Umwelt

12.05.2025

Leitungswasser – auch heute unbedenklich genießbar?

Leitungswasser gehört in Deutschland zu den am strengsten kontrollierten Lebensmitteln und erfüllt hohe Qualitätsstandards. Es ist preiswert, umweltfreundlich und jederzeit verfügbar. Doch immer wieder tauchen Berichte über Schadstoffe wie Mikroplastik, neue Chemikalien und Rückstände im Trinkwasser auf. Können Verbraucher*innen ihr Leitungswasser weiterhin bedenkenlos genießen? Ein aktueller Überblick.

Leitungswasser, Hahn, Trinkwasser© Lazy_Bear - stock.adobe.com
Leitungswasser bleibt eine sichere Wahl – Prävention ist aber nötig

Strenge Kontrollen und hohe Standards

Trinkwasser in Deutschland unterliegt einer der strengsten Überwachungen weltweit. Die Trinkwasserverordnung regelt, dass Grenzwerte nicht überschritten und welche Stoffe im Wasser enthalten sein dürfen. Öffentliche Wasserversorger sind verpflichtet, regelmäßig Proben zu nehmen und diese auf eine Vielzahl von Parametern zu untersuchen – von Bakterien und Viren über Schwermetalle bis hin zu bestimmten Pestiziden. Überschreiten bestimmte Stoffe die Grenzwerte im Rohwasser, wird es aufbereitet und kommt erst mit guter Qualität in das Leitungssystem.

Laut des aktuellen Qualitätsberichts des Bundesministeriums für Gesundheit und des Umweltbundesamtes werden über 99 Prozent aller Grenzwerte eingehalten. In den meisten Regionen ist das Leitungswasser sogar von so hoher Qualität, dass es sich problemlos auch für die Zubereitung von Babynahrung verwenden lässt.

Problematische Stoffe – Trinkwasserversorgung vor neuen Herausforderungen

Weltweit sind mehr als 350 000 verschiedener Chemikalien im Umlauf. Angesichts dieser Zahl wird klar, dass unser Trinkwasser nicht auf alle diese Stoffe regelmäßig überprüft werden kann. Dabei vergessen wir oft, dass Wasser im Kreislauf zirkuliert. Einmal verschmutzt, lassen sich Chemikalien oft nur mit sehr hohem Aufwand oder gar nicht entfernen. Besonders problematisch sind schwer abbaubare und mobile Chemikalien wie Melamin oder 1,4-Dioxan (BUND), da sie auch mit modernsten Filtermethoden nicht entfernt werden können. Das Umweltbundesamt identifizierte 259 dieser sogenannten PMT/vPvM-Stoffe. Trotz der hohen Standards steht die Trinkwasserversorgung demnach vor neuen Herausforderungen.

Moderne Industrie, Landwirtschaft und der steigende Medikamentenkonsum führen dazu, dass immer mehr Schadstoffe ins Grundwasser gelangen. Besonders im Fokus stehen dabei die sogenannten PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), auch als „Ewigkeitschemikalien“ bekannt. Sie sind extrem langlebig, schwer abbaubar und können sich in Mensch und Umwelt anreichern. Sie kommen nicht natürlich in der Umwelt vor, durch ihre wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften sind sie aber in vielen Alltagsgegenständen wie beschichteten Pfannen, Regenkleidung, Papierbeschichtungen oder Löschschäumen zu finden. Sie gelangen beispielsweise als Abrieb von Kleidung oder von Industrieanlagen in Boden, Wasser und Luft.

Auch Rückstände von Arzneimitteln (siehe auch VSB-Tipp Medikamentenrückstände im Wasser), hormonell wirksamen Substanzen und Pestiziden lassen sich zunehmend im Wasser nachweisen.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) überarbeitete 2023 deshalb die Trinkwasserverordnung: Sie enthält nun strengere Grenzwerte für Schwermetalle wie Blei, Arsen und Chrom. Diese giftigen Schwermetalle können bei Grenzwertüberschreitungen zu schweren Gesundheitsschäden führen. Bleirohre müssen bis Ende 2026 ersetzt werden. Zudem wurden erstmals Grenzwerte für bestimmte PFAS, Bisphenol A (ein hormonell wirksamer Stoff aus Kunststoffen), Chlorat, Chlorit und Halogenessigsäuren eingeführt (BMG) sowie einige PFAS verboten. Diese Maßnahmen sollen die Verbraucher*innen noch besser schützen.

Pestizide: Ein unterschätztes Risiko?

Pestizide gelangen vor allem durch die Landwirtschaft ins Grundwasser. Besonders problematisch: Viele Pestizide zerfallen in langlebige Abbauprodukte, die sich ebenfalls im Wasser anreichern können. In einigen Regionen in Bayern wurden in den letzten Jahren erhöhte Werte dieser Chemikalien im Trinkwasser gemessen (LfU). Die gesundheitlichen Risiken reichen von hormonellen Störungen bis hin zu einem erhöhten Krebsrisiko.

