Umwelt

24.02.2022

Schluss mit Fast Fashion! Fußabdruck von Kleidung verkleinern

Ständig neue Kleidungsstücke zu erschwinglichen Preisen überschwemmen den Markt. Die kurzlebigen Modetrends haben gravierende Auswirkungen in den Herstellungs-Ländern. Wir dürfen uns diese Verschwendung nicht weiter leisten. Politik, Unternehmen und Konsumenten sind gemeinsam gefordert, Mode nachhaltiger zu gestalten. Wie gelingt es, sich gut zu kleiden, ohne Mensch und Umwelt weltweit zu belasten?

Schluss mit Fast Fashion! Fußabdruck von Kleidung verkleinernFoto: © ronstik - stock.adobe.com

Die Textil- und Modebranche hinterlässt einen großen Fußabdruck. Sie verursacht schätzungsweise zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen und verbraucht 79 Milliarden Kubikmeter Wasser (European Parliament). Zum Vergleich: Der Wasserfußabdruck von Deutschland beträgt etwa 117 Milliarden Kubikmeter pro Jahr (Umweltbundesamt). Allein das Färben und Veredeln von Textilien sind für 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung verantwortlich (Europäisches Parlament). Nicht nur die Produktion, auch die Entsorgung der wachsenden Mengen an Altkleidung wird zunehmend zum Problem. Rein rechnerisch landet jede Sekunde weltweit eine LKW-Ladung Textilien in der Verbrennung oder auf Deponien (European Commission).

In den nächsten Jahren rechnen Experten mit einer weiter steigenden Textilproduktion, entsprechend nehmen auch die negativen Umweltfolgen zu.

„Neuer Schnitt, neues Glück“ oder „high waist = high waste“?

Individueller Stil, abgeänderter Schnitt, neue Trendfarbe: Ständige Neuheiten verleiten zum Neukauf. Die Abstände, in denen neue Kleidungsstücke auf den Markt kommen, verkürzen sich ständig. Gab es früher vier Kollektionen pro Jahr, bringen manche Modeketten mittlerweile wöchentlich oder sogar täglich neue Kleidungsstücke auf den Markt. Entsprechend kurz ist ihre Nutzungsdauer.

Die schnelllebige Modeindustrie nennt sich Fast Fashion und kam erst durch den massenhaften Einsatz billig produzierter Chemiefasern auf den Markt. Im Jahr 2020 wurden weltweit rund 108,3 Millionen Tonnen Textilfasern produziert, knapp drei Viertel davon waren Chemiefasern (81 Millionen Tonnen) (Statista). Überwiegend Niedriglohnländer mit geringen Umweltauflagen und unter katastrophalen Arbeitsbedingungen produzieren die kurzlebige Billigkleidung.

#outfitupdate – schneller Klick, kurzes Glück

Der Boom im Online-Handel und auf Social Media beschleunigt den Trend zu Fast Fashion weiter. Online-Shopping ist bequem von zuhause aus möglich, und zwar rund um die Uhr. Auch die Vermarktung erfolgt online, wie das Beispiel des umstrittenen Fast Fashion-Giganten Shein zeigt. Algorithmen ermöglichen auf die Person zugeschnittene Werbeanzeigen, Influencer*innen preisen ihren Followern laufend schicke Klamotten an und setzen gleich den entsprechenden Link mit Rabattcode für den Online-Kauf dazu. Wenige Klicks und schon kommt das neue Teil direkt ins Haus. Wo wir tatsächlich bestellen, ist dabei eher Nebensache und teils wenig transparent. Auch bei Online-Marktplätzen ist häufig erst auf den zweiten Blick ersichtlich, woher die Kleidung kommt: Lange Lieferzeiten deuten darauf hin, dass die Ware direkt aus Fernost kommt.

Vorsicht Retoure: Die Kosten für eine Retoure liegen bei dem Verbraucher*in, wenn sie im Widerruf darüber informiert wurden. Gerade eine Retoure nach Fernost kann im Vergleich zum Warenwert sehr teuer werden. Zudem gehen Rücksendungen zulasten der Umwelt, teils kommt retournierte Ware sogar in die Vernichtung. Bestellen Sie deshalb bewusst, informieren Sie sich über den Online-Händler und achten Sie auf die Widerrufsbelehrung und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, damit der schnelle Klick nicht zum Ärgernis wird.

