Finanzen

07.03.2023

Vermögens- und Alterssicherung für Frauen

Moderne Frauen befinden sich in einem Dilemma: Der Vollzeitjob ist notwendig für eine auskömmliche Rente, die Teilzeitarbeit ist aber besser für die Familie. Die Vorstellung „mein Ehemann ist meine Altersvorsorge“ ist ein Auslaufmodell und viele Frauen sind nach einer Scheidung oder Trennung im Alter von Armut betroffen. Deshalb ist es jeder Frau dringend anzuraten, sich in einem ersten Schritt einen Überblick über die eigene aktuelle Finanzsituation zu verschaffen und dann eine kluge Strategie zur Vermögens- und Alterssicherung zu planen.

Vermögens- und Alterssicherung für Frauen© DavidPrado - stock.adobe.com

Gender Pay Gap, Gender Time Gap, Gender Lifetime Earning Gap und Gender Pension Gap

Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern (Gender Pay Gap), die durch schlechtere Bezahlung in frauenspezifischen Branchen entsteht, betrug im Jahr 2022 immer noch 18 Prozent. Zusätzlich haben Frauen mit Kindern, die überwiegend in Teilzeit arbeiten mit dem Gender Time Gap, also kürzeren Erwerbszeiten und daraus resultierendem niedrigeren Lebenserwerbseinkommen, dem Gender Lifetime Earning Gap, weitere Nachteile. Die Bertelsmann Stiftung ermittelte im Jahr 2020, dass Männer im Laufe des Berufslebens ein durchschnittliches Gesamteinkommen von 1,5 Millionen Euro erarbeiten. Eine Frau mit Kindern verdient durchschnittlich nur 580 000 Euro in ihrem gesamten Berufsleben. Diese Lücken summieren sich zu einer dramatischen Rentenlücke (Gender Pension Gap), vor allem für Mütter ist die Gefahr von Altersarmut hoch.

Eine individuelle Vorsorgestrategie für Frauen gelingt in diesen vier Schritten:

  • Finanzen checken
  • Existenzbedrohende Risiken absichern
  • Altersvorsorge optimieren
  • Vermögen aufbauen

Finanzen checken

Voraussetzung für eine erfolgreiche Finanzplanung ist eine Übersicht über alle Einnahmen, alle Ausgaben, die mögliche Schuldensituation sowie bestehenden Ersparnisse. Mit Hilfe eines Haushaltsbuchs oder unserer VSB-Haushaltsplanerapp gelingt die Erfassung der Ist-Situation sehr gut, denn nur auf der Basis des tatsächlich verfügbaren Budgets lassen sich individuelle Finanzziele benennen.

Der Abbau von Schulden ist die lukrativste Art zu sparen. Empfehlenswert ist es, vorhandene Ratenkredite zügig zu tilgen, denn somit kann deutlich mehr als mit den meisten Geldanlagen verdient werden. Vor allem teure Kontoüberziehungskredite mit Zinssätzen, die durchschnittlich knapp über zehn Prozent liegen, bringen das Haushaltsbudget dauerhaft aus dem Gleichgewicht. Sparpläne und Geldanlagen keinesfalls aus dem Dispokredit finanzieren und lieber eine Zahlungspause einlegen, bis das Konto ausgeglichen ist.

Ein Tagesgeldkonto, das mit zwei bis drei Nettomonatsgehältern als eiserne Reserve gefüllt ist, bewährt sich als Notfallpolster. So ist bei unvorhergesehenen Reparaturen oder Anschaffungen nicht der teure Disporahmen auszuschöpfen. Rücklagen für Urlaube und kurzfristige Sparziele können ebenfalls auf dem Tagesgeldkoto geparkt werden. Aktuell gibt es nach langen Jahren der Niedrigzinsphase auch für Tagesgeldkonten wieder Sparzinsen, wobei die Gelder ohne Kündigungsfrist täglich verfügbar sind.

Einsparpotenziale ergeben sich möglicherweise auch, wenn Sie alle bestehenden Vertragsverhältnisse auf den Prüfstand stellen. Kündigen Sie überflüssige Versicherungen, Abos und Mitgliedschaften, Tarifwechsel für Handy-, Strom- und Gaslieferverträge bringen weiteren finanziellen Spielraum.

Risiken absichern

Bevor Sie sich an die Planung der Altersvorsorge und der Geldanlage machen, ist es wichtig, über den Versicherungsschutz nachzudenken. Existenzielle Risiken wie die Verschuldenshaftung, der Verlust der Arbeitskraft durch Krankheit oder Unfall sowie der Tod eines Elternteils sind durch geeignete Versicherungspolicen abzusichern.

Im Vordergrund steht in allen Lebensphasen die Frage, wie bin ich abgesichert, wenn ich versehentlich andere schädige? Jeder Bürger haftet mit dem gesamten Vermögen für Schäden, die er anderen schuldhaft oder aus Versehen zufügt. Die Forderungen können schnell in die Tausende gehen und die eigene Finanzsituation in Schieflage bringen. Mit einer Privaten Haftpflichtversicherung decken Verbraucher*innen das Risiko der Verschuldenshaftung mit Jahresbeiträgen unter 100 Euro vernünftig ab.

Es lohnt sich, die eigene Arbeitskraft mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung abzusichern, denn die Ausgaben für den Lebensunterhalt fallen auch bei längerfristiger Krankheit oder dem krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Berufsleben an. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente allein schließt die Einkommenslücke nicht.

