Umwelt

17.01.2022

Rohstoff Sand:  Begehrt, knapp und kaum recycelt 

Sand stellt nach Wasser die weltweit am häufigsten verbrauchte natürliche Ressource dar. Der begehrte Rohstoff ist sehr knapp, obwohl er auf der Erde nach Wasser und Luft am häufigsten vorkommt. Wie kommt das und wie ist ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource möglich?

Rohstoff Sand:  Begehrt, knapp und kaum recycelt Foto: © ferkelraggae - stock.adobe.com

Sand steckt als Grundlage in zahlreichen unterschiedlichen Produkten wie beispielsweise Glas oder Ziegelsteinen. Etwa 200 verschiedene Nutzungsmöglichkeiten in unterschiedlichsten Branchen befördern die Nachfrage (WWF). Sand kommt beim Straßenbau, beim Staudammbau, zur Verfüllung der zahlreichen Kabelkanäle, in Klebstoffen, Lacken, Kunststoffen und Solaranlagen zum Einsatz. Als Basis steckt Sand außerdem in zahlreichen Baustoffen, in Zement oder Beton. Ein ungebrochener Bauboom lässt seit Jahren den Bedarf steigen, denn immer mehr Menschen leben in den Städten. So benötigt in Deutschland der Bau eines mittelgroßen Einfamilienhauses etwa 200 Tonnen Sand, die Konstruktion eines Kilometers Autobahn ungefähr 30.000 Tonnen.

Rohstoff Sand: Entstehung, Verbreitung und weltweiter Raubbau

Vom Ausgangsmaterial, aus dem der Sand entstanden ist, hängt seine Struktur, Oberflächenbeschaffenheit und seine Verwertbarkeit für verschiedene Produkte ab. Sand entsteht durch Verwitterung und Erosion aus Gestein. Wasser aus Regen, Bächen und Flüssen spült immer feinere Partikel in unterschiedlichen Korngrößen in unsere Flüsse und schließlich in die Meere. Die Qualität des Materials unterscheidet sich, abhängig von der Entstehung, teils erheblich. Das Sediment aus Flüssen ist eher kantig und rau. Wüstensand dagegen eher rund und sehr feinkörnig. Hier hat der Wind den Sand glattgeschliffen. Dieser hält nicht gut genug zusammen und eignet sich daher kaum zur Herstellung von Beton. Sand, der sich an Meeresküsten findet, ist oft durch die Zerkleinerung von Muscheln und Vulkangestein entstanden. Reiner Quarzsand hingegen ist wegen des hohen Anteils an Siliziumoxid begehrt. Für industrielle Zwecke nutzt man meistens hochreinen Sand, der nur aus einer einzigen Komponente besteht. Mitteleuropa besitzt viele Lagerstätten mit besonders hoher Reinheit und einer günstigen Korngrößenverteilung.

Die Förderung und der Verbrauch von Sand lassen sich weltweit nur schätzen. Die UN-Umweltbehörde UNEP beziffert in ihrem Bericht 2019 die globale Abbaumenge auf 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies pro Jahr. Die größte Menge, etwa zwei Drittel, landet auf dem Bau. Anhand des Betonverbrauchs – im Beton steckt ein Drittel Sand – lässt sich berechnen, dass sich der globale Sand- und Kiesbedarf in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht hat. Konservativen Schätzungen der UNEP zufolge baut die Menschheit jährlich doppelt so viel ab, wie alle Flüsse der Welt nachliefern. In absoluten Zahlen ist China als bevölkerungsreichstes Land mit 55 Prozent der weltweiten Produktion auch der größte Sandverbraucher. Den meisten Sand pro Kopf importiert und verbraucht derzeit aber der boomende Stadtstaat Singapur für seine rapide wachsende Bevölkerung für Hochhausbauten und Landgewinnung aus dem Meer. Die Stadt Dubai ließ, um die palmenförmige Inselgruppe Palm Jumeirah aufzuschütten, 385 Millionen Tonnen Sand, zum Großteil aus Ostaustralien, anliefern.

Der UNEP Bericht listet auch die Folgen des Raubbaus auf: Er schädigt die Ökosysteme von Küsten- und Flusslandschaften, Tiere und Pflanzen verlieren ihren Lebensraum, Menschen Nahrungsressourcen. Gebiete sind anfälliger für Überschwemmungen und Stürme, wenn Dünen und Strände abgebaut worden sind. Die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Sandgewinnung und des Sandverbrauchs sind eine neue Herausforderung für die internationale Gemeinschaft. Der Bericht will einen handlungsorientierten Ausgangspunkt für eine globale Diskussion darüber schaffen, Sandressourcen in Zukunft verantwortungsvoll zu nutzen.

Sandabbau in Deutschland

In Deutschland stammen Sande und Kiese aus den Ablagerungen, die Flüsse und Gletscher im Lauf von hunderttausenden Jahren aus dem Gestein erodiert und hinterlassen haben, geologisch bedingt vor allem im Voralpenraum, im Norden und in den Flussniederungen. Rund 2000 Sand- und Kiesgruben fördern jährlich 240 Millionen Tonnen Kies und Sand, um daraus Gebäude und Brücken, Häuser und Straßen zu bauen (Deutschlandfunk). 

