Finanzen

02.03.2022

Megatrend nachhaltige Geldanlagen

Die EU hat sich mit dem Pariser Klimaschutzabkommen bereits 2015 verpflichtet, die Erderwärmung auf deutlich weniger als zwei Grad zu begrenzen. Bei der Umsetzung der Klimaziele spielt das Finanzsystem eine Schlüsselrolle. Die Macht der Finanzmärkte ist groß und kann zu deutlichen Verhaltensänderungen bei den Unternehmen führen. Firmen, die sich nicht anpassen, kommen nur sehr schwer und teuer an frisches Kapital (Divestment). Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit setzen, sind dagegen gefragt.

Megatrend nachhaltige GeldanlagenFoto: © britta60 - stock.adobe.com

Derzeit dominiert bei zahlreichen Unternehmen eher das Bestreben nach kurzfristiger Gewinnmaximierung und das Interesse an Dividendenausschüttung. Nachhaltige, klimaschonende Kapitalanlagen und Versicherungsprodukte rücken immer mehr in den Focus von Investoren. Anleger*innen wollen sich damit identifizieren, wie und was ihr Geld erwirtschaftet. Die Geldanlage soll Gutes bewirken, Klima und Umwelt schonen oder soziale Projekte unterstützen.

Auch die Marketingabteilungen der Banken und Versicherungen entdecken das Thema für sich und erweitern ihr Angebot an Geldanlagen sukzessive um „grüne“ Produkte. Allein in Deutschland wurden 2020 über 211 Mrd. Euro in „nachhaltigen“ Aktien, Fonds und Co. verwaltet.

EU-Transparenzverordnung (TVO)

Ist die Klimafondsanlage, die in grüne Energie investiert aber Menschenrechtsrisiken in der Zulieferkette verschweigt, wirklich nachhaltig? Sind Umweltfonds in Aufforstungsprojekten grün, obwohl Monokulturen statt Mischwälder entstehen? Verbraucher*innen sollten stets prüfen, ob ihre Ansprüche an grüne Finanzprodukte wirklich gegeben sind. Die Definition „Nachhaltigkeit“ ist umstritten. Banken und Versicherungen nutzen Interpretationsspielräume für Erschließung neuer, umweltbewusster Kundensegmenten.

Der EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzsystem wurde im März 2021 regulatorisch im Finanzmarkt verankert (Sustainable Finance).  Als erster Meilenstein wurde die Nachhaltigkeit für viele Finanzprodukt-Anbieter und Berater Pflicht (EU-Transparenzverordnung, TVO). Laut der TVO haben Anbieter nachhaltigkeitsbezogene Aufklärungspflichten. Unternehmen sind verpflichtet offenzulegen, wie ihre Produkte die Nachhaltigkeitsrisiken bei Investmententscheidungen berücksichtigen. Diese Informationen sind in den Verkaufsprospekten und auf der Internetseite zu veröffentlichen. Finanzberater stehen in der Pflicht, ihre Kunden zu Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen und dies bei der Geldanlageempfehlung auch zu berücksichtigen.

Welche Geldanlage ist wirklich klimaneutral oder nachhaltig?

Das EU-Klassifizierungssystem (Taxonomie), welches seit Januar 2022 die Definition liefert, welche Geldanlage als nachhaltig gilt, soll die Kapitalströme in diese Investments lenken. Dieses umstrittene Regelwerk stuft Investitionen bereits als nachhaltig ein, wenn sie emissionsarm wirtschaften. Sogar der Atomenergie wurde zuletzt der grüne Mantel umgehängt. Noch im Jahr 2022 plant die EU-Kommission ein einheitliches EU-Ökolabel für diese Geldanlagen einzuführen.

Die schwer messbaren sozial-ethischen Auswirkungen der Finanzanlage (Social Governance) berücksichtigt die Taxonomie erst gar nicht. Jeder Anbieter hat die Möglichkeit, sich das Label „verantwortungsvoll“ oder „sustainable“ zu geben, die Begriffe sind nicht geschützt. Die verlässliche Beurteilung, ob eine Geldanlage nachhaltig ist oder nicht, ist daher kaum möglich. Die Gefahr von Greenwashing steigt.

