Umwelt

08.12.2021

Alles Bio? Naturkosmetik erkennen und einschätzen

Laut Statista lag der Umsatz mit Kosmetik und Körperpflegemitteln 2020 bei 14,9 Milliarden Euro und wird für 2021 auf 15,3 Milliarden Euro prognostiziert. Deutschland war bereits 2018 mit 8,8 Milliarden Umsatz nach Frankreich der größte Einzelmarkt für Schönheitsprodukte in der Europäischen Union (EU). Verbraucher*innen setzen Kosmetika zur Pflege, für ein gesteigertes Wohlbefinden und gutes Aussehen ein. Die verwendeten Produkte sollen verträglich und umweltfreundlich sein - Naturkosmetik verspricht diese Kriterien zu erfüllen. Lesen Sie, was sich hinter dem Begriff verbirgt und wie Sie „echte“ Naturkosmetik erkennen.

Alles Bio? Naturkosmetik erkennen und einschätzenFoto: © silviarita - Pixabay.com

Was ist Naturkosmetik?

Naturkosmetik ist kein geschützter Begriff. Verbraucher*innen verstehen darunter in der Regel kosmetische Produkte aus Stoffen pflanzlichen, tierischen und mineralischen Ursprungs. Hierzu zählen zum Beispiel Bienenwachs, Kräuterauszüge, Blütenextrakte und mineralische Lichtschutzfilter wie Titanoxid und Zinkoxid.

Auf der Basis von Mineralöl hergestellte Bestandteile, wie zum Beispiel Paraffine, Silikone und Polyethylenglykole (PEG), als Emulgatoren und Schaumbildner eingesetzt, sollten genauso wenig enthalten sein wie mineralölbasiertes Mikroplastik, das als Peeling oder Scheuermittel zugesetzt wird. Auch synthetische Duftstoffe und organisch-synthetische Lichtschutzfilter und Farbstoffe gehören nicht in Naturkosmetik.

Die in Naturkosmetik enthaltenen Inhaltsstoffe stammen nicht zwangsläufig aus biologischem Anbau. Verbraucher*innen, die auf Bio-Kosmetik Wert legen, bleibt es nicht erspart, nach entsprechenden Kennzeichnungen in der Liste der Inhaltsstoffe zu suchen.  Naturkosmetische Produkte sind nicht automatisch frei von Stoffen, die im Tierversuch getestet wurden. Konventionell hergestellte Kosmetika, die naturkosmetische Rohstoffe enthalten, jedoch in der Regel nicht als Hauptbestandteil, werden häufig als naturnahe Kosmetik angeboten.

Wichtig ist, sich beim Kauf nicht auf die Werbung zu verlassen. Abbildungen von Pflanzen oder Früchten auf der Packung, wie zum Beispiel Aloe Vera, garantieren nicht automatisch ein natürliches Produkt und schließen nicht überwiegend chemisch-synthetische Inhaltsstoffe aus. Den größten Einfluss auf die Inhaltsstoffe haben Verbraucher*innen, die ihre Kosmetika selbst herstellen. Das setzt jedoch gute Kenntnisse der Zutaten, der Haltbarkeit und der individuellen Verträglichkeit voraus.

Woran erkenne ich naturkosmetische Produkte?

Da weder Natur- noch Bio-Kosmetik geschützte Begriffe sind, ist für Käufer*innen Greenwashing oft schwer erkennbar. Packungsangaben wie „natürliche Inhaltsstoffe“ oder „frei von Mikroplastik“ geben keine Auskünfte über sonstige Inhaltsstoffe und liefern damit kein Erkennungszeichen für ein naturkosmetisches Produkt. Abhilfe schaffen hier Zertifizierungen mit Naturkosmetiksiegeln. Hersteller sind hierbei verpflichtet, sich an die Standards der jeweiligen Siegel zu halten. Eine gute Orientierung beim Einkauf von Naturkosmetik geben die Siegel vom Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel (BDHI) und von Natrue, sowie der Cosmos Standard. Sie zählen in Deutschland zu den häufigsten Naturkosmetik-Siegeln und verbieten eine größere Anzahl von Inhaltsstoffen als die EU-Kosmetik-Verordnung vorgibt. Viele umstrittene chemisch-synthetische Substanzen sind dadurch in zertifizierter Naturkosmetik nicht enthalten.

