Umwelt

21.09.2023

Gesunde Böden für ein gesundes Klima

Kaum ein Tag vergeht in den letzten Wochen, an dem nicht das Thema Extremwetter in den Nachrichten erscheint. Große Hitze und Brände, aber auch Starkregenereignisse und Sturzfluten mit Überflutungen und Erdrutschen bestimmen immer häufiger unser Wetter und haben Folgen auf den Wasserhaushalt und die Böden. Diese Entwicklung zwingt uns zum schnellen Handeln in den unterschiedlichsten Bereichen. Wie gelingt eine Abkühlung unserer Umgebung und wie hängt diese mit Boden und Vegetation zusammen? Was muss jetzt passieren, um die Böden als wichtige Kohlenstoffspeicher zu erhalten und deren Wasseraufnahmekapazität zu stärken?

Gesunde Böden für ein gesundes Klima© Maksim Pasko - stock.adobe.com

Der Klimawandel zeigt sich immer deutlicher

Der Klimawandel ist längst im Gange: Besonders auffällig neben der Zunahme der Extremwetter ist die lange Reihe der wärmsten Jahre in den letzten 30 Jahren.

Die Darstellung der Klimaveränderung anhand der Klimastreifen (im Original „warming stripes“), die Temperaturdaten einer definierten Region im Laufe der Zeit leicht verständlich darstellen, ist inzwischen allgegenwärtig. Der britische Klimawissenschaftler Ed Hawkins, Professor für Klimawissenschaft an der University of Reading, kam auf die Idee, die Dynamik der Erhitzung der Erde mittels einer einfachen Übersicht zu verdeutlichen und veröffentlichte sie im Jahr 2018 zum ersten Mal (#ShowYourStripes). Die Mitte der Farbskala ist auf das langjährige Mittel für den Zeitraum 1971 bis 2000 gelegt. Das Farbspektrum von blauen Farbtönen steht dabei für zu niedrige Temperaturen, rote Töne für zu hohe. Die Übersicht für Europa zeigt 1996 als letztes zu kaltes Jahr, alle anderen Jahre bis 2022 waren bereits zu warm.

Böden als Kohlenstoffsenken schützen

Böden und Vegetation spielen beim Klimawandel eine wichtige Rolle. In der Humusschicht des Bodens sind enorme Mengen an Kohlenstoff gespeichert. Die organische Substanz im Boden besteht etwa zur Hälfte aus Kohlenstoff und ist ein wichtiges Merkmal der Bodenfruchtbarkeit. Fruchtbarer Boden bildet sich sehr langsam. Bodenorganismen bauen abgestorbene Pflanzenteile über komplexe Prozesse mit Mineralien zu Bodenkohlenstoff ab und um. Böden mit einem hohen Gehalt an organischer Substanz können Wasser und Nährstoffe besser speichern.

Begünstigt durch Klimawandel sind weltweit Böden gefährdet. Durch höhere Bodentemperatur und geringere Bodenfeuchte emittiert mehr Kohlendioxid, die Erosionsgefahr steigt. Der IPCC-Bericht „Klimawandel 2021“, eine Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung, weist darauf hin, dass jeder Zuwachs an globaler Erwärmung eine größere Veränderung der regionalen Durchschnittstemperatur, des Niederschlags und der Bodenfeuchte bedeutet.

Durch Zwischenfrüchte mehr Biomasse im Boden

Ändert sich die Landnutzung, zum Beispiel durch die Abholzung von Regenwäldern, Grünlandumbruch oder die Trockenlegung von Mooren verstärkt sich dieser Prozess. Die Kohlenstoff-Senke wird zur Kohlenstoff-Quelle.

