Ernährung
19.06.2023
High-Protein Lebensmittel: Ist das Extra-Eiweiß sinnvoll?
Ob Brot, Nudeln oder im Kühlregal: High-Protein Lebensmittel sind mittlerweile im ganzen Supermarkt zu finden. Eiweiß-angereicherte Produkte vermitteln den Anschein, besonders gesund und ausgewogen zu sein. Ist das Extra-Eiweiß überhaupt notwendig für eine gesunde Ernährung? Und ist der höhere Preis für High-Protein-Pudding & Co gerechtfertigt?

Der hohe Proteingehalt der High-Protein Produkte stammt meistens aus zugesetztem Milchprotein. Das erfolgt in Form von Molkenpulver, Milcheiweiß oder Magermilch. Bei nicht-süßen High-Protein Lebensmitteln, wie zum Beispiel Eiweißbrot und Wraps, stammt das Protein aus pflanzlichen Quellen wie extrahiertem Weizen-, Erbsen- oder Reisprotein. Dabei darf die Bezeichnung „High Protein“ oder „reich an Protein“ nur verwendet werden, wenn mindestens 20 Prozent des Energiegehalts aus Proteinen besteht.
Länger satt mit Protein
Protein wird im Körper vielfältig gebraucht. Ob als Baustoff für (Muskel-)Zellen, Antikörper oder Hormone, selbst beim Transport anderer Nährstoffe spielt Protein eine Rolle. Der Kaloriengehalt von Eiweiß ist dem von Kohlenhydraten gleich und liegt bei vier Kilokalorien pro Gramm. Fett liefert immerhin mehr als die doppelte Kalorienmenge. Darüber hinaus sättigt Eiweiß anhaltender als schnell verdauliche Weißmehlerzeugnisse. Zusätzlich steigt bei der Eiweißverdauung die Wärmeabgabe des Körpers, das heißt ein Teil der zugeführten Eiweißkalorien wird in Form von Wärme abgegeben und steht nicht mehr zur Verfügung. Deshalb finden eiweißreiche Lebensmittel ihren Einsatz gerne als Sattmacher bei Reduktionsdiäten.
Proteinbedarfsdeckung in Deutschland
Bei der Berechnung des Proteinbedarfs spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle, vor allem Alter, Schwangerschaft/Stillzeit und Sport. Gesunde Erwachsene brauchen am Tag rund 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm des Körpergewichts. Eine 75 Kilogramm schwere Person benötigt somit rund 60 Gramm Protein pro Tag. Bei einer normalen Ernährung ist dieser Bedarf leicht zu decken. In Deutschland liegt die durchschnittliche Proteinzufuhr laut Nationaler Verzehrstudie II von 2008 in allen Altersklassen über den Empfehlungen. Das überschüssige Protein wird über die Leber „gefiltert“ und durch den Urin als Harnstoff ausgeschieden. Wer also besonders viel Eiweiß isst, sollte auch ausreichend trinken. Menschen mit einer Nierenfunktionsstörung müssen bei proteinreichen Lebensmitteln vorsichtig sein.
Kinder, Leistungssportler und Schwangere oder stillende Frauen haben einen etwas erhöhten Proteinbedarf, ebenso wie ältere und kranke Menschen. Doch auch dieser erhöhte Bedarf – bis rund 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht lässt sich durch eine ausgewogene Mischkost fast immer ausreichend decken, ohne auf eiweiß-angereicherte Lebensmittel oder Eiweißpulver zurückzugreifen. Selbst Veganer*innen sind bei bewusster Kombination verschiedener pflanzlicher Quellen wie Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Pseudogetreide, Tofu und Sojajoghurt, Gemüse, Obst, Nüssen und Samen ausreichend mit Eiweiß versorgt. Lediglich bei älteren Menschen, die sehr wenig essen, kann tatsächlich ein Proteinmangel auftreten. Hier empfehlen sich nach ärztlicher Absprache zum Beispiel spezielle Eiweißdrinks.
