Verbraucherrecht

03.06.2024

Die EU als wichtiger Motor des Verbraucherschutzes

Angesichts der Europawahlen gibt der VerbraucherService Bayern einen Überblick, welche Bedeutung der gemeinsame europäische Binnenmarkt für den Verbraucherschutz in Deutschland hat. Der europäischen Rechtssetzung verdanken wir dabei wesentliche Impulse für einen effektiven Verbraucherschutz in Deutschland sowie die Verbesserung der Rechtsstellung der Verbraucher*innen im Wirtschaftsleben.

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Der Verbraucherschutz ist ein zentrales Thema der EU.

Die Zuständigkeit der Europäischen Union (EU) für den Verbraucherschutz beruht auf verschiedenen Regelungen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Instrumente zur Durchsetzung des EU-Verbraucherschutzes ergeben sich aus dem (sekundären) Gemeinschaftsrecht, dessen verschiedene Rechtssetzungsakte in Art 288 AEUV näher beschrieben sind.

Für das Verbraucherrecht sind vor allem EU-Richtlinien und EU- Verordnungen zu nennen. Während die Richtlinien von den Mitgliedstaaten erst noch innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden müssen, gelten EU-Verordnungen direkt und unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der EU.

Beispiele für die Bedeutung des europäischen Verbraucherrechtes

Zahlreiche Verbraucher*innen haben bereits von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen online, telefonisch oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen Kaufvertrag, zu widerrufen. Diese Regelung beruht auf einer europarechtlichen Richtlinie (EU-Richtlinie 2011/83/EU vom 25.Oktober 2011). Der deutsche Gesetzgeber hat in Umsetzung des europäischen Rechtes das Widerrufsrecht in den §§ 312 ff, 355 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Damit gibt es für einige, aber längst noch nicht für alle Verträge, die Möglichkeit des Widerrufes.
Für 2026 ist eine wichtige Reform geplant, die eine vereinfachte Wahrnehmung dieses Rechtes durch einen Online-Widerrufsbutton sowie eine Ausweitung auf noch mehr Vertragsarten ermöglichen soll.

Europäischen Ursprunges ist auch das neue deutsche Gewährleistungsrecht. Die Möglichkeit, eine mangelhafte Sache auf Kosten der Verkäufer reparieren oder austauschen zu lassen und – wenn diese Versuche ergebnislos verlaufen – in bestimmten Fällen den Kaufpreis zu verringern, bei wesentlichen Mängeln vom Vertrag zurückzutreten und/oder Schadensersatz zu verlangen, beruht auf der sog. Warenkaufrichtlinie (219/771/EU vom 20.Mai 2019). Anders als beim Widerrufsrecht können die Verbraucher*innen auch dann diese Gewährleistungsrechte wahrnehmen, wenn sie die Kaufsache direkt im Ladengeschäft erworben haben. Am 1. Februar 2022 wurden diese Rechte auf digitale Inhalte und Dienstleistungen erweitert (Digitale-Inhalte-Richtlinie 219/770/EU vom 22. Mai 2019). Für Verträge, die Verbraucher*innen ab dem 1. Januar 2022 geschlossen haben, gibt es eine weitere vorteilhafte Neuregelung: Seit diesem Zeitpunkt wird in einem Gewährleistungsfall ein Jahr lang vermutet, dass der gekaufte Gegenstand von Anfang an mangelbehaftet war.

Im Bereich der europäischen Verordnungen, die in Deutschland unmittelbar geltendes Recht sind, ist für die deutschen Verbraucher*innen vor allem die Fluggastrechteverordnung (EG Nr. 261/2004/EG vom 11.Februar 2004) von besonderem Interesse.

Für den Bahnverkehr gibt es als Pendant die Fahrgastrechteverordnung, die 2021 grundlegend überarbeitet wurde (Verordnung 2021/782/EU vom 29. April 2021): Neu ist seit der Überarbeitung der Verordnung im Jahre 2021, dass eine Entschädigung dann entfällt, wenn die Betriebsstörung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.

Aber auch im Bereich des kollektiven Rechtsschutzes durch Verbände bilden EU-Regelungen die Grundlage: Das seit am 8. Oktober 2023 in Kraft getretene deutsche Verbraucherrechtedurchsetzungs-Gesetz (VDuG) beruht auf einer EU-Richtline zu den Verbandsklagen (EU-Richtlinie 2020/1828/EU vom 25. November 2020). Ziel ist es, qualifizierten und registrierten Verbraucherverbänden ein weiteres Instrument für die Durchsetzung von Verbraucherrechten zur Hand zu geben. Als Ergänzung zu den bisher schon bestehenden Verbandsklagen wurde eine sog. „Abhilfeklage“ (§ 14 VDuG) neu eingeführt, die eine Verurteilung zur Leistung ermöglicht.