Forschungsergebnisse aus Deutschland zeigen, dass Wälder, Wiesen und Weiden in Europa derzeit Kohlenstoffsenken darstellen. Durchschnittliche Ackerstandorte gelten hingegen als schwache Quellen. Humusaufbau in Acker und Grünland hilft den Kohlenstoffspeicher Boden zu schützen. Erste Projekte aus der Landwirtschaft beschäftigen sich bereits damit, die Kohlenstoffbindung in den Böden zu fördern. Untersaaten, Zwischenfrüchte oder Zwischenfruchtmischungen verhindern Abtrag des offenen Bodens auf Ackerflächen.

Die Dürre lässt das Bodenleben verhungern und zerstört diesen damit langfristig. Streifenanbau (Stripfarming) oder strukturierte Landschaften mit Hecken und Bäumen helfen den Boden zu kühlen, das Wasser im Boden zu halten, Bodenabtrag und Staubstürme zu vermeiden. Im Sommer sind beschattete Böden um einige Grad kühler als offene Flächen.

Moorverträgliche Bewirtschaftungsmaßnahmen und neue Pflanzenbausysteme

Die Fruchtbarkeit des Bodens spielt eine besondere Rolle für die Kohlenstoffspeicherung. Kohlenstoff in größerer Bodentiefe bleibt besonders gut im Boden. Pflanzenwachstum und Durchwurzelung fördert die Zersetzungsleistung der Bodenorganismen. Erst- und Wiederaufforstung oder die Wiederbefeuchtung von Mooren speichert Kohlenstoff aus der Luft im Boden. Zur klimafreundlichen Moorbewirtschaftung gibt es in Deutschland eine Reihe von Projekten. In Bayern beschäftigt sich die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft mit der an die angehobenen Grundwasserstände angepassten Nutzung.

Bei der Bewässerung von Anbauflächen gilt es ebenso umzudenken, die Bodenfeuchte und Verdunstung zu erhöhen, um den Mikrokosmos im Boden zu stärken. Im Acker verlegte Röhren, die die Pflanzen tröpfchenweise mit Wasser versorgen, sparen nicht nur Wasser sondern, regen die Wurzelbildung an und erhalten das Bodenleben.

Gewässererwärmung: Wassertemperaturen in Flüssen und Bächen senken

Jede Temperaturerhöhung spiegelt sich auch in den Gewässern wider. Der Klimawandel setzt Gewässern und Auen enorm zu. Naturnahe Bäche und Uferstreifen bilden einen wichtigen Beitrag zum Temperaturausgleich. Beschattung am Gewässer wirkt einer zu starken Erwärmung entgegen. Zu den geeigneten Maßnahmen zählen Gewässerrandstreifen und begrünte Abflussmulden oder Feuchtflächen zum Rückhalt von Erosionsmaterial anzulegen, Kies-, Sand- und Lehm-Auen zu entwickeln.

Renaturierungsmaßnahmen dienen gleichzeitig der Anpassung und Sicherung von Böden bei Sturzfluten. Zusätzlich kommt es bei Starkregen zu einer Überlastung der Siedlungsentwässerung und vermehrtem Bodenabtrag. Durch diesen Oberflächenabfluss steht das Regenwasser dem Grundwasserkörper nicht mehr zur Verfügung. Sinkende Grundwasserpegel gefährden dann Quellen, Quellmoore, Streuwiesen und Auengewässer. Hochwasserlagen bedeuten Boden- und Ufererosion – Erosionsschutz und Infiltrationen gilt es zu verbessern. Um einen Ausgleich zur fortgeschrittenen Begradigung der Gewässer zu schaffen, dem Uferverbau entgegenzuwirken und damit dem Hochwasserschutz und der Ökologie zu dienen, bedarf es einer Aufweitung des Geländes, eines Ausbaus an Ruhezonen und Überschwemmungsmöglichkeiten.

Flächen entsiegeln und Städte an den Klimawandel anpassen

Mit fortschreitender Versiegelung stehen immer mehr Flächen, die Siedlungen, Verkehrswege oder intensive Landwirtschaft in Anspruch nehmen, dem Ökosystem Boden nicht mehr zu Verfügung. Verbauter Boden geht als Kohlenstoffspeicher verloren, gleichzeitig steigt die Hochwassergefahr auf den Flächen.

