Ernährung
01.09.2024
Nutri-Score bietet Orientierung beim Einkauf
Der Nutri-Score ist eine fünfstufige Farbskala von dunkelgrün (A) über gelb (C) bis dunkelrot (E). Er befindet sich auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen und verrät auf einen Blick die Nährwertqualität des Produktes pro 100 Gramm oder 100 Milliliter. Die Angabe erleichtert die direkte Vergleichbarkeit von verschiedenen Joghurt-, Müsli- oder Fertigpizza-Sorten. Ab Dezember 2023 sollen auch Getränke besser vergleichbar sein.

Der Nutri-Score ist auf allen verarbeiteten Lebensmitteln und allen Getränken anwendbar. Ausgenommen sind aromatische Kräuter, Tees, Kaffees ohne Nährwerttabelle und alkoholische Getränke sowie Produkte für Kinder im Alter von Null bis drei Jahren und Produkte zur klinischen Ernährung. Es gibt vier verschiedene Bewertungskategorien:
- Lebensmittel und flüssige Lebensmittel
- Fette und Öle
- Käse
- Getränke
Ein gesundes Produkt mit einem ausgewogenen Nährwertprofil erhält den Buchstaben „A“ und eine grüne Farbe, ein sehr unausgewogenes Produkt, das nur selten verzehrt werden sollte, erhält eine rote Bewertung und den Buchstaben „E“. Durch diese Kennzeichnung erkennen Verbraucher*innen auf den ersten Blick das gesündere Produkt und werden hierdurch bei einer ausgewogenen Ernährung unterstützt. Erste Erfolge erzielte Frankreich schon mit diesem System, da Hersteller ihre fett-, salz- und zuckerreichen Rezepturen auf gesündere umstellten, um einen besseren Nutri-Score (A oder B) zu erreichen.
Orientierung beim Einkauf
Seit November 2020 darf in Deutschland auf Lebensmittelverpackungen diese einfache, farbig gestaltete Abbildung der Nährwertqualität gedruckt werden. Der Nutri-Score bietet schnelle Orientierung beim Einkauf aufgrund der guten Sichtbarkeit der Farbskala auf der Vorderseite der Produktverpackungen. Als Ergänzung zur Nährwerttabelle und Zutatenliste auf der Produkt-Rückseite sehen Verbraucher*innen auf einen Blick, ob ein Lebensmittel eine hohe oder niedrige Nährwertqualität besitzt. Außerdem erleichtert er die direkte Vergleichbarkeit von verschiedenen Joghurt-, Müsli- oder Fertigpizza-Sorten, da er sich auf 100 Gramm- bzw. 100 Milliliter-Basis und nicht auf Portionsbasis berechnet. Es werden nicht verschiedene Nährstoffe einzeln farblich dargestellt, sondern die Gesamtheit der Nährstoffe in einem Wert (Buchstabe). Verbraucher*innen haben die Möglichkeit, sich aufgrund der Bewertung bewusst für das gesündere Produkt zu entscheiden, was eine ausgewogenere Ernährung erleichtert.
Ziel ist es außerdem, die Hersteller durch den Nutri-Score zu motivieren, ihre Rezepturen anzupassen und die Produkte salz-, zucker- und fettärmer zu gestalten. Je mehr Hersteller sich diesem System anschließen, umso leichter ist das Vergleichen verschiedener Produkte einer Kategorie möglich.
Erste Vorreiter für Deutschland waren die Lebensmittelhersteller Danone, Iglo, Bofrost, Alpro, Nestlé und Mestemacher. Stand Juli 2024 sind über 890 deutsche Unternehmen mit mehr als 1300 Marken für die Verwendung des Nutri-Scores bei der zuständigen Markeninhaberin registriert (BMEL, Stand Juli 2024).
Erste Unternehmen wie Danone, Migros, Emmi oder Berief kündigten im September 2024 an, den Nutri-Score nicht weiter zu verwenden. Danone verzichtet auf die Verwendung des Nutri-Scores auf seinen Trinkjoghurts, die nach der Neubewertung im Dezember 2023 nun zu den Getränken zählen und somit eine schlechtere Bewertung erhalten. Nestlé und Dr. Oetker verwenden weiterhin den Nutri-Score, auch wenn sie die Neubewertung kritisch sehen.
Bisher sind alle verwendeten Kennzeichnungsmodelle freiwillig, da Mitgliedstaaten keine einzelstaatlichen Vorschriften erlassen dürfen, die über die bisherige verpflichtende Nährwertkennzeichnung hinausgehen. Deshalb forderte der VerbraucherService Bayern 2019 in seinem Antrag an die Politik: „Verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnung ‚Nutri-Score‘ in der gesamten EU einführen“.