Für Familien mit Kindern ist der Abschluss einer Risikolebensversicherung sinnvoll. Es gilt die Kinder und auch den Partner finanziell abzusichern, falls einem Elternteil etwas zustößt, denn allein die Witwenrente der gesetzlichen Rentenversicherung stellt keine angemessene Absicherung dar, um den bisherigen Lebensstandard zu halten.  

Altersvorsorge optimieren

Immer noch verdienen Frauen weniger, arbeiten in schlechtbezahlten Berufen und häufiger in Teilzeit mit dramatischen Folgen für die Rentenhöhe. Denn bei der gesetzlichen Rente zählt jeder eingezahlte Euro. Es lohnt sich für Frauen, bei allen Entscheidungen zu Familienzeit, Teilzeitarbeit und auch der Pflegezeit die Auswirkungen auf den eigenen Rentenanspruch im Auge zu behalten. In einer Partnerschaft gehört die Altersvorsorge bei der Familiengründung besprochen und die entgangenen Rentenansprüche durch Kinderzeiten aus dem Familieneinkommen ausgeglichen.

Auch staatlich und betrieblich geförderte Rentenmodelle können sich lohnen. Die in Verruf geratene Riester-Rente ist für Frauen mit Kindern aufgrund der Zulagenförderung attraktiv. Wenn mindestens vier Prozent des letzten Bruttojahreseinkommens, mindestens aber 60 Euro jährlich, in einen zertifizierten Riester-Vertrag fließen, zahlt der Staat 300 Euro Zulage für jedes ab 2008 geborene Kind, zusätzlich zur Grundzulage in Höhe von 175 Euro. Gutverdienerinnen profitieren zusätzlich von hohen Steuervorteilen.

Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge sind nur dann tatsächlich rentabel, wenn der Arbeitgeber mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 15 Prozent vom umgewandelten Bruttobetrag zur Altersvorsorge zuschießt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten, er darf aber den Durchführungsweg und auch den Anbieter bestimmen.

Vermögen aufbauen

Wenn das Konto ausgeglichen, die existenzbedrohenden Risiken abgesichert und ein Plan für die Altersvorsorge erstellt ist, rücken die Themenfelder Sparen und Geldanlage in den Vordergrund.

Unzählige Finanzblogs speziell für Frauen leisten als hippe und unkomplizierte Informationsquelle für eine sinnvolle Geldanlage gute Dienste und motivieren Frauen, sich um die eigenen Finanzen zu kümmern. Vorsicht ist dennoch geboten. Denn die selbsternannten Finfluencer*innen sind nicht immer qualifiziert und unabhängig. Zumal die Blogs oft auch als Plattform für den Vertrieb kostenpflichtiger Coachings und Seminare sowie provisionsbasierten Finanzberatungen dienen.   

Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung des Finanzforschungsinstituts SAFE und der Universität Frankfurt aus dem Jahr 2020, bei der 27000 Beratungsdokumentationen ausgewertet wurden, zeigt, dass Frauen für die Geldanlage teurere Fonds, die geringere Renditen erzielen, empfohlen wurden. Frauen wählten zudem häufiger ein kostspieligeres Rundum Sorglos Paket und konnten den Zusammenhang zwischen Kosten und Rendite des Finanzprodukts schlechter einschätzen als Männer.

Geldanlage – so geht’s

Frauen benötigen keine spezifischen Geldanlageprodukte, um ihr Kapital erfolgreich zu vermehren, denn die Grundsätze der Geldanlage gelten unabhängig vom Geschlecht.

Langfristig denken: Für die Geldanlage gelten Zeiträume von 10 – 15 Jahren als realistisch, um auch kritische Finanzmarktphasen ohne Verluste zu überstehen.

Breit streuen: Eine individuelle Mischung von Risiko- und Sicherheitsbausteinen hilft dabei, das eigene Anlagerisiko über Märkte und Regionen zu verteilen.

Auf die Kosten achten: Die Gebühren für die Depotführung, den Wertpapierkauf und die laufenden Kosten variieren bei Banken und Fondsgesellschaften stark. Ein Vergleich lohnt sich und niedrige Kosten steigern die Rendite der Geldanlage.

Zinseszinseffekt nutzen: Wer die Dividenden der Wertpapiere automatisch gleich wieder anlegt, profitiert besonders vom Zinseszinseffekt.

Ruhe bewahren: Auch in turbulenten Börsenphasen mit starken Kursschwankungen heißt es ruhig und bedacht zu bleiben. Panikverkäufe zementieren die Verluste und auf lange Sicht drehen die Börsenkurse immer wieder ins Plus.

Eine unabhängige und neutrale Beratung zu allen Finanzfragen erhalten Frauen beim VerbraucherService Bayern.

 

Quellen:

  • Engagiert 02/2022, Frauensache Finanzen
  • Bertelsmann Stiftung, Beschäftigung im Wandel 06.2020, Frauen auf dem Deutschen Arbeitsmarkt, Was es sie kostet, Mutter zu sein
  • Brigitte Spezial, Der große Finanz-Guide für Frauen 2022
  • Finanzplaner Frauen, Stiftung Warentest 2018
  • Halten Finanzberatungen für Frauen, was sie versprechen? | BERGFÜRST (bergfuerst.com)
  • SWR 2 Wissen, Frauen und Finanzen – warum eigenes Geld so wichtig ist, 07.03.2022
  • WirtschaftsWoche, Julia Groth, 27.04.2022, Warum spezielle Geldanlagekonzepte für Frauen meist Unfug sind