Ernährung
23.02.2021
Heumilch, Weidemilch, Bergbauernmilch
Die Milchqualität rückt in den Fokus der Konsumenten. Neben konventionell und kontrolliert ökologisch erzeugter Milch gibt es im Supermarkt mittlerweile Alternativen wie Heumilch, Weidemilch oder Bergbauernmilch. Doch entspricht der Packungsinhalt den Erwartungen der Verbraucher?

Der Qualitätsanspruch an die Milch steigt
Wer die teurere Bio-Milch kauft, weiß, dass er damit eine tiergerechtere Haltung, faire Bezahlung der Landwirte sowie die Schonung der Umwelt durch verbotene Pestizide und Kunstdünger unterstützt. Doch der Markt bietet Verbrauchern noch mehr Auswahl: „Milch ohne Gentechnik“, „Bergbauernmilch“, „Heumilch“ und „Weidemilch“ – und diese erfreuen sich laut offiziellen Statistiken zunehmender Beliebtheit.
Fütterung beeinflusst Milchqualität
Je höher der Grünfutter- bzw. Heuanteil am Futter der Tiere ist, desto höher ist auch der Anteil wertvoller Fettsäuren in der Milch.
Die ernährungsphysiologisch wertvollen Fettsäuren im Milchfett sind die Omega-3-Fettsäuren, allen voran die Alpha-Linolensäure sowie die konjugierte Linolsäure (CLA). Wissenschaftliche Fütterungsversuche der TU München konnten nachweisen, dass eine grünlandbasierte Fütterung mit einer bewussten Begrenzung des Kraftfuttereinsatzes und dem Verzicht auf Maissilage zu erhöhten Gehalten an Omega-3-Fettsäuren und konjugierter Linolsäure (CLA) führt. Sowohl ökologisch erzeugte Milch als auch konventionelle Milch aus Grünlandregionen schnitten im Vergleich zu Ackerbauregionen im Gehalt dieser Fettsäuren besser ab.
Analog fielen bei Ökotest von April 2015 bei den grünfuttertypischen Fettsäuregehalten v.a. die getesteten Bio-Milchen, eine österreichische Heumilch sowie eine Schwarzwälder Weidemilch positiv auf.
Fazit:
- Geschützte Bezeichnungen sind neben der „Biomilch“ die „Heumilch“ und das „Bergerzeugnis“.
- Die Bio-Anbauverbände garantieren eine faire Bezahlung der Bauern und einen ganzjährig nutzbaren Auslauf bzw. Weideflächen.
- Auf Begriffe wie „regional“, „Alpenmilch“ oder auf idyllische Werbebilder sollte man sich nicht verlassen, sondern bei der Molkerei im Zweifelsfall nachfragen.
- Kontrollierte Weidemilch produziert nach Mindeststandards bietet das Label „Pro Weideland“.
Die verschiedenen Bezeichnungen im Detail:
Bergbauernmilch
Milch und Milchprodukte aus Bergregionen werden zunehmend nachgefragt. Der Begriff „Bergbauernmilch“ selbst ist v.a. durch die Verwendung von einer Molkerei populär, aber nicht geschützt. Die EU hat sich 2014 für den Begriff „Bergerzeugnis“ als schützenswerte Qualitätsangabe entschieden. Bayern, Österreich und Südtirol wollen dafür noch ein eigenes Logo entwickeln.
Was sind Bergerzeugnisse im Milchbereich?
Die Milch muss in Berggebieten erzeugt worden sein, das sind Gebiete mit steiler Hanglage und/oder kürzerer Vegetationszeit. Auch das Futter stammt zu mindestens 60 Prozent aus dem Berggebiet. Kühe, die den Winter im Tal verbringen, sollen mindestens ein Viertel ihres Lebens am Berg/auf der Alm gegrast haben. Auch die verarbeitende Molkerei muss im Berggebiet oder außerhalb in einem Radius von maximal 30 km angesiedelt sein.
Heumilch
Dem Futter der Milchkühe widmet sich der EU-geschützte Begriff „Heumilch“ im Detail. Seit 2016 ist Heumilch eine „garantiert traditionelle Spezialität“ (g.t.S.), bei der die Produzenten verbindliche Standards einhalten müssen. In einem sogenannten „Heumilchregulativ“ sind zahlreiche Einzelvorschriften aufgelistet, die v.a. die Fütterung betreffen.
So besteht das Futter im Sommer vorwiegend aus frischen Gräsern, Leguminosen (Klee, Erbsen, Wicken…) und Kräutern, im Winter aus Heu. Ergänzt werden weiteres Rauhfutter wie Grünraps, Grünmais, Grünroggen und Futterrüben. Auch sind Heu-, Luzerne- und Maispellets sowie zu einem geringen Anteil Getreidemischungen erlaubt.
Verboten sind neben gentechnisch verändertem Futter allen voran Silage und Gärheu, aber auch Nebenprodukte von Brauereien, Mostereien oder Brennereien.
Seit März 2018 müssen alle Anbieter ihre individuellen Standards angepasst haben. Jetzt darf „Heumilch“ nur noch für Milch verwendet werden, die von derartig gefütterten Kühen stammt. Die Auszahlungspreise für die Bauern weisen derzeit noch eine große Spannbreite auf, liegen aber deutlich über den normalen Molkereiauszahlungen.
Weidemilch
Der Begriff „Weidemilch“ ist derzeit lebensmittelrechtlich nicht geschützt. Die Dauer des Weidegangs, die Futterqualität und die Bewegungsfreiheit der Kühe können hier je nach Molkerei variieren, werden aber auf Milch- und Joghurtpackungen häufig direkt erläutert.
Mittlerweile hat eine norddeutsche Initiative aus Landwirtschafts-, Umwelt- und Tierschutzverbänden, Wissenschaft und Politik in den letzten Jahren eigene Kriterien für Weidemilch- und Weidemilchprodukte erarbeitet. Unter dem 2017 der Öffentlichkeit vorgestellten Label “PRO WEIDELAND – Deutsche Weidecharta“ werden nun Milch sowie Milchprodukte mit Preisaufschlag vermarktet, die unter festgelegten und kontrollierten Kriterien produziert wurden. Kern der Auflagen ist v.a. das 120/6-Modell, d.h. die Milchkuh steht mindestens 120 Tage für 6 Stunden pro Tag auf der Weide. Außerdem müssen pro Kuh insgesamt 2000 qm Dauergrünland vorhanden, eine „ganzjährige Bewegungsfreiheit“ und eine gentechnikfreie Fütterung gewährleistet sein.
Mehrere große Molkereien bieten mittlerweile unter dem Pro-Weideland-Siegel nicht nur Trinkmilch, sondern auch Joghurt, Butter und Käse (und Weidefleisch) in Supermärkten und Discountern an.
Milch ohne Gentechnik (oGT)
Für gentechnikfreie Milch muss der Landwirt auf die Fütterung von gentechnisch verändertem (gv) Futter verzichten, allen voran auf gv-Soja als Kraftfutter. Die Umstellungsfrist bei Milchkühen beträgt mindestens drei Monate vor der Milchablieferung. Milch oGT weist hohe Zuwachsraten auf: Ihr Absatz liegt mittlerweise bei über 70 Prozent der erfassten Rohmilch in bayerischen Molkereien. Die Preiszuschläge für die Bauern variieren jedoch stark und sind oft an weitere Anforderungen in den Bereichen Tierwohl oder Fütterung (Heumilch) bzw. Herkunft (Bergbauernmilch) gekoppelt.
www.agrarheute.com/tag/gruenland
BLW 41, 2019, S. 70