Wie berechnet sich der Nutri-Score?
Um den Score für ein Produkt zu erhalten, werden günstige und weniger günstige Nährwerte des entsprechenden Produktes miteinander verrechnet. Ungünstige Nährstoffe, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken können wie Energie, gesättigte Fettsäuren, Gesamtzucker und Salz (Natrium) erhalten Plus-Punkte. Daneben spielen auch Produkteigenschaften eine Rolle, die positiv auf die Gesundheit wirken können. Hierzu zählen Eiweiß- und Ballaststoffgehalt sowie der Anteil an Nüssen, Obst und Gemüse. Diese werden mit Minus-Punkten verrechnet. Das Gesamtergebnis dieser Berechnung liegt zwischen -15 und +40 Punkten. Von den Gesamtpunkten leitet sich der entsprechende Buchstabe ab, der dann farblich hervorgehoben auf dem jeweiligen Produkt zu sehen ist.
Berechnung Nutri-Score
Lebensmittel |
|
Getränke |
Gesamtpunkte |
Nutri-Score |
Gesamtpunkte |
-15 bis -1 |
A |
Wasser |
0 bis 2 |
B |
-15 bis 1 |
3 bis 10 |
C |
2 bis 5 |
11 bis 18 |
D |
6 bis 9 |
19 und mehr |
E |
10 und mehr |
Quelle: Danone: Nährwertprofile auf einen Blick: Der Nutri-Score. 2019
Je niedriger die Gesamtpunktzahl, also auch der Nutri-Score, desto hochwertiger das Nährwertprofil des Produktes.
Seit Dezember 2023 Getränke besser vergleichbar
Nachdem mit Hinblick auf die allgemeinen Ernährungsempfehlungen Optimierungsbedarf festgestellt wurde, werden seit Dezember 2023 Milch, Milchmischgetränke, Pflanzendrinks und Light-Getränke neu bewertet. Wasser bleibt auch mit der Weiterentwicklung des Nutri-Scores der beste Durstlöscher und behält als einziges Getränk das dunkelgrüne „A“. Fruchtsaft und Fruchtsaftgetränke behalten ebenso die Einteilungen in die Kategorien „C“ bis „E“.
Nun zählen Milch, Milchmischgetränke und Pflanzendrinks nicht mehr zu den festen Lebensmitteln, sondern zu den Getränken. Somit gelten hier die Berechnungsgrundlagen für Getränke. Beispielsweise erhält fettarme Milch künftig ein hellgrünes „B“. Aktuell darf sie noch das dunkelgrüne „A“ tragen, das ab Dezember nur noch Wasser vorbehalten ist. Vollmilch findet sich dann in der C-Kategorie. Ungesüßte Milchprodukte und Pflanzendrinks erhalten dabei eine bessere Bewertung als die gesüßten Varianten. Auch bei Getränken mit süßem Geschmack ändert sich etwas: Zuckerreiche Getränke sind jetzt einfacher von zuckerarmen Alternativen zu unterscheiden. Außerdem gibt es somit für Getränke mit Süßungsmitteln Minus-Punkte bei der Bewertung. Dies soll verhindern, dass Hersteller Zucker durch Süßstoffe wie Acesulfam K, Aspartam oder Steviolglycoside aus Stevia ersetzen. Nach der neuen Berechnung erhalten Light-Getränke mit Süßungsmitteln ein gelbes „C“ anstelle eines hellgrünen „B“. Insgesamt wird durch die aktualisierte Einteilung/Berechnungsgrundlage der Nutri-Score für Verbraucher*innen aussagekräftiger und Getränke leichter vergleichbar.
Seit dem 31. Dezember 2023 besteht somit eine Übergangsfrist von zwei Jahren, unter anderem damit bereits gekennzeichnete Ware nicht vernichtet werden muss. Deshalb wäre es möglich, dass dasselbe Produkt im Regal zwei verschiedene Nutri-Score-Einstufungen trägt. Ab Januar 2026 gilt dann verbindlich die neue Berechnungsgrundlage.
