihren Lauf. Es wurden auf Craft Beer spezialisierte Kneipen und Geschäfte eröffnet. Die Biermanufakturen feilten mit Hochdruck an verschiedenen, ausgefallenen Rezepten, Namen und Aufdrucken für ihre Produkte. Aus einigen dieser Brauereien sind inzwischen große Firmen geworden, die auch Niederlassungen außerhalb Amerikas haben und ihre Biere weltweit vertreiben.

Der Trend war aber nicht nur auf Amerika beschränkt, sondern entwickelte sich zur gleichen Zeit auch in Europa und Asien.

Craft Beer in Deutschland

Die Bierkultur hat in Deutschland eine lange und tief verwurzelte Tradition. 1980 gab es in Deutschland etwa 1500 Brauereien. Das Brauereiwesen genießt seit Jahrhunderten große Anerkennung, das Wissen über die Braukunst wird in verschiedenen Ausbildungen und Studiengängen weitergegeben und es wird außerordentlicher Wert auf die hohe Qualität der Zutaten gelegt.

Die Verwendung von künstlichen Zusatzstoffen wurde schon durch das Reinheitsgebot von 1516 verboten. Bier darf in Deutschland folglich nur aus den Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefen hergestellt werden.

Jedoch verarmte auch die deutsche Bierszene in den 70er und 80er Jahren, da die Nachfrage nach kräftigen, hopfen- oder malzbetonten Bieren in der Bevölkerung zurückging. Die Brauereien stellten daraufhin die Produktion ihrer kräftigen Biere ein.

Der Craft Beer Trend hat seit etwa 2014 auch Deutschland erreicht. Es wurden neue Brauereien gegründet die sich auf aromaintensive, starke Biere spezialisiert haben und auch viele bestehende Betriebe haben die „alten“ Sorten wieder in ihr Sortiment aufgenommen.