Umwelt

16.10.2023

Elektroauto – ist ein Umstieg ökologisch sinnvoll?

Der Verkehrssektor verfehlt in Deutschland deutlich seine Klimaziele. Ein großer Hoffnungsträger bei der Mobilitätswende ist die Elektromobilität. Die Umstellung von konventionellen Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe verspricht eine deutliche Reduktion der CO2-Emissionen. Doch ist Elektromobilität tatsächlich klimafreundlich?

Elektroauto – ist ein Umstieg ökologisch sinnvoll?© CrispyMedia - stock.adobe.com
Die beste Umweltbilanz hat, wer sein Elektroauto mit selbst erzeugten Strom, zum Beispiel einer Photovoltaikanlage, laden kann.

Schlecht am Start, gut im Betrieb

Elektroautos haben im Betrieb deutliche Vorteile gegenüber Verbrennern: Sie verursachen keine direkten Abgase beim Fahren, der Elektromotor arbeitet wesentlich effizienter als herkömmliche Verbrennungsmotoren und sie machen weniger Lärm.

CO2-neutral sind E-Autos allerdings nicht. Zum Zeitpunkt der Auslieferung trägt ein Elektroauto durch die energieintensive Batterieproduktion einen größeren ökologischen Rucksack mit sich als ein Verbrenner. Ein Blick auf den gesamten Lebenszyklus zeigt aber, dass ein Stromer im Vergleich zum Benziner bereits heute 30 Prozent Klimagase einspart (ifeu 2020). Dabei wird ein Kompaktklassewagen mit einer Laufleistung von 150 000 km zu Grunde gelegt. Der ADAC errechnet 2022 ab Laufleistungen von 45 000 – 60 000 Kilometern einen geringeren CO2-Ausstoß der Stromer. Je nach Studie liegen unterschiedliche Werte zu Grunde. Die meisten wissenschaftlichen Studien der letzten zehn Jahre kommen zu einem deutlichen Klimavorteil der Elektroautos über den gesamten Lebenszyklus gegenüber Dieselfahrzeugen oder Benzinern. Studien, die Verbrenner im Vorteil sehen, halten meist einem Faktencheck nicht Stand oder arbeiten mit veralteten Zahlen (Schweden-Studie).

E-Auto – so ökologisch wie der deutsche Strommix

Entscheidend für die Klimabilanz eines E-Autos ist der getankte Strom. Je höher der Anteil erneuerbarer Energien, desto besser die Ökobilanz. Der deutsche Strommix bestand 2022 zu 46 Prozent aus erneuerbaren Energien (Destatis), fossile Energieträger wie Kohle und Gas machten 44,7 Prozent aus. Kohlenstoffdioxidemissionen entstehen also nicht direkt beim Fahren, sondern bei der Stromerzeugung.

Doch der Strom soll grüner werden. Um die Klimaziele zu erreichen, sieht die Bundesregierung bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung und einen möglichst schnellen Kohleausstieg bis spätestens 2038 vor (Bundesregierung). Erreichen wir diese Ziele, errechnet das ifeu-Institut einen ökologischen Vorteil eines reinen Elektroautos von 42 Prozent gegenüber einem Benziner. Auch im Vergleich zu Hybriden, Diesel- oder Erdgasfahrzeugen ist die Fahrt mit einem Elektroauto deutlich umweltfreundlicher.

Problematische Rohstoffe im Akku

Neben dem Energieaufwand steht der steigende Rohstoffbedarf für die Herstellung der Batterien im Zentrum der Kritik. Neben Lithium, Kupfer, Mangan und Nickel ist unter anderem auch Kobalt nötig.

Grundsätzlich gibt es langfristig genug dieser Rohstoffe (Frauenhofer -Institut), der Abbau findet aber teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen und mit ökologischen Risiken statt. Der Kongo ist der größte Kobaltexporteur. Ein Land, in denen Menschen- und Arbeitsrechte wenig Stellenwert besitzen. Löhne am Existenzminimum sowie Kinderarbeit sind die traurige soziale Seite der Elektromobilität. Außerdem fallen Schadstoffe wie Schwermetalle oder Feinstaub beim Bergbau an, die gesundheitliche und ökologische Schäden in Boden und Wasser nach sich ziehen können. Saubere Luft in unseren Städten verursacht also Umweltprobleme in anderen Teilen unserer Erde.

Allerdings schreitet die Entwicklung bei der Batterietechnologie schnell voran. So kommen die meist günstigeren Lithium-Eisenphosphat-Akkus völlig ohne Kobalt und Nickel aus. Mittlerweile setzten viele Autohersteller auf diese Technologie. Laut des weltweit größten Batterieherstellers CATL ist auch das Schnelladen dieser Batterien in Zukunft kein Problem mehr.

