Umwelt
07.10.2024
Hoch hinaus: Begrünung auf engem Raum
Mehr Grün in Städten gilt als wichtige Maßnahme gegen zunehmende Hitze infolge des Klimawandels. Da häufig wenig Fläche vorhanden ist, bleibt nur Platz zur Bepflanzung in die Höhe. Viele Hauseigentümer befürchten Schäden durch eine Fassadenbegrünung. Mit der richtigen Pflanzenauswahl ist diese Angst unbegründet. Der VerbraucherService Bayern gibt Tipps und motiviert zum Mitmachen.
Aufgrund der hohen Versiegelung ist die Zunahme von Hitzetagen in Städten besonders spürbar. Städte können sich um bis zu acht Grad mehr aufheizen als das Umland. Als wichtige Maßnahme gegen gesundheitsgefährdende Hitze gelten Begrünungsmaßnahmen. Denn Pflanzen tragen durch Verdunstung und Beschattung zur Abkühlung ihrer Umgebung bei. Pflanzen im Wohnumfeld sind mehr als ein Beitrag zur Klimaanpassung. Die Pflanzen schützen das Mauerwerk vor Wind und Regen und verhindern das Aufheizen, so dass Temperaturextreme an der Wandoberfläche kleiner ausfallen. Dies führt nicht nur zu kühleren Umgebungstemperaturen, sondern verringert zudem die Materialbelastung. Darüber hinaus verbessern Pflanzen die Luftqualität, mindern Lärm und fördern die Artenvielfalt (Nabu).
Zwei Varianten bei der Begrünung von Wänden
Die Begrünung von Fassaden, Balkonen, Zäunen oder Mauern ermöglicht Pflanzenwachstum selbst auf engem Raum. Bei der Begrünung von Wänden gibt es zwei Varianten: Die wandgebundene Begrünung wird direkt an die Fassade montiert und ist vergleichsweise teuer und aufwändig. Hier bedarf es fachmännischer Beratung und Ausführung. Infos finden sich unter anderem im Praxisratgeber der LWG.
Einfacher umsetzbar ist die bodengebundene Form: Hier wachsen die Pflanzen direkt im Boden oder in einem Topf an der Fassade. Für bodengebundene Begrünung auf dem eigenen Grundstück ist keine baurechtliche Genehmigung erforderlich. Ausnahmen gelten für denkmalgeschützte Gebäude oder bei Inanspruchnahme öffentlicher Straßenflächen. Bei Eigentumswohnungen muss die Eigentümergemeinschaft, bei Mietwohnungen der Vermieter zustimmen. Anforderungen an Standsicherheit, Abstandsflächen und Verkehrssicherheit sind einzuhalten (Regenwasseragentur Berlin).
Im Weiteren wird nur die bodengebundene Fassadenbegrünung behandelt.
Klettergerüst passend zur Pflanze
Rankgitter aus Holz, Bambus oder Metall, Seilsysteme aus Edelstahl oder Ranknetze ähnlich einem Maschendrahtzaun: Es gibt eine Vielzahl an Kletterhilfen. Wichtig ist, dass das Gerüst zur Kletterstrategie der gewählten Pflanze passt. Denn Pflanzen haben unterschiedliche Strategien, um an Flächen emporzuwachsen (LWG):
- Selbstklimmer erklimmen Wände mithilfe von Haftwurzeln bzw. Haftscheiben und benötigen keine Kletterhilfe. Bekannte Beispiele sind Efeu und Wilde Weine. Kletterhortensien wachsen direkt an Mauern hoch, lassen sich aber auch an einem Gerüst ziehen. Wichtig: Selbstklimmende Pflanzen sind nicht für jede Mauer geeignet. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.
- Schlingpflanzen winden sich spiralförmig um eine senkrechte Kletterhilfe. Dies können Seilsysteme, Stäbe oder Pfosten sein. Unproblematisch sind einjährige Arten wie beispielsweise Prunkwinde, Feuerbohne oder die Schwarzäugige Susanne. Zu den mehrjährigen Schlingern zählen Hopfen, der jedes Jahr neu austreibt, Pfeifenwinde, Akebie, Geißblätter und Kiwis. Vorsicht ist bei sehr starkwüchsigen Arten wie Blauregen, Baumwürger oder Knöterich geboten: Sie entwickeln mit der Zeit starke Kräfte und benötigen stabile Kletterhilfen mit ausreichendem Wandabstand.
