Umwelt

19.05.2023

Klimawandel: Gut vorbereitet auf Extremwetter

Passend zum Earth Day am 22. April sind erneut alarmierende Zustandsberichte zum Klimawandel erschienen: Die Weltwetter-Organisation (WMO) berichtet in ihrer Jahresmitteilung über die drastisch zunehmende Gletscherschmelze und den damit einhergehenden Meeresspiegelanstieg. Der EU-Klimabeobachtungsdienst Copernicus listet den Sommer 2022 als heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 und das gesamte vergangene Jahr als das zweitwärmste seit der Wetteraufzeichnung. Die zehn wärmsten Jahre in Europa sind alle zwischen 2000 und 2022 zu verzeichnen. Starkniederschläge und lange Trockenperioden nehmen zu. Doch welche Maßnahmen helfen bei Extremwettereignissen?

Landschaft und Häuser versinken im Hochwasser© bilanol - stock.adobe.com
Die Häufigkeit extremer Wetterereignisse hat weltweit zugenommen.

Klimawandelsignale beim Niederschlag

Der Klimawandel hat inzwischen auch in Deutschland deutlichen Einfluss auf das Wetter und ist fühlbar. Die Häufigkeit extremer Wetterereignisse wie Dürren, Starkregen und Hagel hat weltweit zugenommen (Sechster Sachstandsbericht des IPCC). Immer mehr Menschen sind unmittelbar davon betroffen. Vermehrt kommen auch in Deutschland heftige Niederschläge und Dürreperioden vor. So fanden sich im Sommer 2022 in Deutschland, Spanien und Großbritannien in Europa die größten Trockenheitsanomalien (Copernikus).

Global betrachtet hat die Erderwärmung Einfluss auf den Jetstream, der unser Wetter maßgeblich bestimmt und in Europa für die Bildung der Hoch- und Tiefdruckgebiete verantwortlich ist. Durch den Anstieg der Temperatur verlangsamt er seine Dynamik. Die Tiefdruckgebiete drehen sich an Ort und Stelle und bringen dort deutlich mehr Niederschlag und Starkregen. Hinzu kommt, dass wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann, sich größere Wolken bilden, die wiederum Starkregen begünstigen.

Der Zusammenhang von Extremwetterereignissen und dem Klimawandel lässt sich gut anhand eines Würfels erklären, bei dem die Zahl Sechs für die Extremwetterereignisse steht. Diese Wetterereignisse hat es schon immer gegeben, doch deren Wahrscheinlichkeit verändert sich mit dem Klimawandel, sie treten deutlich häufiger auf. Das bedeutet für das Würfelbeispiel, andere Seiten des Würfels wären so manipuliert, dass sie auch mit einer Sechs belegt wären. Dadurch erscheint der Sechser beim Würfeln häufiger.

Zunahme der Dürreperioden im Sommer

Bei den langjährigen Messungen des Niederschlags in Bayern zeichnet sich folgende Entwicklung ab: Die Niederschlagsverhältnisse haben sich merklich verändert (Deutscher Wetterdienst (DWD)). Im Winterhalbjahr findet eine signifikante Zunahme der Niederschläge um über 20 Prozent zum jährlichen Durchschnitt statt. Der Sommerniederschlag hingegen nimmt immer mehr ab. Das ist besonders im trockeneren Norden Bayerns zu spüren und hat bereits erste Auswirkungen, wie sehr niedrige Flusspegel, die Gegenmaßnahmen erfordern. Die Kombination aus Klimaerwärmung und weniger Niederschlag verursacht im Frühling und Sommer zunehmende Trockenheit (BR).

Starkregenereignisse nehmen zu und Grundwasserstände sinken

An den Wetterstationen am Alpenrand wuchs die Anzahl der Starkregentage mit mehr als 20 Liter pro Quadratmeter in den vergangenen 60 Jahren am stärksten an (DWD). Durch Hochwasser und kleinräumige Überschwemmungen entsteht ein enormes Schadensrisiko. In den Wintermonaten steigt durch den vermehrten Niederschlag der direkte Abfluss des Regens. Das Wasser versickert nicht mehr wie früher – zum Teil in Schnee gebunden – langsam und füllt den Grundwasserkörper. Durch die anhaltenden Niederschläge steigt auch die Hochwassergefahr.

Deutlich ist dies an den einzelnen Grundwassermessstellen in Bayern zu beobachten. Daten des Bayerischen Rundfunks (BR) zusammen mit dem Recherchezentrum Correctiv an rund 1.600 Messstellen belegen: An 40 Prozent der bayerischen Messstellen ist das Grundwasser in den vergangenen 20 Jahren gesunken – zum Teil deutlich. An knapp der Hälfte aller ausgewerteten Messstellen ist das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen. Für ganz Deutschland belegen das auch die Daten aus der Satellitengravimetrie (Studie Güntner et al, 2023), die die Veränderungen der Wasserspeicherung in Deutschland seit 2002 misst. Dabei handelt es um wissenschaftliche Messungen räumlicher und zeitlicher Abweichungen von Satellitenbahnen aufgrund der unterschiedlichen Erdanziehungskraft infolge unterschiedlicher Grundwasserstände.