In Produkten, die das BDHI-Siegel tragen, müssen einige aufgelistete Inhaltsstoffe aus biologischem Anbau stammen. Diese sind auf der Packung in der Liste der Inhaltsstoffe gekennzeichnet, häufig durch ein Sternchen. Die wenigen erlaubten anorganischen Konservierungsstoffe sind durch „Konserviert mit…“ gekennzeichnet. Rohstoffe von toten Wirbeltieren sind nicht enthalten, jedoch Rohstoffe von lebenden Tieren wie zum Beispiel Schafsmilch und Rohstoffe von toten Insekten wie zum Beispiel Karminrot aus Cochenilleläusen. Das zertifizierte Produkt darf nicht im Tierversuch getestet werden und seit Ende 1997 auch keine im Tierversuch getestete Rohstoffe enthalten.

Auf europäischer Ebene wurde der gemeinsame internationale Naturkosmetikstandard COSMOS durch fünf Zertifizierungsorganisationen entwickelt, um die Produktkennzeichnung übersichtlicher zu gestalten. Beteiligt sind daran BDIH, Ecocert (französisch), Cosmebio (französischer Verband), ICEA (italienisch) und Soil Association (britisch). Das COSMOS Label kennzeichnet Naturkosmetik zusätzlich zum BDIH Siegel mit „COSMOS Natural“ und mit „COSMOS Organic“ in Bioqualität (enthält mindestens 95 Prozent der Rohstoffe aus biologischer Landwirtschaft).  

Das Natrue-Siegel entwickelte die gleichnamige internationale Non-Profit-Organisation, der vorwiegend Naturkosmetikhersteller angehören. Ein ausführlicher Kriterien-Katalog legt die erlaubten Inhaltsstoffe und deren Verarbeitung fest. Die Produktdatenbank von Natrue gibt Auskunft, ob es sich bei der angebotenen Ware um Naturkosmetik, Naturkosmetik mit Bioanteil oder Biokosmetik (95 Prozent der Inhaltsstoffe aus biologischer Landwirtschaft) handelt.

Es empfiehlt sich, die Standards firmeneigener Labels für Naturkosmetika immer zu überprüfen, da sie unternehmensintern festgelegt werden.

Naturkosmetik und Allergien

In den letzten Jahren hat sich die Vorstellung von den guten Stoffen aus der Natur und den schlechten oder gar gefährlichen Stoffen aus der (chemischen) Industrie in vielen Bereichen etabliert. Schwarz-Weiß-Malerei wird der Sache aber nicht gerecht. Es ist zu bedenken, dass der gesamte Stoffwechsel des Menschen auf chemischen Prozessen beruht. Gleiches gilt für Tiere, Pflanzen und unsere Umwelt im Allgemeinen. Die Natur liefert die giftigsten Substanzen, wie zum Beispiel aus der Pflanzenwelt die Engelstrompete (Datura bzw. Brugmansia) oder die tödlichen Gifte bestimmter Skorpion- und Schlangenarten. Eine differenzierte Betrachtung ist hier dringend erforderlich. Daraus ergibt sich unter anderem für Allergiker die Notwendigkeit, bei jedem Kosmetikprodukt, egal ob Naturkosmetik oder nicht, die Inhaltsstoffe zu prüfen. Auch natürliche Pflanzenextrakte oder Duftstoffe können Allergien auslösen, wie zum Beispiel das früher weit verbreitete Hausmittel Kamille oder Citrusöle.

Pestizidrückstände in Naturkosmetik?

Kräuter, die für die Herstellung von Naturkosmetik verwendet werden, können zwar Rückstände von Pestiziden enthalten, unterliegen aber den geltenden Vorschriften für Kosmetikprodukte. Danach dürfen im Endprodukt nur Mengen enthalten sein, die technisch unvermeidbar und gesundheitlich unbedenklich sind. Generell haben die Regelungen das Ziel, dass Verbraucher*innen durch die Produkte keinen gesundheitlichen Schaden davontragen. Eine Reihe von Pestiziden sind verboten. Es hängt von den Standards der Siegel ab, wie weit auch hier strengere Auflagen als in der EU-Verordnung für Kosmetik gelten.

Tipps zum Kauf von Naturkosmetik:

  • Prüfen Sie Verpackung und Werbeversprechen kritisch
  • Beachten Sie die Liste der Inhaltsstoffe
  • Achten Sie auf vertrauenswürdige Siegel
  • Nutzen Sie seriöse Informationsquellen (zum Beispiel Stiftung Warentest und Öko-Test, Tox Fox (Bund))
  • Fragen Sie sich: „Welche Stoffe vertrage ich?“

 

Quellen:

BUND: ToxFox: Scannen, fragen, giftfrei einkaufen

Öko-Test: Echte Naturkosmetik erkennen. So schützen Sie sich vor Greenwashing

Öko-Test: Was steckt in Naturkosmetik?

MK-online: Wie gut ist Naturkosmetik? 

VerbraucherInitiative: Labels im Überblick