I am sustainable – Greenwashing bei Kleidung

Nachhaltigkeit ist zu einem Verkaufsargument geworden, das zeigt sich auch bei Mode. Nachhaltigkeitsversprechen im Internet sowie Etiketten mit Aufdrucken wie „I am sustainable“ oder „aus Recycling“ erwecken den Eindruck, dass es sich um engagierte Hersteller und umweltfreundliche Mode handelt. Doch hier ist Vorsicht geboten, denn die Aussagen sind nicht eindeutig definiert und damit wenig aussagekräftig. Der Umweltnutzen fällt dabei sehr unterschiedlich aus, wie das Beispiel „Aus Recyclingmaterialien“ zeigt.

Die Angabe „Aus Recyclingmaterialien“ bezieht sich insbesondere auf den Einsatz von PET-Flaschen, vereinzelt recyceln Hersteller auch Plastikmüll aus Ozeanen. Die Verwendung von Plastikmüll aus der Umwelt ist kritisch zu bewerten und dient insbesondere dem Image und Marketingzwecken, wenn daraus lediglich eine einzelne Kollektion hergestellt und werbewirksam vermarktet wird. Zu hinterfragen ist auch der ökologische Vorteil, wenn aus Einwegflaschen billige Fast Fashion entsteht. Während PET-Flaschen zu neuen PET-Flaschen verarbeitet werden können, lassen sich Fasern wie Polyester derzeit nicht recyceln und landen im Müll. Die Stoffe bestehen in der Regel nicht vollständig aus recyceltem Material. Wie hoch der Anteil an Recyclingmaterial tatsächlich ist, ist meist nicht ersichtlich. Der Einsatz von Rezyklat spart zwar Rohöl, lässt jedoch keine Rückschlüsse auf den Einsatz von Chemikalien und die Einhaltung von Arbeitsrechten in der Weiterverarbeitung zu.

Vorsicht Greenwashing: Lassen Sie sich nicht von Werbeversprechen blenden, achten Sie auf transparente Informationen und empfehlenswerte Gütezeichen. Information finden Sie unter Siegelklarheit.de.

Zweite Chance oder Endstation Umwelt?

Das Altkleideraufkommen ist mittlerweile so groß, dass es die Nachfrage deutlich übersteigt. Während die Menge zunimmt, lässt die Qualität nach. Tragbare Kleidung, die hierzulande nicht vermarktet werden kann, kommt in der Regel in den Export. Dies betrifft sowohl Kleidungsstücke aus Altkleidersammlungen als auch Restbestände aus Läden. Abnehmer sind insbesondere Länder in Osteuropa, Afrika und Südamerika. Doch auch dort finden nicht alle Kleidungsstücke Verwendung und das ist problematisch: Berichte über Altkleidermüll beispielsweise in der Atacama-Wüste machen auf ein neues Problem durch Fast Fashion aufmerksam: Die Entsorgung der weltweit wachsenden Altkleidermengen.  

Während Textilien aus Baumwolle zur Herstellung von Putzlappen oder Dämmmaterial verwendet werden können, sind die vorherrschenden Mischgewebe mit hohen Anteilen an synthetischen Fasern für diese Form der Wiederverwertung nicht geeignet. Mit 80 Prozent kommt der Großteil der weltweit anfallenden Altkleider in die Verbrennung oder landet auf Deponien (BMUV). Dabei gehen wertvolle Ressourcen verloren und Schadstoffe gelangen in die Umwelt.

Politik, Wirtschaft oder Verbraucher*innen – alle müssen handeln

Billig produziert, weit gereist, kaum getragen und am Ende nicht recycelt – so sieht der Lebensweg vieler Kleidungsstücke aus. Wir dürfen uns diese Verschwendung zu Lasten von Menschen und Umwelt nicht weiter leisten. Sowohl Politik und Unternehmen als auch Konsumenten sind hier in der Pflicht und müssen sich die Frage stellen: wie viel Kleidung braucht die Welt und wie gelingt es, dass wir uns besser kleiden?

