Ernährung

28.01.2022, Lebensmittelunverträglichkeiten

Selbsttests bei Glutenunverträglichkeiten – mehr Risiko als Sicherheit!

Käufliche Testpackungen aus der Apotheke oder übers Internet versprechen eine schnelle Diagnose zu Hause bei einem Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit. Doch Vorsicht: Oft bergen sie sogar Risiken.

Die Auswahl wird immer größer: Atemtests bei Laktose- oder Fruktoseunverträglichkeit, Stuhltests bei Verdacht auf Zöliakie oder Histaminintoleranz, Immunglobulintests bei Allergieverdacht. Vermeintlich Betroffene hoffen auf eine schnelle Bestätigung ihrer Bedenken oder auf eine Freisprechung - ohne Wartezeit auf einen Arzttermin. Ein unkomplizierter Kauf im Online-Shop oder einer Apotheke soll Gewissheit bringen. Die Preise liegen meist zwischen 20 und 100 Euro pro Testpackung, teilweise inklusive laborärztlichem Befund.

Selbsttests bei Glutenunverträglichkeiten –  mehr Risiko als Sicherheit!Foto: © Daniela Stärk - stock.adobe.com

Aktuell sehr gefragt: „Gluten-Test“

Sie werden v.a. online beworben unter „Selbsttest auf Glutenintoleranz“, „Zöliakietest“, „Gluten-Selbsttest“ oder „Gluten-Stuhltest“, in der Schweiz sind sie schon im Supermarkt zu erwerben. Solche Tests sollen eine Glutenunverträglichkeit bzw. die Immunerkrankung Zöliakie nachweisen.

Für den Test-Benutzer heißt es jedoch:

  • Der Erkenntniswert der Tests ist oft gering bei finanziellem Mehraufwand.
  • Wer leitet zu einer korrekten Vorbereitung und Durchführung an?
  • Selbsttests ersetzen nicht den Besuch bei einem spezialisierten Arzt.
  • Therapieempfehlungen im Testanhang sind oft mangelhaft oder kontraproduktiv.

Was wird bei Gluten-Selbsttests untersucht?

Die Testperson entnimmt sich eine Blutprobe (ein Tropfen), vermischt das Blut mit einer in der Testpackung vorhandenen Flüssigkeit. Nach kurzer Zeit zeigt der Test mit Hilfe von erscheinenden Linien an, ob im Blut des Testers Antikörper vorhanden sind, die für eine Zöliakie sprechen könnten. Aber: Nicht sicher ist, ob der Test die aussagekräftigen Antikörper berücksichtigt. Auch Stuhltests werden angeboten, bei denen die Antikörper in der eingesandten Stuhlprobe untersucht werden. Diese Diagnosemethode gilt als unzureichend und sollte nicht verwendet werden.
Weiteres Problem: Wenn die Testperson sich bereits vor dem Test vorsorglich glutenfrei ernährt hat, kann der Test negativ ausfallen, da die Antikörper nur noch zu einem geringen Teil oder eventuell gar nicht mehr im Blut vorhanden sind!

Teilweise empfehlen die Testanbieter nach einem positiven Testergebnis vorübergehend auf eigene Faust mit einer glutenfreien Ernährung zu beginnen. Dieses Vorgehen behindert aber die weitere ordentliche Diagnostik durch einen Arzt enorm, der nicht nur ohnehin seine eigene Blutuntersuchung veranlassen wird, sondern oft ein bis mehrere Dünndarmbiopsien unter normaler Glutenbelastung durchführen muss. Erst nach sicherem Ausschluss einer Zöliakie durch einen Arzt kann weiter in Richtung Weizenallergie, Weizensensitivität oder Glutensensitivität getestet werden.

Wichtig: Nach einer zuverlässigen ärztlichen Diagnose unterstützt eine qualifizierte Ernährungsfachkraft die Betroffenen in einem beschwerdefreien Alltag. Auch in vielen Beratungsstellen des VSB bekommen Sie diese therapeutische Beratung.

Zöliakie – eine ernsthafte Erkrankung

Bei der Zöliakie handelt es sich um eine schwerwiegende immunologische Erkrankung des Dünndarms. Die Dünndarmschleimhaut reagiert dabei auf das Kleber-Eiweiß Gluten mit Entzündung und der Rückbildung der Schleimhautzotten. Es kommt oft zu Durchfällen sowie Blähungen und durch die mangelhafte Verdauung und Nährstoffaufnahme in der Folge zu Vitamin- und Mineralstoffmangel, Schwäche und Gewichtsabnahme.

Mindestens die Hälfte der Betroffenen weisen jedoch atypische Krankheitsverläufe auf mit neurologischen Ausfällen, Osteoporose, Verstopfungsneigung, Fettstühlen oder Hautveränderungen. Viele sind auch beschwerdefrei! Für Zöliakie gibt es eine genetische Veranlagung. Die Häufigkeit in der Bevölkerung liegt laut Schätzungen derzeit bei 1:100 bis 1:500. Frauen sind im Schnitt doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Einziger Therapieansatz: Völliger Verzicht auf alle glutenhaltigen Getreide und deren Produkte, d.h. alle heimischen Getreidearten (Weizen, Roggen, Dinkel, Gerste, Hafer, Grünkern, Emmer, Einkorn, Triticale) müssen in jeglicher Form strikt gemieden werden.

Weitere Infos:
Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. (dzg)
Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. (daab)