Ein zweites Leben für die Autobatterie

Ab einer Ladekapazität von 80 Prozent gelten Akkus als wenig leistungsfähig und werden ausgetauscht. Allerdings besitzen sie dann immer noch vier Fünftel ihrer Leistungsfähigkeit. Sowohl aus Umweltsicht, aber auch wirtschaftlich wäre eine Verschrottung zu diesem Zeitpunkt wenig effizient. Sinnvoller ist eine weitere Nutzung, beispielsweise als Speicher für die heimische Solaranlage. Laut Angaben des ADAC bleibt die Autobatterie auf diese Weise gut weitere zehn Jahre im Einsatz.

SUVs auch bei E-Varianten beliebt

Der Trend zu immer größeren Fahrzeugen hält weiter an. Laut Kraftfahrt-Bundesamt machten im Jahr 2022 SUVs und Geländewagen mit insgesamt 40 Prozent den größten Anteil der Neuzulassungen aus. Größere Autos sind schwerer und verbrauchen sowohl bei der Herstellung mehr Ressourcen als auch im Betrieb wesentlich mehr Energie als Kleinwagen. Statt Straßen und Parkplätze zu vergrößern, lohnt es sich, die Konsumgewohnheiten zu überdenken.

Auch in Punkto Förderung wird wenig Unterschied bei der Fahrzeuggröße oder Nutzungsgewohnheiten gemacht. Auf der Liste der förderfähigen Elektroautos der BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) finden sich Kleinwagen genauso wie SUVs wie der Audi Q8 oder der BMW iX3. Letzterer bringt zwischen 1,8 und 2,1 Tonnen auf die Waage und damit rund eine Tonne mehr als ein Familien-Kombi mit Verbrennungsmotor. Ökologisch sinnvoll ist das nicht. Je weniger Gewicht bewegt werden muss, desto weniger Energie ist für die Betankung nötig. Schon durch die Batterie ist ein E-Auto schwerer. Gerade bei Stromern lohnt es sich auf Gewicht und Größe zu achten.

Ab 2024 fällt der Umweltbonus für teure Modelle weg. Förderung erhalten dann nur noch E-Autos mit einem Nettolistenpreis bis zu 40.000 Euro. 2023 erhalten auch noch E-Autos zwischen 40.000 und 65.000 Euro Kaufpreis eine Förderung, diese fällt aber geringer aus (ADAC). Auch für junge Gebrauchte und Leasingfahrzeuge lässt sich unter bestimmten Bedingungen eine Förderung beantragen (BAFA).

Deutlicher Anstieg der E-Autos geplant

Gemessen am gesamten PKW-Bestand macht der Anteil an Elektroautos in Deutschland erst 3,9 Prozent aus. Reine E-Autos schlagen sogar nur mit gut zwei Prozent zu Buche, der Rest geht auf das Konto von Plug-In-Hybriden (Statista). Diese fahren elektrisch, der zusätzliche Verbrennungsmotor verlängert aber die Reichweite.

Die Bundesregierung will den Anteil an Elektroautos bis zum Jahr 2030 deutlich erhöhen. Anfang Juli 2023 waren in Deutschland 1,17 Millionen reine Elektroautos zugelassen. 2030 sollen auf deutschen Straßen 15 Millionen E-Fahrzeuge rollen und damit 22 Prozent ausmachen. Sinnvoll wäre hier die gezielte Förderung von kleinen E-Autos oder Nutzungsgemeinschaften. Erklären sich beispielsweise mehrere Parteien eines Hauses dazu bereit, ein Elektroauto gemeinsam zu nutzen, wären Fördermittel aus Klimasicht gut investiert.

Fazit – Mobilitätswende gelingt nicht mit E-Autos allein

Soll die Mobilitätswende gelingen, liegt die Lösung nicht allein in der Elektromobilität. Weniger Individualverkehr, mehr ÖPNV sowie Rad- und Fußverkehr oder Arbeitslösungen wie Homeoffice sind wesentlich klimafreundlicher, als weiterhin auf das eigene Auto zu setzen. Dennoch kann das Elektroauto einen Teil zur umweltfreundlicheren Fortbewegung beitragen. Für den Massenmarkt ist es aber in der Anschaffung noch zu teuer und eher ein Produkt für Besserverdienende. Zwar sind die Stromer im Unterhalt wesentlich günstiger als Verbrenner, den teuren Anschaffungspreis und das geringe Angebot an Gebrauchtfahrzeugen mit veralteter Akkutechnik schreckt aber viele Verbraucher*innen ab. Die nachhaltigste Art der Fortbewegung ist und bleibt allerdings die ohne Motor.

Weiterführende Informationen

BAFA: Förderbedingungen und Antrag für Elektroautos

Fraunhofer-Institut: Kostenanalyse Elektroauto versus Verbrenner  

VDI-Studie und Faktencheck 1 und Faktencheck 2

Deutsche Umwelthilfe: Umweltverträglichkeit Elektroautos