Ernährung
19.07.2023, Folgen für Verbraucher*innen: Immer eine Frage der Dosis
WHO: Süßstoff Aspartam „möglicherweise krebserregend“
In Kaugummis, Light-Getränken oder Desserts – Aspartam ist in vielen Lebensmittel als kalorienarmes Süßungsmittel enthalten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft den Süßstoff nun als „möglicherweise krebserregend“ ein. Was hat diese Entscheidung genau zu bedeuten und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Verbraucher*innen?
Was ist Aspartam?
Aspartam ist neben Saccharin, Sucralose, Acesulfam-K und Stevia u.a. ein in der EU zugelassener Süßstoff, der zum Süßen von Lebensmitteln und in Tafelsüßen verwendet wird. Die Süßkraft von Aspartam ist 200-mal höher als von Haushaltszucker, deshalb ist der Kaloriengehalt meist vernachlässigbar. Da es sich bei den Süßungsmitteln definitionsgemäß um Zusatzstoffe handelt, müssen diese vor dem Einsatz in der Lebensmittelherstellung ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Dabei werden für die einzelnen Lebensmittelgruppen Höchstmengen festgelegt.
Welche Lebensmittel enthalten Aspartam?
In der EU muss Aspartam, wie alle anderen Lebensmittelzusatzstoffe auch, im Zutatenverzeichnis angegeben werden: nach dem Klassennamen „Süßungsmittel“ entweder mit seinem Namen „Aspartam“ oder seiner E-Nummer „E 951“. Bei der Bezeichnung des Produktes müssen Hersteller zudem darauf hinweisen, dass Süßungsmittel verwendet werden.
Aspartam wird in Erfrischungsgetränken, kalorienarmen Light-Produkten, Süßwaren, Kaugummis Milchprodukten, Marmeladen, Desserts, Backwaren oder Fertiggerichten eingesetzt. Daneben gibt es den Zusatzstoff in Tablettenform, Streusüße oder flüssig als Tafelsüße.
Der Hersteller muss auf der Verpackung zudem angeben, dass das Lebensmittel eine Phenylalaninquelle enthält. Dieser Hinweis ist für Menschen mit der Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie wichtig, da sie Aspartam nicht verzehren dürfen.
Aspartam in den üblich konsumierten Mengen unbedenklich
Im Rahmen ihrer Sicherheitsbewertungen legt die Europäische Sicherheitsbehörde (EFSA) für viele Zusatzstoff einen ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) fest. Dieser Wert gibt die Menge eines Stoffes an, die ein Mensch im Laufe seines Lebens täglich zu sich nehmen kann, ohne ein Gesundheitsrisiko einzugehen. Bei Aspartam liegt der ADI-Wert laut EFSA und WHO bei 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Um diesen Wert zu erreichen, muss eine Person mit einem Körpergewicht von 60 Kilogramm etwa 18 Liter Diät-Cola am Tag trinken.
Die neue Einstufung von Aspartam als "möglicherweise krebserregend" kommt von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC). Die IARC berücksichtigt bei ihrer Einordnung jedoch nicht, wie viel von einem Stoff bedenklich oder gefahrlos ist. Bei der Einschätzung der IARC geht es nur um die Frage, ob ein Stoff grundsätzlich Krebs verursachen kann.
Die IARC unterscheidet in vier Klassifizierungsstufen:
Klassifizierungsstufen |
Beispiele |
Gruppe 1: Krebserregend |
Verarbeitetes Fleisch (z.B. Wurst), Rauchen, alkoholische Getränke |
Gruppe 2A: Wahrscheinlich krebserregend |
Rotes Fleisch, heiße Getränke über 65 Grad, Nachtarbeit, Friseurberuf |
Gruppe 2B: Möglicherweise krebserregend |
Aspartam, elektromagnetische Felder, Blattextrakt von Aloe Vera, Benzin |
Die Einstufung von Aspartam in dieser Gruppe bedeutet, dass ein Krebsrisiko keinesfalls sicher oder überhaupt wahrscheinlich ist. Deshalb hat die Einordnung auch keinen Einfluss auf die empfohlene maximale Tagesverzehrmenge. Die WHO und die EFSA halten den Süßstoff bis zu diesem Wert weiterhin für unbedenklich. Auch die Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) kommt zu dem Ergebnis, dass keine Gesundheitsbeeinträchtigung durch Süßstoffe ausgehen – das BfR schätzt die Studienlage jedoch generell als unzureichend ein.
Süßstoffe in der Kritik
Aspartam und andere Süßstoffe geraten immer wieder in die Kritik. Trotzdem kann mit den aktuell vorliegenden Studien keine Aussage darüber getroffen werden, ob Süßstoffe beispielsweise das Risiko für bestimmte neurodegenerative Krankheiten erhöhen oder die Darmflora negativ beeinflussen. In den meisten Studien wurde kein negativer Effekt auf den Stoffwechsel beobachtet.
Dennoch rät die WHO davon ab, Süßstoffe zur Gewichtskontrolle einzusetzen. Denn dadurch sei höchstens ein kurzfristiger Effekt beim Abnehmen erzielbar. Bei Erwachsenen erhöhe der langfristige Konsum unter anderem das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das empfiehlt der VerbraucherService Bayern
Letztlich sind Süßungsmittel keine „gesündere“ Alternative zum klassischen Haushaltszucker. Süßstoffe reduzieren die Energiedichte von Lebensmitteln und können bei Übergewicht und Diabetes möglicherweise hilfreich sein. Langfristig ist es effizienter, die individuelle Süßschwelle nach und nach zu senken. Dadurch verringert sich das Verlangen nach „Süßem“.
https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/aspartame
https://www.bzfe.de/lebensmittel/lebensmittelkunde/suessungsmittel/