Fazit
Auch wenn es beim Nutri-Score-Modell Punkte gibt, die keine Berücksichtigung finden (wie enthaltene Zusatzstoffe, Herkunft der Lebensmittel), handelt es sich um ein wissenschaftlich geprüftes und praxistaugliches System, das Verbraucher*innen zu einer schnellen Orientierung beim Einkauf verhilft und die Wahl gesünderer Lebensmittel erleichtert. Allerdings gibt es auch einige Schwachpunkte. Deshalb wurde 2021 von den beteiligten Ländern ein wissenschaftliches Gremium eingesetzten, das die möglichen Entwicklungen des Nutri-Score für eine bessere Effizienz auf die Gesundheit der Verbraucher bewerten soll, unter Berücksichtigung der Ernährungsempfehlungen, wie 2023 beim Thema Getränke geschehen.
Hintergrund und verschiedene Modelle
Vor der Entscheidung für ein bestimmtes Ampel-Kennzeichnungsmodell lies das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vom Max-Rubner-Institut elf Nährwertkennzeichnungs-Modelle bewerten, darunter die Britische Nährwertampel und den Nutri-Score. Ausgewählte Verbraucher konnten die Kennzeichnungsmodelle bewerten. Ergebnis der repräsentativen Verbraucherforschung des BMEL von Juli bis September war, dass sich die Mehrheit der Deutschen den Nutri-Sore wünscht.
Modell des Bundesernährungsministeriums
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner lies vom Max-Rubner-Institut in Zusammenarbeit mit der Lebensmittelwirtschaft und den Verbraucherverbänden ein neues Kennzeichnungsmodell entwickeln. Dieses Modell ist jedoch schwer verständlich.
Britische Nährwertampel
In Großbritannien gibt es eine freiwillige Lebensmittelampel, die UK Multi-Traffic Light (UK-MTL), deren Kriterien jedoch die Lebensmittelindustrie mitgestaltete.
Die britische Ampel zeigt fünf einzelne, farblich unterlegte Angaben für Energie, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate und Salz.
Modell der Lebensmittelbranche
In der Diskussion war auch ein eigenes Modell der Lebensmittelbranche, das auf der Vorderseite der Verpackungen nicht die Ampelfarben, sondern fünf Kreise zeigt. Darin steht die Kalorienzahl, der Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz pro 100 Gramm. Dabei zeigt ein jeweils hervorgehobenes Tortenstück, wie viel Prozent der Tageszufuhr des jeweiligen Nährstoffes der Verzehr von 100 Gramm dieses Produktes entspricht. Referenzmenge sind 2000 Kalorien für einen durchschnittlichen Erwachsenen. Allerdings hilft dieses Modell weder bei der Orientierung über die Ausgewogenheit eines Lebensmittels noch ist es auf seine Wirksamkeit geprüft.
Ampelmodelle – Vorteile von Farbkennzeichnungen
Nach einer aktuellen Studie von Forschern der Universität Bonn und der Ohio State University hilft eine Ampelkennzeichnung in grün, gelb und rot bei der Wahl zwischen süßen oder fetten Speisen (Schokolade, Chips) sowie gesünderen Alternativen (Knäckebrot, Naturjoghurt). Laut der Studie suchten Käufer Lebensmittel häufiger nach Gesundheitsaspekten als rein nach Geschmack aus, wenn die Fett-, Zucker- und Salzgehalte auf der Verpackung in Form einer Ampel anstelle einer Nährwerttabelle gekennzeichnet sind.
Im Oktober 2017 führte die Regierung in Frankreich auf freiwilliger Basis eine Lebensmittelampel, den von unabhängigen Wissenschaftlern entwickelten „Nutri-Score“ (Skaleneinteilung A-E) ein. Im August 2018 folgte die Einführung des Nutri-Scores in Belgien. Bisher ergaben zwei französische Studien, dass dieses Kennzeichnungssystem leicht verständlich ist und das Einkaufs- und Konsumverhalten in Richtung einer gesünderen Ernährung verändert.
Quellen:
Behr´s Lebensmittel-Recht-Newsletter (01.09.2024)
https://www.bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/news-archiv/meldungen-2023/april/nutri-score-weiterentwickelt/ (eingesehen 19.06.2023)
https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/freiwillige-angaben-und-label/nutri-score/nutri-score-coen-berichte.html (eingesehen 19.06.2023)
https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/freiwillige-angaben-und-label/nutri-score/naehrwertkennzeichnung-hilfestellungen.html (eingesehen 01.09.2024)
Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland: https://www.kiggs-studie.de/deutsch/home.html
Vergleich von Front-of-Pack-Kennzeichnungen zur Aufklärung deutscher VerbraucherInnen über den Nährwert von Lebensmitteln. Ernährungs Umschau 66(5):76-84.
Presseerklärung BMEL, Nr. 197 vom 30.09.2019
Seminarunterlagen VDOE, 05.05.2021