Aktuell hat Deutschland kein geologisches Sandproblem, der Bedarf lässt sich vor allem mit heimischen Rohstoffen decken, sondern eher ein Verfügbarkeitsproblem von Baurohstoffen. Insbesondere mangelt es an für den Sand- und Kiesabbau genehmigten Flächen. Auch hierzulande entstehen Konkurrenzsituationen auf Flächen, die dem Wasser- oder Naturschutz gewidmet sind, gleichzeitig hervorragende Abbaumöglichkeiten für Sande und Kiese bieten. Aus ökologischer Perspektive stellen sich allerdings nicht nur Fragen nach Verbrauch und Verfügbarkeit von Quarz- und Bausanden, sondern auch nach einer sparsameren, nachhaltigeren Verwendung dieser wichtigen Rohstoffe.

Bauwirtschaft: erste Ansätze von Sandrecycling

Baustoffe sind nicht nur die am meisten verwendeten Rohstoffe Deutschlands. Mineralische Bauabfälle bilden auch die mit Abstand größte Abfallmenge. 220 Millionen Tonnen Erde, Steine, Asphalt und Beton fielen laut Umweltbundesamt im Jahr 2018 an. Dieser Abfall wird nach Angaben der Behörde zu über 90 Prozent verwertet, was auch „niederwertige“ Maßnahmen wie der „Deponiebau“ oder die „Verfüllung von Abgrabungen“ beinhaltet. Eine bundesweit einheitliche Mantelverordnung zum Einsatz von Recyclingbaustoffen trat im Frühjahr 2021 in Kraft. Sie war zunächst nach heftigen Protesten der Baubranche in der Regierungsberatung in Berlin gescheitert. Das enorme Recyclingpotenzial von Baustoffen bekommt eine besondere Bedeutung. Technisch kann recycelter Betonbruch, je nach Einsatzbereich, einen immer größeren Teil des natürlichen Sandes ersetzen, wenn er die gewünschten mechanischen Eigenschaften aufweist. Ein längst praktiziertes Paradebeispiel für Wiederverwertung ist der aus gemahlenen Ziegeln hergestellte Tennissand.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Rohstoffknappheit kann zukünftig bereits die natürliche Preisentwicklung von Sand ausreichend sein, um die Nachfrage nach Flachglasscherben zu erhöhen und den Wiedereinsatz in neuen Produkten zu fördern.

Ein gutes Beispiel kommt aus Florida: In groß angelegten Feldstudien versucht der US-Bundesstaat, weggespülte Strände mit gemahlenem Glas neu aufzufüllen. Da das Glas ursprünglich aus Sand hergestellt wurde, handelt es sich hier um innovatives Recycling; die Ergebnisse sind vielversprechend. Die auf diese Weise neu gewonnenen Landmassen werden auch von Flora und Fauna angenommen und dienen zum Beispiel Schildkröten zur Eiablage (Dirk Hebel, KIT/ ETH Zürich Zukunftsblog). 

Ausblick

In Sachen Nachhaltigkeit der Rohstoffförderung und -verwendung muss sich beim Sand- und Kiesabbau einiges verändern. In Zukunft bedarf es eines vorsichtigeren Umgangs mit unseren Ressourcen. Dabei könnte Recyclingbeton eine klimafreundliche Alternative darstellen. Wegen des Mangels an Baumaterial ist es empfehlenswert, über den Einsatz von Alternativen aus zerriebenen Gläsern, Bruchsteinen, Plastik oder auch Holz nachzudenken. 

Tipps für Verbraucher*innen

  • Überdenken Sie Ihren Platzbedarf. Einen Altbau zu sanieren, macht aus ökologischer Sicht oft mehr Sinn, als ein neues Haus zu bauen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg in Deutschland die Wohnfläche je Einwohner von 1998 mit 39 Quadratmeter auf 47,4 Quadratmeter im Jahr 2020.
  • Denken Sie bei Neubauten und Sanierungen auch an nachhaltigere Baustoffe wie Holz.
  • Lassen Sie öfter mal das Auto stehen. Weniger Individualverkehr erfordert weniger Straßenneubauten und Sanierungen.
  • Auch Energiesparmaßnahmen helfen Sand zu sparen, da weniger Kraftwerke, Staudämme, Windkraft- und Solaranlagen nötig sind.
  • Aus Umweltsicht ist eine Neuanschaffung von Alltagsprodukten meist der schlechtere Weg, nutzen Sie deshalb die Gebrauchsdauer aus.

Weiterführende Links:

Hintergrundbericht des Deutschlandfunks „Sand /ein nur scheinbar unendlicher Rohstoff“ 

VSB-Tipp „Sand – knapper Rohstoff unserer Zeit“

Download des englischsprachigen UNEP-Berichts „Sand and Sustainability“