Zu den Maßnahmen der ersten Stunde gehört nicht nur Städte zu begrünen. Die Städte sollten das viele Wasser wie ein Schwamm aufsaugen und in Dürre oder Hitzeperioden Kühlung durch Verdunstung schaffen können. Sogenannte Schwammstädte enthalten viele verschiedene Elemente wie wasserdurchlässige Beläge, Versickerungsmulden, Feuchtbiotope, naturnahe Regenwasserbewirtschaftung, unterirdische Zisternen, Bewässerung von Bäumen, Notabflusswege, Rückhalteflächen von Starkregen, die oberflächige Ableitung verzögern, Fassadenbegrünung, Gründächer, Tiefbeete, Baumrigolen und vieles mehr.

Als ein gelungenes Beispiel in diesem Zusammenhang gilt Kopenhagen. Dort liegen bereits erste Ergebnisse vor, wie die unterschiedlichen Maßnahmen wirken, den Niederschlag in der Stadt auf unversiegelten Flächen zu halten, die ihn aufsaugen und sammeln, um ihn wieder in den Kreislauf zu bringen.

Alle Akteure sind betroffen und gefragt

Was für Städte und Kommunen im Großen sinnvoll ist, gilt auch für zu Hause, im Garten und auf dem Balkon. Inzwischen gibt es in einigen größeren Städten in Bayern eine Satzung, die die Freiflächenbepflanzungen im Sinne des Klimaschutzes regelt, um sogenannten Schottergärten vorzubeugen. Demnach sind alle Freiflächen zu bepflanzen und wasseraufnahmefähig zu belassen.

Mulden und Senken im Garten entsiegeln Flächen und schaffen größere Versickerungsmöglichkeiten für Wasser. Regenwassernutzung mittels Zisternen oder anderem hilft Wasser sinnvoll einzusetzen. Mulchen schützt den Boden vor Austrocknung und Erosion, gleichzeitig hilft es den Boden mit Nährstoffen zu versorgen und die Bodenlebewesen und Pflanzen zu stärken. Ein mit Mulch bedeckter Boden verdunstet weniger Wasser. Kleine Teiche oder Sumpfbeete kühlen die Umgebungsluft und sind gleichzeitig Tränken für Vögel und andere Gartenbewohner. Wichtig ist bei der Pflanzenauswahl an die trockenen Sommer zu denken und an Bodenart und Standort angepasste und Pflanzen zu wählen. Klimaschutz bedeutet auch auf Torf zu verzichten und nur torffreie Erde zu nutzen.

Dem Klimawandel zu begegnen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Verbraucher*innen, Kommunen, Landwirtschaft, Waldbesitzer, Stadtplanung und alle weiteren Akteure sind gefragt, wenn es darum geht zu Handeln.

Weiterführende Informationen:

Aktuelle Klimadaten: Deutscher Wetterdienst

VSB-Tipp: Klimawandel und CO2 - Zusammenhänge, Hintergründe und Prognosen

https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/klimawandel-und-co2-zusammenhaenge-hintergruende-und-prognosen

VSB-Tipp: Klimawandel: Gut vorbereitet auf Extremwetter

https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/klimawandel-gut-vorbereitet-auf-extremwetter

Umweltbundesamt: Humusstatus der Böden

https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/boden/humusstatus-der-boeden#humusfunktionen-und-gehalte-von-boden

Film: Städtebau der Zukunft -Hilft die Schwammstadt gegen Hochwasser?

https://www.ardalpha.de/wissen/umwelt/klima/schwammstadt-klimawandel-regenwasser-104.html

Klima-Kompetenzzentrum im UBA

https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/kompetenzzentrum-kompass-0

Bayerisches Landesamt für Umwelt: Klimawandel und kleine Gewässer (Arbeitshilfe)

https://www.lfu.bayern.de/wasser/gewaessernachbarschaften/index.htm