- Bei Rankpflanzen wie beispielsweise Weinreben, Clematis oder Wicken sind Blätter bzw. Sprossachsen zu Greiforganen umgebildet, mit denen die Pflanze Gegenstände umwickelt und so Halt findet. Ranker brauchen gitter- oder netzförmige Wuchshilfen, die dünn genug sind, damit sich ihre Ranken gut darum wickeln können. Geeignet sind Gitter, Netze sowie Seile oder Stäbe mit dünnen Querstreben.
- Spreizklimmer verhaken sich mithilfe steifer Triebe wie Dornen oder Stacheln. Hierzu zählen Arten wie Winterjasmin, Kletterrosen, Brombeeren oder Feuerdorn. Sie brauchen gitterförmige Hilfen bzw. horizontale Querverstrebungen, in denen sich die Pflanzentriebe verankern können oder gegebenenfalls anbinden lassen.
Fassaden lassen sich auch indirekt begrünen, indem Pflanzen vor oder auf sie gepflanzt werden. Spalierbäume beispielsweise können linear vor einer Wand gezogen werden. Für kleine Gärten, Balkon oder Terrasse gibt es schwachwüchsige Sorten im Topf. Eine weitere Möglichkeit ist die Begrünung von Mauern, Fensterbrettern oder Balkonen mit hängenden Pflanzen. Bei Balkonkästen und Pflanzkübeln ist auf eine feste Verankerung zu achten.
Die passende Auswahl der Pflanzen vermeidet Schäden
Nicht alle Kletterpflanzen sind für jeden Einsatzbereich geeignet. Um Schäden durch die Fassadenbegrünung zu verhindern, sind folgende Aspekte zu beachten:
- Mit der Zeit bilden insbesondere starkwüchsige Kletterpflanzen ein beachtliches Gewicht. Bei Wind, Regen und Schnee wirken zusätzliche Kräfte, die es bei der Wahl der passenden Verankerung zu berücksichtigen gilt. Selbstklimmer wie Efeu und Wilder Wein eignen sich nicht zur Begrünung von wärmeisolierten oder hinterlüfteten Fassaden, da diese dem Gewicht nicht standhalten.
- Regelmäßige Kontroll- und Pflegeschnittmaßnahmen sind unverzichtbar, um Gewicht und Windangriffsfläche zu reduzieren und die Bereiche um Fenster und Dachkante frei zu halten. Dies verhindert Schäden am Gebäude und trägt zum Brandschutz bei.
- Wer eine Begrünung mit Efeu plant, muss zuvor sicherstellen, dass keine Schäden am Mauerwerk vorhanden sind. Denn Efeus bildet Haftwurzeln aus, die in kleine Risse eindringen und diese gegebenenfalls vergrößern. Stürme können großflächige, alte Efeubestände von der Wand reißen. Ab einer Wuchshöhe von drei Metern ist eine Absturzsicherung empfehlenswert (LWG).
- Ebenfalls wichtig: Selbstklimmer wie Efeu und Wilder Wein lassen sich nur schwer wieder entfernen. In der Regel bleiben Haftwurzeln bzw. Haftscheiben zurück, die die Optik beeinträchtigen. Sie eignen sich daher in erster Linie zur dauerhaften Begrünung. Wer Fassadenbegrünung nur ausprobieren möchte, greift besser zu anderen Pflanzen.
- Vorsicht geboten ist auch bei starkwüchsigen Schlingern wie Blauregen, Baumwürger oder Knöterich: Bei falscher Bepflanzung können sie Regenrinnen regelrecht erwürgen oder Stahlseile aus der Verankerung reißen. Schäden lassen sich durch die richtige Erziehung an einer geeigneten Kletterhilfe und regelmäßige Kontrollen vermeiden.
- Stabilität und Wandabstand des Klettergerüsts an der Hauswand richten sich nach der Pflanze. Bei Pflanzen mit dünnen Trieben wie Clematis ist ein Abstand von acht bis zehn Zentimetern ausreichend, bei Blauregen sind es etwa 20 Zentimeter (Regenwasseragentur Berlin).
