Ernährung

02.06.2020

Phytoöstrogene - sekundäre Pflanzenstoffe mit hormoneller Wirkung

Schätzungen gehen davon aus, dass es etwa 60.000 bis 100.000 sekundäre Pflanzenstoffe (SPS) gibt. Etwa 5.000 bis 10.000 Substanzen sind vermutlich für die menschliche Ernährung interessant.  Den Pflanzen dienen SPS unter anderem als Schutz vor Frassfeinden. Im menschlichen Organismus sind sie an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt und haben gesundheitsfördernde Wirkungen. Die Bioverfügbarkeit der SPS ist sehr unterschiedlich, ebenso deren Stabilität.

Aufgaben und Wirkung

Phytoöstrogene sind eine von neun Gruppen der sekundären Pflanzenstoffe. Der Name dieser Stoffgruppe weist schon darauf hin, dass sie strukturelle Ähnlichkeit mit dem weiblichen Sexualhormon Östrogen haben. Bisher sind ca. 870 verschiedene Strukturen entdeckt. Sie werden in drei Gruppen eingeteilt: Isoflavonoide, Lignane und Coumestane. Über die Wirkung von natürlichen, isolierten und höher dosierten Phytoöstrogenen ist inzwischen viel geforscht worden. Die Wirkung der Phytoöstrogene ist sehr viel geringer wie die des körpereigenen Östrogens. Nach derzeitigem Wissensstand haben sie auf Grund von epidemiologischen Studien laut DGE die größte Bedeutung für den Stoffwechsel. Schutzwirkungen gegen Klimakteriumsbeschwerden, Osteoporose und kardiovaskuläre Erkrankungen werden ebenso vermutet wie eine antioxidative, antikanzerogene und immunstärkende Wirkung.

Laut Ernährungsbericht 2012 (Watzl 2012) ist „hinsichtlich Brust- und Prostatakrebs eine risikovermindernde Wirkung durch die erhöhte Zufuhr von Isoflavonen in asiatischen Ländern belegt. Eine Beeinflussung der Knochendichte sowie von klimakterischen Beschwerden gilt weiterhin als nicht gesichert.“

Vorkommen

Besonders reich an Isoflavonen und Lignanen sind Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte wie Tempeh oder Tofu, sowie andere Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Leinsamen. Der Gehalt hängt stark von den Wachstumsbedingungen der Pflanzen ab.  In ökologisch erzeugter Milch kommt der Isoflavon-Metabolit Equol vor, der eine vergleichbare Wirkung zeigt. Phytoöstrogene sind relativ unempfindlich, überstehen diverse Verarbeitungsmethoden sowie längere Lagerzeiten gut.

Zufuhr

Die Zufuhr ist je nach Essgewohnheiten sehr unterschiedlich. Asiaten nehmen durch den hohen Sojaverzehr 15 bis 40 Milligramm Isoflavone pro Tag auf, Menschen mit westlicher Ernährungsweise durchschnittlich weniger als zwei Milligramm pro Tag. Da es über die Verstoffwechslung der sekundären Pflanzenstoffe bisher kaum Daten gibt, kann auch keine Zufuhrempfehlung gegeben werden. Über die Bioverfügbarkeit gibt es unterschiedliche Aussagen.

Hilfe bei Wechseljahren?

Seit einigen Jahren finden sich Isoflavon Präparate in Apotheken und Drogerien, welche als Alternative zur Hormontherapie angeboten werden. Eine Verbesserung bei Hitzewallungen oder Schweißausbrüchen kann jedoch nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden.

Da zudem Langzeitstudien fehlen, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nicht langfristig isolierte Isoflavone zu nehmen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gab 2009 eine Stellungnahme ab, „dass auf Basis der berücksichtigen Humanstudien zwar keine Hinweise auf unerwünschte Wirkungen von isolierten Isoflavonen vorliegen. Allerdings bezieht sich das auf Grund der unzureichenden Datenlage nur auf die gesunde Allgemeinbevölkerung. Es gibt noch eine Reihe von Unsicherheiten, bei der erfolgten Risikobewertung. Deshalb kann keine abschließende Bewertung hinsichtlich Dosierung und Dauer der Verwendung von Isoflavonen vorgenommen werden“.

Empfehlungen

Personen, die eine östrogenabhängige (Krebs-)Erkrankung haben oder hatten, sollten keine Isoflavon-haltigen Präparate verwenden. Ein klinischer Nutzen von Phytoöstrogenen konnte nicht belegt werden bzw. waren die Ergebnisse sehr widersprüchlich, deshalb ist auch keine therapeutische Anwendung begründet.

Übereinstimmung herrscht drüber, dass die mit der Nahrung aufgenommene Menge unbedenklich ist. Nach wie vor gilt es, sich pflanzenreich und vollwertig zu ernähren. Sojaprodukte können je nach individueller Verträglichkeit im Speiseplan integriert werden, da diese neben den enthaltenen sekundären Pflanzenstoffen auch wichtige Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe enthalten.