Umwelt

18.01.2019, Neues Verpackungsgesetz 2019

Endlich Müllwende?

Im Vorfeld von Umweltschützern kritisiert und vom Handel gefürchtet, trat am 1. Januar 2019 ein neues Verpackungsgesetz in Kraft. Viele Deutsche sehen die wachsende Verpackungsflut und die damit ansteigende Müllmenge kritisch. Doch steuern die gesetzlichen Neuerungen wirklich dagegen?

Endlich Müllwende?Foto: © Hans - Pixabay.com

Deutschland: Europäischer Spitzenreiter beim Verpackungsmüll

Neue Zahlen des Umweltbundesamtes belegen einen stetigen Anstieg der Menge an Verpackungsabfall über die letzten Jahrzehnte (UBA). 1991 lag alle Hoffnung, das Müllproblem in den Griff zu kriegen, auf der Einführung der

Mülltrennung, gesetzlich verankert in der Verpackungsverordnung. Die Händler haben seit deren Einführung für die Abholung und Entsorgung der in Verkehr gebrachten Verpackungen zu bezahlen. Glascontainer, gelbe Tonnen bzw. Säcke, Wertstoffhöfe und Papiertonnen ermöglichen seither die getrennte Sammlung und das Recycling des Abfalls.

Eine Reduzierung des Verpackungsmülls ist dadurch leider nicht gelungen. Im Gegenteil: Lag die Menge des jährlich verursachten Verpackungsmülls in Deutschland im Jahr 1991 bei 15,6 Millionen Tonnen, ist 25 Jahre später ein Anstieg auf 18,2 Millionen Tonnen (2016) zu verzeichnen. Durchschnittlich verursachte 2016 jede(r) Deutsche also 220 Kilo Verpackungsmüll und lag damit über dem EU-Durchschnitt von 167 Kilo. Der Anstieg der Verpackungsmenge ist auf verschiedene Faktoren, wie z.B. die Zunahme von Singlehaushalten, kleinere Verpackungsgrößen und veränderte Verzehr- und Konsumgewohnheiten zurückzuführen (UBA).

Die meisten Verpackungen bestehen aus Papier, Pappe oder Karton, gefolgt von Holz, Kunststoff und Glas. Gerade der Verbrauch von Papier und Pappe ist enorm angestiegen. Von 1992 bis 2016 wurde in diesem Bereich eine Zunahme um 540 Prozent verzeichnet. Diese Entwicklung geht vor allem auf das Konto des boomenden Online-Handels (UBA).

Glas wurde zwischen 1991 und 2005 massiv durch Kunststoff ersetzt (UBA).

Abb.: Entwicklung des Verpackungsaufkommens bei Glas und Kunststoff in Tausend Tonnen (Grafik: VSB, Daten: Umweltbundesamt)

 

Was bringt das neue Verpackungsgesetz?

Anders als das im Dezember 2018 von den EU-Staaten beschlossene Verbot bestimmter Einweg-Plastikprodukte (z.B. Ohrenstäbchen, Einweg-Geschirr, Trinkhalme) erfuhr die Einführung des neuen Verpackungsgesetzes nur wenig öffentliche Aufmerksamkeit.

Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ändert sich auch nur wenig: Beim Einkauf im Supermarkt fallen die Schilder mit der Kennzeichnung „Einweg“ oder „Mehrweg“ auf. Diese Kennzeichnungspflicht ermöglicht es, umweltfreundlichere Mehrwegverpackungen auf einen Blick zu erkennen. Der Anteil an Mehrwegflaschen sank die letzten Jahre stetig. Laut Umweltbundesamt lag er 2004 noch bei 66 Prozent, 2016 nur noch bei 42,8 Prozent (UBA).

Das angestrebte Ziel von 70 Prozent Mehrweganteil liegt damit in weiter Ferne, das neue Gesetzt soll gegensteuern. Die Kennzeichnungspflicht von Einwegverpackungen gilt allerdings nicht, wenn darin spezielle Getränke wie z.B. Gemüse- und Fruchtsäfte, Wein oder Sekt abgefüllt sind.

Für den Handel bringt das neue Verpackungsgesetz einige Änderungen mit sich: Alle Erstinverkehrbringer von Verpackungen sind verpflichtet, sich in einem zentralen Verpackungsregister mit Namen LUCID zu registrieren. Zuvor konnten vor allem kleine Händler der Pflicht entgehen, für die Kosten der Entsorgung ihrer in Verkehr gebrachter Verpackungen aufzukommen. Auch jeder kleine Online -Händler ist nun verpflichtet, sich zu registrieren und Lizenzgebühren zu zahlen (Verpackungsgesetz2019). Im Mittelpunkt des neuen Gesetzes steht die Erhöhung der Recyclingquoten. Unternehmen, die besonders recycelfähige Verpackungen auf den Markt bringen, erhalten finanzielle Vorteile. Auf diese Weise soll die Recyclingquote bis zum Jahr 2022 beispielsweise bei Kunststoff von derzeit 50,6 auf 63 Prozent gesteigert werden (DHZ).

Kritische Stimmen

Der Verabschiedung des neuen Verpackungsgesetzes ging ein zähes Ringen unterschiedlicher Interessensgruppen voraus. Umweltverbände zeigen sich vom Ergebnis enttäuscht. Auch bei diesen Verhandlungen konnten die Interessengruppen keine einheitliche Wertstofftonne für alle Haushalte durchsetzen. Schon in den Neuerungen früherer Verpackungsverordnungen machten sich verschiedene Umweltminister für die Wertstofftonne stark. Kommunale und wirtschaftliche Interessensgruppen verhinderten dies, denn Müll ist ein einträgliches Geschäft für Abfuhrunternehmen und Kommunen (AZ).

In einer einheitlichen Wertstofftonne hätten neben Plastikverpackungen, wie in der gelben Tonne oder dem gelben Sack, auch jegliches andere Plastik, Altmetalle und Elektrokleingeräte entsorgt werden dürfen. Diese müssen meist an kommunalen Wertstoffhöfen abgegeben werden. Die Wertstofftonne hätte es den Verbrauchern leichter gemacht, Wertstoffe abzugeben. Entsorgen Verbraucher diese über den Restmüll, gehen häufig wertvolle Rohstoffe verloren.

Mit dem neuen Verpackungsgesetz obliegt die Entscheidung, eine Wertstofftonne einzuführen oder nicht, den Kommunen. Auch heute schon ist das Müllsystem in jedem Landkreis unterschiedlich geregelt und für die Bürgerinnen und Bürger nur schwer zu durchschauen. Das neue Verpackungsgesetz bringt hier keine Klarheit, sondern eher eine weitere Diversifizierung mit sich.

Ob das neue Verpackungsgesetz die Müllmenge reduziert und die Recyclingquote erhöht, bleibt abzuwarten. Es ist jedoch in jedem Fall nur ein Baustein im Kampf gegen das steigende Müllaufkommen. Jeder einzelne ist in der Lage, effiziente Maßnahmen zu ergreifen – denn Müllvermeidung ist besser als jedes Recycling. Tipps für zum Beispiel verpackungsarmes Einkaufen finden Sie auf unserer Homepage und bei unserer Plastikfastenaktion.

 

Quellen:

BMU: Neues Verpackungsgesetz stärkt Recycling und Mehrweg

Umweltbundesamt: Gründe für den Anstieg der Verpackungsabfälle

Umweltbundesamt: Verpackungen

Umweltbundesamt: Neues Verpackungsgesetz

heiseonline: Kampf der Verpackungsmüll