Ernährung

22.05.2023

Kinderlebensmittel – außen hui, innen pfui?

Kinderlebensmitteln sprechen durch ihre Aufmachung und ihr Design besonders die Jüngsten an. Durch Comicfiguren, beigelegtes Spielzeug oder schrille Farben ziehen sie die Aufmerksamkeit von Kindern auf sich. Die gesundheitsbezogenen Werbeversprechen suggerieren den Eltern, dass die Produkte besonders gut für den Nachwuchs geeignet sind. Stimmt das?

Mutter und Kind im Supermarkt vor Regal mit Lebensmitteln© Drazen - stock.adobe.com
Kinderlebensmitteln sprechen durch ihre Aufmachung und ihr Design besonders die Jüngsten an.

Nahrungsergänzungsmittel in Kinderprodukten

In einer Studie der Stiftung Warentest wurden 30 Frühstücks-Cerealien untersucht, von denen ganze 27 mit Vitaminen angereichert waren, einige zusätzlich mit Mineralstoffen. Die Zusätze sprechen besorgte Eltern an, allerdings sind Kinder in Deutschland in der Regel gut mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt. Problematisch sind besonders hohe Dosierungen: Bereits 60 Gramm von mit Eisen angereicherten Cerealien enthalten rund 20 Milligramm Eisen. Das entspricht der Tagesmenge für sieben- bis neunjährige Kinder. Eine gesündere Alternative wäre die Deckung des Eisen-Bedarfs durch Haferflocken, Hirse und Vollkornprodukte.

Als Ausnahme ist in Deutschland eine Folsäuresupplementierung gegebenenfalls sinnvoll, aber nur nach ärztlicher Rücksprache und nicht durch Frühstücksflocken. Cerealien mit zugefügter Folsäure enthalten zum Beispiel bei 60 Gramm schon 400 Mikrogramm Folsäure, die Tagesdosis für Kinder unter zehn Jahren liegt allerdings bei 300 Mikrogramm. Eine Überdosierung hat in der Regel keine direkt negativen Folgen, ist aber trotzdem als problematisch zu bewerten.

Zuckergehalte in Kinderlebensmitteln meist zu hoch

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, dass Kinder höchstens zehn Prozent ihres täglichen Energiebedarfs in Form von Zucker zu sich nehmen sollten. Also etwa 25 Gramm – je nach Alter. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät sogar zu nur fünf Prozent.

In Milchprodukten für Kinder sollten laut WHO maximal zehn Gramm Zucker pro 100 Gramm enthalten sein.

Ökotest überprüfte Anfang 2023 den Zuckergehalt von 40 Kinderlebensmitteln. Diese 10-Gramm-Marke der WHO überschritten 50 Prozent der ausgewerteten Joghurts. Besonders negativ fielen Joghurts mit Toppings auf, die so viel Zucker enthalten, dass nach dem Verzehr an diesem Tag keine weitere Süßigkeit mehr gegessen werden sollte. Im Fazit weist die Studie auf die problematischen Werbemaßnahmen wie zum Beispiel: „mit viel guter Milch“, „Calcium und Vitamin D reich“ hin. Aber: selbst „viel gute Milch“ hebt den hohen Zucker- und Fettgehalt nicht auf.

Auch die Studie der Stiftung Warentest, welche die 30 Frühstücks-Cerealien untersucht, bemängelt neben Nahrungsergänzungszusätzen ebenfalls den häufig zu hohen Zuckergehalt. Meistens bestehen die Produkte zu 25 bis 50 Prozent aus Zucker. Außerdem enthalten die Frühstücksflocken kaum Ballaststoffe, die wichtig für eine lange Sättigung sind. Auch die Portions- und Prozentangaben auf den Verpackungen sind kritisch zu betrachten. Referenzwerte, die eigentlich für Erwachsene und nicht für Kinder gelten, stellen die Produkte harmloser und gesünder dar, als sie tatsächlich sind.

Kindergetränke besonders kritisch

Laut WHO sind zuckergesüßte Getränke eine der Hauptursachen für Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes, auch bei Kindern. In Deutschland sind 15 Prozent der Kinder zwischen drei und 17 Jahren übergewichtig und sechs Prozent davon adipös. Eine Zuckermenge von 30 Gramm pro Tag sollte für vier- bis sechsjährige Kinder nicht überschritten werden. Die meisten Kindergetränke, die 500 Milliliter umfassen, überschreiten den WHO-Referenzwert.

Die sogenannten „leeren Kalorien“ in zuckerhaltigen Getränken sind besonders ungünstig, da sie nicht zur Sättigung beitragen, aber den Blutzucker schnell erhöhen und noch mehr Lust auf Süßes verursachen.

Kinderlebensmittel für unter Einjährige

Das Verbrauchermagazin Ökotest führte im März 2023 einen Test mit 40 Kinderlebensmitteln durch, die den Eltern durch ihre Aufmachung eine besondere Eignung für Babys und Kleinkinder suggerieren. In den Bereichen Babybrei, Baby- und Kinderkekse sowie Quetschies wurde der Zuckergehalt aller Produkte mit „zu hoch“ bewertet und die Werbung als „problematisch“ eingestuft. Formulierungen wie zum Beispiel „bewusste Ernährung“ oder „auf natürliche Entwicklung abgestimmt“, obwohl die Produkte zu viel Zucker enthalten, sind irreführend für die Kaufentscheidung der Eltern. Babys und Kleinkinder vor Vollendung des ersten Lebensjahres sollen keinen zugesetzten Zucker konsumieren.

Fazit – Kinderlebensmittel als Süßigkeit betrachten

Erkennen Sie Kinderlebensmittel als das an, was sie sind: Süßigkeiten, die ab und an in Ordnung sind, aber keinen dauerhaften Platz in der Brotbox oder als regelmäßiger Snack verdient haben. Gehen Sie stattdessen als gesundes Ernährungsvorbild voran, das verspricht mehr Erfolg, als strikte Verbote aufzustellen. Es empfiehlt sich, den Kindern in den ersten Jahren ein gesundes Geschmacksempfinden zu erlernen, ohne dieses durch zugesetzten Zucker, zu viel Salz oder zu viele gesättigte Fette zu beeinflussen.

Empfehlenswert

Nicht empfehlenswert

Selbstgemachter Beerenquark, Joghurt mit frischem Obst

Fruchtzwerg, Fruchtjoghurt, Puddings

Haferflocken mit Joghurt und Obst, selbstgemachtes Granola,

selbstgemischtes Müsli

Frosties, Cornflakes, Mini-Cinis

Wasser, ungesüßter Tee, 3:1 verdünnte Schorle

Capri-Sonne, Frucht-Tiger, Saft pur


Quellen:

Frühstückscerealien: Zu viel Zucker | Stiftung Warentest

Kinderdesserts im Test: Wie gesund sind Fruchtzwerge, Monsterbacke & Co? | Stiftung Warentest

Frühstückscerealien: Zu viel Zucker | Stiftung Warentest

https://www.oekotest.de/kinder-familie/Zucker-in-Kinderlebensmitteln-So-krank-macht-die-Industrie-unsere-Kinder_13567_1.html

RKI - KiGGS Basiserhebung - KiGGS-Basiserhebung: Übergewicht und Adipositas