Welche Maßnahmen helfen?

Auf staatlicher Ebene haben in den letzten Jahren ins Wasserrecht übernommene EU-Richtlinien, zum Beispiel zum Hochwasser-Risikomanagement, Einzug gehalten. Seit 2023 bündelt nun in Deutschland eine nationale Wasserstrategie wasserbezogene Maßnahmen in den relevanten Sektoren. Sie setzt neben bundesweiter Datenerhebung auf Förderung, rechtlichen Regelungen, Wissensaufbau und Dialog, um die Versorgung mit Trinkwasser auch in den nächsten Jahren zu gewährleisten und Grundwasser und Ökosysteme schützen.

Am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) ist die Entwicklung eines nationalen Wasserinformationssystems mit den Komponenten Monitoring, Vorhersage und Klimafolgen geplant. Es bietet in Extremsituationen wie extreme Trockenheit, Absinken des Grundwasserspiegels und die Niedrigwasserführung von Oberflächengewässern eine fundierte Basis für das Handeln von Unternehmen und Behörden.

Ein erster Schritt ist auch ein bundesweites, nutzergruppenspezifiziertes Niedrigwasserinformationssystem „NIWIS“. In Bayern gibt es bereits den Niedrigwasser-Informationsdienst und seit über 100 Jahren einen Hochwassernachrichtendienst. Er hat sich bei der Warnung vor Hochwasser und dem rechtzeitigen Einleiten von Schutzmaßnahmen bewährt. Die Öffentlichkeit kann sich jederzeit über die aktuelle Situation und weitere Entwicklungen informieren.

So viel Natur wie möglich: Die Bedeutung des Bergwaldes

Die Anpassung an den Klimawandel ist eine Gemeinschaftsaufgabe und eine Investition in die Zukunft. Neben den Strategien zur Vermeidung der Treibhausgasemissionen helfen eine Reihe von Maßnahmen vor Ort. Am Alpenrand und besonders in den steileren Lagen mit geringerer Bodendecke spielt beim Schutz vor Starkregen vor allem ein intakter Bergwald eine entscheidende Rolle. Denn ein intakter Wald kann als natürlicher Rückhalt in kurzer Zeit sehr große Mengen Niederschlag aufnehmen und die durch Starkregen verursachten Murenabgänge verhindern.

Zudem ist Wald ein wichtiger Kohlendioxid-Speicher.

Flüsse renaturieren, Flächen entsiegeln und Regenwasser versickern lassen

In die gleiche Richtung geht die Renaturierung von Flussauen und Altwässern: Bei Hochwasser können natürliche Überschwemmungsgebiete ohne Schaden überfluten. Grundstücke und Verkehrsflächen rund ums Haus sind oft wasserdicht mit einem Belag aus Asphalt, Beton oder Pflastersteinen abgedeckt. Diese Flächen gilt es zu entsiegeln, so dass Regenwasser in die Erde sickern kann.

Von wachsender Bedeutung sind auch städtebauliche Lösungen wie begrünte Dächer und Gebäudefassaden, Wasserflächen, verschattete Plätze, vernetzte Grünflächen und insgesamt die Entsiegelung von Flächen. Das Grün in der Stadt hilft, bei Starkregen Wasser zurückzuhalten. Es sorgt aber auch für Schatten, verbessert die Luftqualität und verringert den Lärm.

Wichtige Maßnahmen zum Hochwasserschutz sind auch Regenwassernutzung und Zisternen in Haus und Garten. Inzwischen empfiehlt sich bei Neupflanzungs- und Renaturierungsmaßnahmen nicht nur auf größere Entsiegelungsflächen, sondern auch auf wärmeangepasste Arten zu achten.

Weiterführende Informationen:

VSB-Tipp: Klimawandel und CO2 – Zusammenhänge, Hintergründe und Prognosen

https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/klimawandel-und-co2-zusammenhaenge-hintergruende-und-prognosen

VSB-Tipp: Holz: nachwachsender Rohstoff im Blick

https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/holz-nachwachsender-rohstoff-im-blick

VSB-Tipp: Medikamentenrückstände im Wasser

https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/medikamentenrueckstaende-im-wasser

Jahresbericht 2023 der Weltwetterorganisation

https://public.wmo.int/en/media/press-release/wmo-annual-report-highlights-continuous-advance-of-climate-change

Sechster Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC: Intergovernmental Panel on Climate Change) 2015-2023

https://www.de-ipcc.de/270.php

Europäischer Klimabericht (European State of the Climate 2022)

https://climate.copernicus.eu/esotc/2022/european-state-climate-2022-summary