Tipps für Verbraucher*innen

Es gibt Wege zu vertrauenswürdigen, nachhaltigen Anlageprodukten. Fragen Sie gezielt ihre Hausbank nach ihren ökologisch-, ökonomisch-, ethischen Standards. Erkundigen Sie sich nach „nachhaltigen“ Angeboten für Girokonten, Sparanlagen oder Fonds. Auch börsengehandelte Indexfonds, sogenannte ETFs (Exchange Traded Funds), die nachhaltig oder wenigstens klimafreundlich sind, bekommen Sie bei vielen Hausbanken oder übers Internet.

Verlassen Sie sich nicht auf Werbetexte in Hochglanzprospekten. Was ist Ihnen wichtig? Keine Waffengeschäfte? Die Förderung erneuerbarer Energien? Tierwohl? Artenvielfalt? Spielt eine faire Unternehmensführung eine Rolle bei der Firmenauswahl? Verdienen Frauen in dem Unternehmen gleich viel wie ihre männlichen Kollegen? Verlangen Sie Fakten, wo und wie Ihre Gelder zum Einsatz kommen. Nutzen Sie unabhängige Informationsquellen, um zu erfahren, wie ökologisch und fair das Geldinstitut wirtschaftet.

Aktuelle Ergebnisse der Stiftung Warentest, Finanztest, bieten einen Produktfinder für nachhaltige Sparangebote ökologischer Banken an (z.B. www.test.de, „Saubere Zinsangebote“, „ethisch-ökologische ETfs“ in Suchfunktion eingeben).

Checkliste für die Verbraucher*innen, die ihr Geld nachhaltig anlegen wollen

  • Seien Sie pragmatisch. Selbst wenig nachhaltige Geldanlagen sind immer noch besser als Finanzprodukte ohne ökologischen Anspruch.
  • Trennen Sie Ideologie von der Geldanlage. Legen Sie Geld erst nach umfassender und neutraler Beratung an. Die Auswahl der richtigen Geldanlage ist wichtig. Nachhaltigkeit soll „bloß“ ein ergänzender Aspekt sein. Riskante Finanzprodukte wie Windpark-Beteiligungen sowie Photovoltaik-Projektfinanzierungen sind meistens nicht  für Kleinanleger geeignet. Vorsicht bei unrealistischen Renditeversprechungen bei Finanzprodukten am Grauen Kapitalmarkt.
  • Vermeiden Sie Klumpenrisiko. Zu strenge Nachhaltigkeitspräferenzen führen zu wenig diversifizierten Geldanlagen und dadurch erhöht sich das Anlagerisiko.
  • Verlassen Sie sich nicht auf Werbetexte in Hochglanzprospekten. Nutzen Sie unabhängige Informationsquellen, um zu erfahren ob die Bank oder Ihre Geldanlage tatsächlich nachhaltig wirtschaften.
  • Lassen Sie sich unabhängig beraten. Hilfe bei der Auswahl nachhaltiger Finanzprodukte erhalten Sie beim VerbraucherService Bayern. Wir prüfen einzelne Angebote und beraten zugeschnitten auf die individuelle Situation, wie Verbraucher*innen zu mehr Nachhaltigkeit in ihrer Geldanlage kommen.

Quellen und weiterführende Informationen

www.test.de/Fonds-im-Test-Fuenf-Punkte-fuer-die-Besten-4331006-4331019/

www.verbraucherservice-bayern.de/themen/finanzen/megatrend-nachhaltige-geldanlage

www.frauenbund.de/nc/strtseite/berichte-detail/article/nachhaltig-anlegen-sauberes-geld/

www.frauenbund-bayern.de/aktuelles/detailansicht/article/nachhaltigkeit-und-rendite-in-einklang-bringen-ist-moeglich/