Ernährung

04.04.2023

Personalisierte Ernährung unter der Lupe

Mit der Angst der Menschen und dem Versprechen ‚So bleiben Sie gesund‘ lässt sich nicht nur Aufmerksamkeit erzielen, sondern auch gutes Geld verdienen. Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf die derzeit vielfältigen kommerziellen Angebote von Gen-, Blut- und Mikrobiom-Analysen mit dem Ziel einer personalisierten Ernährung, die Krankheitsrisiken oder Gewichtsprobleme reduzieren soll. Das Prozedere klingt einfach: DNA-Test machen, Ernährungsempfehlung bekommen, gesund bleiben. Das ist zu einfach, um wahr zu sein. Wie bei einem Medikament lohnt es sich, das Kleingedruckte im Beipackzettel zu lesen.

Personalisierte Ernährung unter der Lupe© vetre - stock.adobe.com

Was ist personalisierte Ernährung?

Der Ansatz einer personalisierten Ernährung bei bestimmten Krankheitsbildern und Gewichtsproblemen ist nicht neu. Ärzte, Ernährungsberaterinnen oder Diätassistenten erstellen eine Bestandsaufnahme anhand von detaillierten Protokollen über Essgewohnheiten, Lebensumstände, Aktivitätsniveau, Laborwerten und Krankheitsbild. Bei einer qualifizierten Beratung wird aus allen Faktoren ein ganzheitliches Bild erstellt und ein persönlicher Ernährungsplan entworfen.

Mit der Verbreitung des Smartphones schossen neue digitale, anonyme Beratungsangebote wie Pilze aus dem Boden: Gesundheitsapps mit zahlreichen Messmöglichkeiten rund um Gewicht, Aktivitätslevel, Kalorienzufuhr, Schlafverhalten, Lebensmittelnährwerten etc. basierend auf Algorithmen und einer riesigen Datenbank im Hintergrund, die dann das passende Ernährungsprogramm zusammenstellen. Heraus kommt eine scheinbar persönliche Empfehlung, die tatsächlich allerdings keine ist.

Vorsicht bei kommerziellen DNA-Analysen

Einen Schritt weiter gehen Angebote, die auf Basis von Genanalysen personalisierte Ernährungsempfehlungen liefern. Sie werben damit, dass über die DNA bestimmte Krankheits-, Stoffwechsel- oder Sporttypen bestimmt werden können, von welchen sich dann Ernährungsempfehlungen ableiten lassen. Sie appellieren sehr geschickt an Verbraucher*innen mit einem scheinbar wissenschaftlichen Versprechen, nämlich die Wechselwirkung von Erbanlagen, Ernährung und bestimmten Erkrankungen bestimmen zu können. Tatsächlich gibt es für Gen-Diäten derzeit keine wissenschaftliche Grundlage. Verbraucher*innen ist davon abzuraten, Geld für kommerzielle Angebote dieser Art auszugeben. Sie sollten stattdessen die Ernährungsberatung der Krankenkassen oder persönliche Ernährungsberater*innen nutzen.

Neben der fehlenden Daten- und Faktenlage (Evidenz) liegt ein weiteres Problem in der falschen Erwartungshaltung in Bezug auf Genanalysen. Viele Nutzer*innen möchten eine wissenschaftliche Absolution bekommen, warum sie zum Beispiel fülliger sind als andere. Das ist aber ein Trugschluss. Nicht die Gene, sondern vielmehr der Lebensstil bestimmen persönliche Krankheitsrisiken und Gewichtsprobleme. Mit der Begründung `Ich kann nichts dafür, das sind meine Gene` wird jegliche Motivation im Keim erstickt, sich aktiv und langfristig mit den eigenen Ernährungsgewohnheiten und Lebensumständen zu befassen. Dabei sollten genau diese Auseinandersetzung und der Wunsch nach Verbesserung das Ziel sein.

Welche Ernährung passt zu mir?

Wie finden Verbraucher*innen also zu einer passenden persönlichen Ernährung? Bei Krankheit oder gesundheitlichen Problemen ist eine Kombination aus regelmäßigen ärztlichen Kontrollen und einer kompetente Ernährungsberatung die richtige Herangehensweise. Die Empfehlungen werden im direkten Gespräch und auf Grundlage eines Ernährungsprotokolls, Messdaten und der erhobenen Laborwerte besprochen. Wer seine Ernährung gesünder gestalten möchte, um Krankheiten vorzubeugen, sollte sich seine Ess- und Lebensgewohnheiten erst einmal bewusst machen. Esse ich, wenn ich Hunger habe oder aus Langeweile oder emotionalen Gründen? Höre ich auf zu essen, wenn ich satt bin? Welche Lebensmittel könnte ich durch gesündere Alternativen ersetzen? Mit wenigen Fragen erkennen wir persönliche Schwierigkeiten in der Ernährungsweise und können diese dann gezielt angehen – ganz ohne Genanalyse.