Umwelt

02.10.2019

Bedenkliches Palmöl: Fett im Geschäft

Die Ölpalme ist ein Alleskönner. Ob in Schokolade, Chips, Waschmittel, Seife oder Nuss-Nougat-Cremes – Palmöl findet sich in nahezu jedem zweiten Supermarkt-Produkt. Das weltweit am meisten gehandelte Fett bringt jedoch zahlreiche Probleme mit sich. Besonders besorgniserregend sind die gravierenden ökologischen Folgen des Palmölanbaus.

Bedenkliches Palmöl: Fett im GeschäftFoto: © feelphotoz - Pixabay.com

Verlust Tropischer Urwälder und Tierarten

Die Ölpalme stellt hohe Ansprüche an Temperatur- und Wasserhaushalt. Als tropische Pflanze benötigt sie feuchtwarmes Klima mit mindestens 100 mm Niederschlag pro Monat und eine Durchschnittstemperatur von mindestens 24 °C. Diese Bedingungen finden sich nur im Bereich der tropischen Regenwälder, also in einem schmalen Streifen entlang des Äquators. Um Palmölplantagen anzulegen, werden die Urwälder abgeholzt und damit die artenreichsten Gebiete unserer Erde zerstört.

85 Prozent des weltweit produzieren Palmöls stammen aus Malaysia und Indonesien (Forum nachhaltiges Palmöl). Der dortige Regenwald zählt zu den Hotspots der Artenvielfalt unseres Planeten. Weltweit existieren nur noch etwa 2,5 Prozent solcher Flächen, wobei diese 50 Prozent aller Pflanzen- und Wirbeltierarten einen Lebensraum bieten (Uni Hamburg).

Der Palmölkonsum stieg in den letzten 30 Jahren enorm. Von den Erntejahren 2002/03 (26,9 Millionen Tonnen) bis 2018/19 (68,6 Mio. t.) hat sich die weltweit konsumierte Palmölmenge nahezu verdreifacht (Statista). Der Anstieg der Produktionsmenge zieht die Schaffung neuer Anbauflächen nach sich. Ohnehin gefährdete Tiere wie der Orang-Utan, der Sumatra-Tiger und der Borneo-Zwergelefant verlieren hierdurch immer mehr natürlichen Lebensraum.

Beschleunigung des Klimawandels

Neben dem Verlust der Biodiversität kommt es durch die Umnutzung tropischer Regenwälder gleich zweifach zur Freisetzung klimaschädlicher Gase.

Durch Brandrodung oder Verrottung tropischer Urwaldriesen setzt sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte im Holz gespeichertes CO2 wieder frei.

Die Trockenlegung tropischer Torfmoorböden ist noch viel gravierender für die Umwelt. Hauptsächlich in Indonesien bildeten sich in den letzten 5000 bis 8000 Jahren mächtige Torfmoorböden mit üppigen Regenwäldern. Tiefliegende wasserreiche Areale in Küstennähe begünstigten deren Entwicklung. Durch den Abbau organischen Materials unter Sauerstoffabschluss speichern diese Böden 50-mal so viel CO2 wie andere Regenwaldböden (bis zu 6000 Tonnen CO2 pro Hektar). Für die Gewinnung neuer Palmölplantagen werden diese Sumpfgebiete durch Kanäle entwässert und kommen so wieder mit Sauerstoff in Berührung. Das bis dahin unter Wasserabschluss gespeicherte CO2 wird freigesetzt. Laut WWF trägt die Zerstörung von Torfmoorwäldern weltweit mit mehr als drei Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr zum Klimawandel bei. Dies entspricht etwa 8 Prozent der Emissionen fossiler Brennstoffe (WWF).