Zwar gibt es in Deutschland strenge Grenzwerte für Pestizide im Trinkwasser, doch werden nicht alle Abbauprodukte routinemäßig überwacht. Das Umweltbundesamt empfiehlt deshalb, die Überwachung auszuweiten und auch bislang wenig beachtete Stoffe stärker in den Blick zu nehmen.

Mikroplastik im Trinkwasser

Konventionelle Klärwerke entfernen Mikroplastik durchschnittlich zu 95 Prozent, optimierte Anlagen sogar zu 99 Prozent (DWA). Aber besonders kleine Nanoplastik bleiben im gereinigten Wasser zurück. Der Mensch nimmt über Luft und Nahrung jedoch wesentlich mehr Mikroplastikpartikeln auf, sodass die Aufnahme über das Trinkwasser kaum ins Gewicht fällt.

Innovative Technologien für sauberes Wasser

Um den neuen Herausforderungen zu begegnen, sind innovative Technologien und weitere Forschungen erforderlich. Diese sind aber noch nicht flächendeckend im Einsatz. Hochentwickelte Membranfilter, magnetische Nanopartikel oder Umkehrosmose-Anlagen ermöglichen es, auch schwer abbaubare Schadstoffe wie PFAS oder bestimmte Pestizide aus dem Wasser zu entfernen.

Laut StMUV plant Bayern rund 90 von etwa 2.300 Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe auszustatten. Diese ausgewählten Anlagen zur Entfernung von Spurenstoffen wie Arzneimittelrückstände oder Industriechemikalien reinigen dann etwa 40 Prozent des bayerischen Abwassers und tragen damit zum Gewässer- und Gesundheitsschutz bei.

Fazit: Leitungswasser bleibt eine sichere Wahl – Prävention ist aber nötig

Für die große Mehrheit der Verbraucher*innen bleibt Leitungswasser in Deutschland ein sicheres und hochwertiges Lebensmittel. Auch Mineralwasser aus Flaschen kommt aus dem Wasserkreislauf und ist vor Verschmutzungen durch den Menschen nicht geschützt. Die gesetzlichen Vorgaben und regelmäßigen Kontrollen bieten einen sehr hohen Schutzstandard. Die kontinuierliche Anpassung der Grenzwerte und die Einführung neuer Überwachungsparameter tragen dazu bei, auch auf neue Herausforderungen angemessen zu reagieren. Dennoch sind weiter Schutzmaßnahmen erforderlich, damit problematische Chemikalien erst gar nicht im Wasserkreislauf landen.

Sauberes Wasser – Tipps für Verbraucher*innen:

  1. Entsorgen Sie keine Schadstoffe über Toilette oder Ausguss
    Medikamente, Speisereste, Öle, Fette, Farben, Lacke oder Reste von Wasch- und Reinigungsmitteln gehören nicht ins Abwasser. Entsorgen Sie diese im Restmüll bzw. der Wertstoffsammelstelle.
  2. Kaufen Sie Produkte aus ökologischem Anbau
    Bioanbau verzichtet auf chemisch-synthetische Pestizide und chemisch-synthetische Düngemittel.
  3. Verzichten Sie im Garten und auf dem Balkon auf Chemie
    Synthetische Düngemittel und Pestizide können ins Grundwasser gelangen und dort das Trinkwasser belasten. Nutzen Sie stattdessen Kompost als natürlichen Dünger und entfernen Sie Unkraut mechanisch.
  4. Dosieren Sie Wasch- und Reinigungsmittel richtig
    Passen Sie die Dosierung von Wasch- und Reinigungsmitteln an den Verschmutzungsgrad und die Wasserhärte an. Greifen Sie beim Putzen zu umweltfreundlichen Alternativen wie Natron oder Zitronensäure.
  5. Vermeiden Sie Konsumprodukte mit PFAS
    Antihaft-Pfannen, wasserabweisende Kleidung oder Verpackungen gibt es auch ohne PFAS.
  6. Gehen Sie sorgsam mit Trinkwasser um

Einfache Maßnahmen schützen die wertvolle Ressource Wasser: wassersparende Armaturen einbauen, Duschen statt baden oder Regenwasser zum Gießen und als Brauchwasser im Haushalt nutzen.

Weiterführende Informationen:

BUND: PFAS im Trinkwasser

Heinrich-Böll-Stiftung und BUND: Wasseratlas 2025

Heinrich-Böll-Stiftung: Pestizide im Wasser: da schwimmt was mit

Umweltbundesamt: PFAS | PFAS. Gekommen, um zu bleiben.

VSB: Kampf gegen Nitrat in Boden und Grundwasser