Verbraucherrecht
24.04.2025
Achtsam in den Ruin? Skepsis bei Coaching-Verträgen
Um intuitiv abzunehmen, den richtigen Partner zu finden oder finanziell unabhängig zu werden, kommt es nur auf das richtige Mindset an. Das jedenfalls behaupten zahlreiche Coaches im Internet und laden zu Programmen, Kursen, Master Classes oder ähnlichem. Sie treffen auf zahlreiche interessierte Verbraucher*innen, denn Selbstoptimierung liegt im Trend. Häufig werden die Erwartungen allerdings nicht erfüllt und die Kosten der Coaching-Verträge sind beträchtlich.

Coaching-Verträge: Prüfung im Vorfeld sinnvoll
Coach nennen kann sich jeder, denn die Berufsbezeichnung ist rechtlich nicht geschützt. Deswegen rät der VerbraucherService Bayern Verbraucher*innen nicht zu zögern, nach der Erfahrung des Coaches zu fragen. Liegt eine Ausbildung oder Zertifizierung vor? Gibt es vertrauenswürdige Referenzen? Je breiter und allgemeiner die Ziele gefasst sind, desto mehr gilt es zu hinterfragen, ob der Coach wirklich in allen Bereichen versiert sein kann.
Wer einen Coaching-Vertrag abschließt, sollte darauf achten, dass transparent erklärt wird, welche vertraglichen Leistungen der Coach erbringen wird. Handelt es sich vorrangig um vorgefertigte Video- und Printinhalte oder gibt es auch interaktive Module und Betreuung? Bestehen Sie auf eine eindeutige Leistungsbeschreibung und vereinbaren Sie mit dem Coach, was die vertraglichen Konsequenzen sind, wenn diese Ziele nicht erreicht werden oder wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Coach und sogenanntem Coachee nicht mehr stimmt?
Warnsignale – hier ist Vorsicht angesagt
- Um alle Fragen zu klären, sollte grundsätzlich ein kostenfreies Erstgespräch möglich sein.
- Wenn sich Verbraucher*innen um Coachingplätze bewerben müssten, sollten die Alarmglocken schrillen. Da die Coaches mit ihren Leistungen Geld verdienen, werden sie regelmäßig allen einen Platz geben, die dafür bezahlen.
- Werden Interessierte bei Vertragsschluss zeitlich unter Druck gesetzt, so gilt bei Coaching-Verträgen – wie bei allen anderen auch – Finger weg.
- Wenn Privatpersonen einen Coach buchen, in den Vertragsunterlagen aber steht, sie seien Unternehmer, gilt ebenfalls Vorsicht. Dies kann ein Versuch sein, Verbraucherrechte auszuhebeln.
- Sollen Verbraucher*innen während des Coachings selbst zum Coach ausgebildet werden, könnte es sich um ein Schneeballsystem handeln, welches lediglich der Gewinnmaximierung dient.
- Fokussiert sich das Coaching sehr stark die Person des Coaches, so steht vermutlich nicht der persönliche Erfolg im Mittelpunkt, sondern es wird darauf abgezielt, ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu erschaffen.
- Bewertungen im Netz gilt es kritisch zu hinterfragen. Bei ausschließlich besonders guten Bewertungen kann es sein, dass Fälschungen im Spiel sind.
Ansprüche wegen mangelhafter Leistung
Ansprüche wegen mangelhafter Leistung geltend zu machen, ist in diesem Bereich oftmals nicht einfach, weil die Coaches ihre vertraglichen Versprechungen eher vage halten. Wenn aber beispielsweise versprochene Materialien nicht oder nicht vollständig zur Verfügung gestellt werden, so können Gewährleistungsrechte greifen.
Von nicht gewollten Coaching-Verträgen lösen
Wirksamer Vertrag
Zunächst ist zu fragen, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen worden ist. Für einen wirksamen Vertragsschluss bedarf es zwei übereinstimmender Willenserklärungen. Über die wesentlichen Vertragsbestandteile wie Preis und Inhalt der Leistung muss Klarheit und Einigkeit herrschen. Ob dem so ist, muss der Coach beweisen, wenn er eine Geldforderung erhebt.