Beispiel Deckung des Tagesbedarfs
Lebensmittel |
Proteingehalt in Gramm |
3 Scheiben Vollkornbrot (150 g) |
10 |
1 Scheibe Emmentaler (30 g) |
8 |
1 Scheibe Kochschinken (20 g) |
4 |
100 g Speisequark |
13 |
200 g Kartoffeln (gekocht) |
4 |
150 g Kabeljaufilet |
26 |
Gesamtproteinaufnahme |
65 |
Zusatzstoffe in High-Protein Lebensmitteln
Süßstoffe
Viele süße High-Protein Produkte werben mit Aufdrucken wie „ohne Zuckerzusatz“, wodurch der Kohlenhydratgehalt laut Nährwertkennzeichnung pro 100 Gramm Produkt mit rund fünf bis elf Gramm Kohlenhydraten relativ niedrig ist. Beim Blick auf die Zutatenliste finden sich dann allerdings Süßstoffe wie Acesulfam K, Cyclamat oder Saccharin. Diese haben zwar keine Kalorien, stehen aber im Verdacht, mehr Appetit zu verursachen, die Blutzuckerregulation zu verschlechtern und – besonders gravierend – das Darmmikrobiom negativ zu beeinflussen.
Gelier- und Verdickungsmittel
Weitere Zusätze in den High-Protein Produkten, wie Carrageen, modifizierte Stärke, Rindergelatine oder Guarkernmehl, sorgen für eine bestimmte Konsistenz und Textur. Es handelt sich zwar um zugelassene Zusatzstoffe, die jedoch unterschiedlich kritisch zu bewerten sind. Nicht angereicherte und wenig verarbeitete Lebensmittel, wie zum Beispiel Natur-Joghurt oder Quark, kommen dagegen ohne sie aus.
Preisvergleich: Das Extra-Eiweiß macht sich auch im Preis bemerkbar
Beim Vergleich von High-Protein Produkten mit den „normalen“ Produkten derselben Marke, liegen die Preisunterschiede bei rund einem Euro bis zwei Euro pro 500 Gramm.
Beispiel Preisvergleich in Relation zum Proteingehalt:
370 g High-Protein Schokopudding |
2,06€ |
250 g Quark (20 % Fett) |
1,09€ |
50 g Haferflocken |
0,09€ |
||
50 g Beeren TK |
0,26€ |
||
20 g Nüsse |
0,28€ |
||
Summe Preis |
2,06€ |
|
1,72€ |
Summe Protein |
37g |
|
38g |
Fazit: Der selbst zubereitete Früchtequark mit Haferflocken und Nüssen ist im Vergleich zum Protein-Pudding günstiger. Dies schlägt vor allem bei regelmäßigem Konsum oder bei Familienmengen zu Buche. Sättigender und ausgewogener ist das Self-made-Produkt außerdem: Es enthält deutlich mehr Ballaststoffe und gesunde Fette, aber ohne Verdickungsmittel, Süßstoffe und weitere Zusätze bei gleichem Proteingehalt.
Eiweiß-Empfehlungen des VerbraucherService Bayern
Mit Eiweiß angereicherte Lebensmittel, egal ob Pudding, Riegel oder Müsli, sind teurer und für die Deckung des Eiweißbedarfs unnötig. Stattdessen empfehlen wir:
- naturbelassene Milchprodukte wie Joghurt, Quark, Skyr oder Kefir
- Kombinationen von pflanzlichem Protein aus Hülsenfrüchten wie Linsen, Bohnen, Kichererbsen und Tofu, Soja-Joghurt sowie Vollkorngetreide/Haferflocken und Kartoffeln – v.a. bei veganer Ernährungsweise
- täglich eine Handvoll Nüsse, Samen oder Kerne: Cashew, Mandeln, Erdnüsse, Pistazien, Sonnenblumenkerne, Sesam, Walnüsse
- zwei bis drei Mal pro Woche eine kleine Portion Fleisch oder Fisch
- ein bis zwei Eier pro Woche
Quellen:
High-Protein-Produkte sind überflüssig (dge.de)
Proteinreiche Lebensmittel- BZfE
https://www.dge.de/wissenschaft/faqs/protein/#c5291
Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Was nutzen High-Protein-Lebensmittel? (deutsche-apotheker-zeitung.de)