Fassadenbegrünung ist vielfältig
Sichtschutz zum Nachbar? Verschönerung des Carports oder des Stellplatzes für die Mülltonnen? Begrünter Sonnenschutz mithilfe einer Pergola? Oder sommerliche Blütenpracht an Zäunen oder Gabionen? Die Einsatz- und Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig.
Die einen erfreuen sich an Blüten, andere möchten Früchte ernten, wieder andere einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten oder sich vor Hitze schützen. Kletterpflanzen gibt es für jeden Einsatzbereich. Je starkwüchsiger eine Pflanze ist, desto größer die Fläche, die sie erklimmt. Efeu, Wein oder Knöterich bedecken mit der Zeit komplette Hauswände und brauchen regelmäßig Zuschnitt auch in größeren Höhen.
Es muss nicht gleich die gesamte Fassade sein. Wer nur kleine Flächen vorübergehend begrünen möchte, wählt einjährige oder schwachwüchsige Arten. Für Balkon oder Terrasse gibt es Pflanzbehälter mit integrierter Rankhilfe, diese lassen sich aber auch leicht mithilfe von Drähten, Bambusstäben etc. selbst erstellen. Wichtig ist, dass die Rankhilfe zur Pflanze passt.
Darauf gilt es bei der Pflanzenauswahl zu achten
- Größe der zu begrünenden Fläche und Wuchshöhe der Pflanze: Je nach Pflanze lassen sich Höhen von nur ein bis zwei Metern bis hin zu über 15 Metern begrünen. Wichtig: Starkwüchsige Pflanzen sind nicht für kleine Wandflächen geeignet.
- Schatten oder Sonne? Kletterspindel, Geißblatt, Hortensie oder Pfeifenwinde gedeihen im Schatten, während Rosen, Kiwi oder Weinsorten einen sonnigen Standort benötigen.
- Topf oder Boden? Bei einer Pflanzung direkt im Boden ist auf eine ausreichend große Pflanzgrube sowie einen Schutz der Grundmauer vor Wurzeln zu achten. Mit Topfpflanzen lassen sich Fassaden flexibel, auch auf Balkon oder Terrasse, begrünen. Wichtig sind eine ausreichende Topfgröße, stabiler Stand, Bewässerung und Drainage.
- Bestehende Elemente wie beispielsweise Zäune, Gabionen oder Fallrohre nutzen oder spezielle Rankhilfe an der Hauswand anbringen? Ersteres ist schnell und kostengünstig umsetzbar. Die Errichtung eines Rankgerüsts benötigt mehr Planung und verursacht höhere Kosten. Teils stehen Fördergelder zur Verfügung.
Nicht nur der Standort, auch die persönlichen Vorlieben beeinflussen die Pflanzenauswahl. Wer Früchte ernten möchte, hat beispielsweise Weinreben, Kiwis, Brombeeren, Spalierbäume oder einjährige Gemüsesorten wie Stangenbohnen, Gurke oder Kapuzinerkresse zur Auswahl. Blühende Arten wie Rosen, Feuerbohnen, Winden und Wicken locken mit ihren Blüten Insekten an und setzen optische Akzente. Immergrüne Arten wie Efeu, Geißblatt oder Spindelstrauch haben auch im Winter eine wärmedämmende Wirkung. Wem es insbesondere um sommerlichen Hitzeschutz auf der Südseite geht, wählt sonnenliebende Arten mit dichtem Blattbewuchs. Wilde Weine bieten zudem eine schöne Herbstfärbung. Es gibt auch Sorten wie die rankende Jungfernrebe, die ohne Haftscheiben wachsen.
Weiterführende Infos
Beratung bei der Pflanzenauswahl bieten Fachhändler. Eine Übersicht über Pflanzen zur Fassadenbegrünung gibt es bei „Mehr Grün am Haus“.
Eine Übersicht über Fördermöglichkeiten hat der Bundesverband GebäudeGrün e. V. zusammengestellt.
Green City: Praxisratgeber Begrünung
Ökolöwe Umweltbund Leipzig: Die Vielfalt der Kletterpflanzen
Mein Eigenheim: Fassadenbegrünung ohne Schäden
Nabu: Grüne Fassaden. Arten der Fassadenbegrünung und passende Pflanzen