Widerruf
Ob bei einem Vertrag ein Widerrufsrecht besteht, hängt grundsätzlich davon ab, auf welche Art und Weise der Vertrag zustande gekommen ist. Bei Verträgen, die online, am Telefon oder bei Veranstaltungen abgeschlossen werden, gibt es grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Ab dem Zeitpunkt der Belehrung über das Widerrufsrecht besteht die Möglichkeit, sich innerhalb von 14 Tagen vom Vertrag zu lösen. Gründe sind nicht zu nennen. Erfolgt keine ordnungsgemäße Belehrung, können Verbraucher*innen sich insgesamt ein Jahr und 14 Tage lang wieder vom Vertrag lösen.
Ein Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn Verbraucher*innen explizit darauf verzichten und der sofortigen Bereitstellung der Dienstleistung zustimmen. Tipp: Seien Sie hier vorsichtig, denn darauf wird im Coachingbereich vielfach abgezielt. Lassen Sie sich im Zweifelsfall beraten.
Anfechtung
Eine Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung kommt in Betracht, wenn ein Coach wider besseres Wissen falsche Versprechungen macht, um Verbraucher*innen in den Vertrag zu locken.
Sittenwidrigkeit
Ein Coaching-Vertrag gilt als sittenwidrig, wenn die Leistung des Coaches und das verlangte Entgelt in einem krassen Missverhältnis stehen. Es reicht aber nicht, dass die Leistung als „zu teuer“ empfunden wird, es geht eher um ein Vielfaches des Marktwerts. Im Einzelfall entscheiden die Gerichte (zum Beispiel AG Vechta 11C 464/24).
Kündigung
Ein Vertrag über eine bestimmte Laufzeit kann durch Kündigung beendet werden. Sollten keine vertraglichen Regelungen zu den Kündigungsfristen vorhanden sein, so greifen die gesetzlichen Regelungen ein. Wichtig ist, den Zugang einer Kündigung nachweisen zu können. Daher empfiehlt sich nicht der Versand mit der einfachen Post, sondern als Einschreiben. Wenn Sie den Kündigungsbutton auf einer Homepage verwenden, achten Sie darauf, dass Sie eine Bestätigung erhalten.
Eine außerordentliche, fristlose Kündigung bedarf eines wichtigen Grundes, den Sie als Verbraucher*in nachweisen müssen.
Fernunterrichtsschutzgesetz
Sofern ein Vertrag nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz besteht, bedarf der Coach einer Zulassung von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU), ansonsten ist der geschlossene Vertrag unwirksam und Betroffene können Ihr Geld zurückverlangen. Ein zulassungspflichtiges Fernunterrichtsangebot liegt in der Regel dann vor, wenn tatsächlich Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, wenn vorwiegend räumlich getrenntes Lernen stattfindet und eine Überwachung des Lernerfolgs erfolgt (vgl. u.a. AG Köln, 168 C 91/24).
Reseller – erschwerte Bedingungen durch Dreiecksverhältnis
Oftmals werden die Coaching-Verträge mit sogenannten Resellern abgeschlossen, z. B. Digistore 24 und CopeCart. Dies erkennen Sie spätestens dann, wenn Sie von dort die Rechnungen erhalten. Dass Verbraucher*innen in einem vertraglichen Dreiecksverhältnis stecken, kann sich spätestens dann negativ auswirken, wenn sie mit den vertraglichen Leistungen unzufrieden sind. Ihr Vertragspartner, der Reseller, und der Coach könnten Sie dann mit Ihrem Anliegen an den jeweils anderen verweisen.
Fazit: Auch beim Coaching gilt: wenn ein Versprechen zu gut ist, um wahr zu sein, ist es in der Regel auch nicht wahr.