Politik: Es gibt erste Ansätze, um die negativen Umweltfolgen durch die Modeindustrie zu reduzieren. Das Lieferkettengesetz verpflichtet ab 2023 Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern dazu, Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten zu übernehmen. Die Obhutspflicht im Kreislaufwirtschaftsgesetz soll verhindern, dass es zur Vernichtung von Überhängen und retournierter Ware kommt. Und die Recyclingstrategie der EU schreibt eine gesonderte Sammlung von Altkleidern ab 2025 vor. Doch es braucht weitere Vorgaben, damit Kleidung von vornherein umweltfreundlich und recyclingfähig hergestellt wird und Hersteller Verantwortung für die Entsorgung der von ihnen produzierten Kleidungsstücke übernehmen.

Unternehmen: Während große Modeketten nach wie vor auf Fast Fashion setzen, gibt es auch Unternehmen, die nachhaltige Mode und langlebige Textilien herstellen. Umweltfreundlich und fair produzierte Mode ist mittlerweile in unterschiedlichen Stilrichtungen erhältlich, einige Marken setzen auf Qualität und Reparatur ihrer Kleidungsstücke. Auch das wachsende Angebot an Secondhand-Kleidung zeigt, dass ein Umdenken stattfindet. Die große Masse ist allerdings nach wie vor Fast Fashion.

Konsumenten: Erforderlich sind schließlich auch ein angemessenes Konsumverhalten und ein wertschätzender Umgang mit Kleidung. Fast Fashion zu Dumpingpreisen ist nur vermeintlich günstig: Ein T-Shirt, das fünf Euro kostet und nur einmal getragen wird, ist letztlich teurer als ein T-Shirt für 20 Euro, das wir zehnmal tragen. Anstatt viel billig zu kaufen ist es besser, ein vermeintlich teures Kleidungsstück zu wählen, an dem Sie lange Freude haben. Wichtig ist, den Überblick im Kleiderschrank zu behalten und sich vor jedem Neukauf zu fragen: Wie wurde das Kleidungsstück produziert, werde ich es wirklich tragen, (wie) lässt es sich am Ende weiter verwerten? Ob vor Ort oder online, umweltfreundlich und fair produziert, langlebig und secondhand – das Angebot an nachhaltiger Mode ist vielfältig. Ein persönlicher Stil trägt zum Wohlbefinden bei und befreit von immer schnelleren Modetrends. Eine schonende Wäschepflege ermöglicht eine lange Nutzung und am Ende hilft ein kreativer Umgang mit ausrangierter Altkleidung, Ressourcen zu sparen und Müll zu vermeiden.

Weiterführende Infos: 

VSB-Tipps zum Kleiderneukauf: „Nachhaltig schick – Wegweiser umweltfreundliche Kleidung

VSB-Tipps zum Online-Shopping: „Wie umweltfreundlich ist Online-Shopping?

VSB-Tipps zum Waschen: „Wäschepflege leicht gemacht – effizient, schonend & sauber

VSB-Tipps zum Umgang mit Alttextilien: „Rohstoffe im Blick: Was tun mit ausrangierter Kleidung

VSB-Video „Hippe Klamotten - Wenn Influencer authentisch wären

Externe Links:

bvse-Fachverband Textilrecycling: Umweltauswirkungen von Textilproduktion und -abfällen 

bvse-Fachverband Textilrecycling: Fast Fashion Trend entwickelt sich zur Gefahr für hochwertiges Textilrecyclingsystem 

Greenpeace: Freiwillige Selbstverpflichtung – ein Mode-Märchen über grüne Fast-Fashion

Haushaltspflege – Kompetenzpartner im IKW: Der ökologische Rucksack eines weißen Baumwoll-T-Shirts in Deutschland: Was trägt alles zur Umweltbilanz bei?

Umweltbundesamt: Abfallvermeidung von Textilien - Überblick zu gesetzlichen Regelungen

Brust Raus - Youtube-Kanal (DASDING - Angebot vom SWR): Wie Shein und TikTok Fashion kaputt machen 

Simplicissimus – Youtube-Kanal (funk - Gemeinschaftsangebot von ARD und ZDF): Shein – Doku