Problematisches Abwasser in Gewässern

Beim Pressen der Ölfrüchte entsteht in den Ölmühlen als Abfallprodukt ein Gemisch aus Wasser, Fruchtfasern, Öl und Fett. Gelangt dieses harmlos klingende Gemisch - das sogenannte POME (Palm Oil Mill Effluent) - als Abwasser in die Flüsse, wirkt sich dies mit gravierenden Folgen auf die Umwelt aus. Bakterien bauen die enthaltene organische Substanz ab und entziehen den Bächen, Flüssen und Seen dabei eine große Menge an Sauerstoff. Aufgrund des Sauerstoffentzugs sterben Wasserorganismen ab. Außerdem enthält POME Ammonium, welches sich bei den klimatischen Bedingungen der Tropen und einem hohen pH-Wert des Wassers zu Ammoniak umwandelt. Als Trinkwasser ist es nicht mehr zu gebrauchen, da Ammoniak wie ein starkes Nervengift wirkt (Fischer, Nierula 2019 S. 25).

Neben den Klimagasen, die bei der Abholzung tropischer Wälder und der Trockenlegung von Torfmoorböden entstehen, trägt POME zur Klimaerwärmung bei. Beim biologischen Abbau des Abfallprodukts entstehen pro Tonne etwa 5,5 Kilogramm Methan. Methan ist 25-mal so klimawirksam wie CO2 (UBA).

Monokulturen schaden Mensch und Umwelt

Ölpalmen werden als riesige Monokulturen angebaut. Da diese immer anfällig gegenüber Schädlingen sind, werden sie mit Pestiziden behandelt. Meist bringen die Arbeiter diese ohne ausreichende Schutzkleidung aus. Auch die unzumutbaren Arbeitsbedingungen stehen in der Kritik (Amnesty International).

Orientierung für Verbraucherinnen und Verbraucher

Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es nicht einfach, auf Palmölprodukte zu verzichten. Zwar besteht für Palmöl in Nahrungsmitteln auf dem deutschen Markt seit 2014 eine Kennzeichnungspflicht, für andere Produkte gilt dies jedoch nicht. In Wasch- und Reinigungsmitteln, Kerzen und Kosmetik verbirgt sich Palmöl hinter verschiedenen Bezeichnungen. Im 2019 erschienen Palmöl-Kompass führen die Autoren 371 Inhaltsstoffe auf, hinter denen sich Palmöl verbergen kann.

Im Nahrungsmittelbereich enthalten viele Fertigprodukte Palmöl. Die einfachste Möglichkeit um auf Palmöl zu verzichten ist, mit frischen Lebensmitteln selbst zu kochen. Auch aus gesundheitlichen Gründen sollte möglichst wenig Palmöl verzehrt werden. Mehr dazu im VSB-Tipp Palmöl in Lebensmitteln.

Außerdem empfiehlt es sich, auf nachhaltig produziertes Palmöl zu achten. Einen Überblick gibt die Palmöl-Scorecard des WWF.

Da Palmöl wesentlich weniger Fläche verbraucht als heimische Ölpflanzen, ist das Ausweichen auf andere Öle oftmals keine Lösung. Außerdem weist es einige einzigartige Eigenschaften auf, die es für Industrie und Nahrungsmittel so interessant macht. Palmöl lässt sich beispielsweise gut zu Bio-Diesel verarbeiten und verleiht Nahrungsmitteln durch den niedrigen Schmelzpunkt bei 23-35°C eine cremige Konsistenz.

Hoffnung verspricht die lateinamerikanische Acrocomia–Palme. Sie gedeiht auch in kühleren Gebieten und auf nährstoffärmeren Standorten, womit sich deren Anbau nicht auf tropische Regionen beschränkt. Erste Anbauversuche gibt es bereits in Brasilien in Kombination mit Sojapflanzen auf bereits bestehenden Plantagen.

Weiterführende Informationen:

VSB-Tipp: Palmöl in Lebensmitteln 

Frauke Fischer und Frank Nierula (2019): Der Palmöl Kompass, München: oekom-Verlag.

Forum Waschen: Verbraucherinformation zum Einsatz von Palm(kern)öl in Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln

WWF: Der Palmöl-Check 2017