Ergänzend sei auch noch auf die Datenschutzgrundverordnung (Datenschutz-Grundverordnung 2016/679/EU vom 27. April 2016) erinnert, die eine wesentliche Verbesserung im Bereich des Datenschutzes bewirkt hat. Für Unternehmen und andere Stellen gelten strenge Regelungen für den Umgang mit fremden Daten.

Geplante Verbesserungen im Verbraucherschutz

Ganz aktuell ist die von Europäischen Parlament am 23. April 2024 verabschiedete sogenannte EU-Reparaturrichtlinie, deren Umsetzung in Deutschland noch ansteht. Grundsätzlich werden von diesen Vorschlägen alle Waren erfasst, wobei eine wichtige Differenzierung gilt:

  • Bei mangelhaften Kaufsachen, die noch von der gesetzlichen Gewährleistung erfasst werden, verlängert sich im Falle einer Reparatur die gesetzliche Gewährleistungsfrist um mindestens ein weiteres Jahr. Diese Regelung dient unter anderem auch der Vermeidung von Müll, der sonst beim Austausch der defekten Sache anfallen würde.
  • Zudem sollen Verbraucher*innen auch nach dem Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist die Chance bekommen, ganz bestimmte elektronische Geräte, die in eine Anlage zur Reparaturrichtlinie aufgenommen wurden, noch reparieren lassen können. Dazu dienen die Einführung einer Reparaturpflicht für die Hersteller bzw. Importeure der Kaufsache und andere Verbesserungen.
  • Insbesondere müssen Hersteller durch die Bevorratung von Ersatzteilen und anderen Vorkehrungen Reparaturen erleichtern. Bei neuen Produkten soll außerdem darauf geachtet werden, dass sich diese für eine Reparatur eignen.
  • Zusätzlich sollen die Mitgliedstaaten der EU durch flankierende staatliche Maßnahmen Reparaturen fördern, wozu auch die Einrichtung einer Online-Reparaturplattform gehört.

Dem Vorrang der Reparatur dient auch die in Deutschland schon umgesetzte Ökodesign-Richtlinie. Diese dient der „umweltgerechten Gestaltung (Ökodesign“) energieverbrauchs-relevanter Produkte“ (EG-Richtlinie 2009/125/EG von 21. Oktober 2009, Gründe (2)). Auf Grundlage dieser Richtlinie wird in Verordnungen insbesondere die Beschaffung von Ersatzteilen für defekte Produkte innerhalb bestimmter Fristen geregelt. Dazu kommen insbesondere Aufklärungspflichten über mögliche Mangelursachen und über die voraussichtlichen Kosten für die Reparatur. Zugleich soll mit diesen Regelungen auch dem Gedanken der Nachhaltigkeit und dem Umweltschutz Rechnung getragen werden, weil dadurch Ressourcen geschont werden.

 

Daneben gibt es noch viele andere wichtige Regelungen europäischen Ursprunges für weitere Bereiche des täglichen Lebens. Diese betreffen neben dem Finanzsektor insbesondere die Telekommunikation, Energieverbrauchsfragen, sowie den Lebensmittelbereich bzw. die medizinische Versorgung.

 

Quellenverzeichnis:

Bachmann, Andreas, BR24 Bayerntrend, Ernüchternde Zahlen, BR24 Videobeitrag vom 08.05.2024, https://www.br.de/nachrichten/bayern/br24-bayerntrend-ernuechternde-zahlen,UCCnX0I

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VZBV, Wie die EU das Leben der Menschen besser macht, PM vom 08.01.2024

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Wojtal, Karolina, Neuerung im Online-Handel beschlossen: Widerrufsbutton stärkt Verbraucher in Europa, EVZ-PM, Stand: 20.12.2023, https://www.evz.de/presse/pressemitteilungen/neuerung-im-online-handel-beschlossen-widerrufsbutton-staerkt-verbraucher-in-europa.html

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland, Gesetzliche Gewährleistung für Waren und digitale Produkte, Stand: 01.12.2022, https://www.evz.de/einkaufen-internet/gewaehrleistung-und-garantie.html

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Stein Franziska, Baumgarten Angela, ADAC, Reise-Freizeit, Ratgeber Reiserecht, Stand: 23.04.2024 https://www.adac.de/reise-freizeit/ratgeber/reiserecht/bahnausfall-sturm-streik/

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Bundesregierung, Themen/Tipps für Verbraucher, Verbandsklage: Ansprüche leichter klären und umsetzen, Stand: 13.10.2023; https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/tipps-fuer-verbraucher/verbandsklage-im-kabinett-2182032

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Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland, Reparieren statt Wegwerfen: Wichtiges zum Recht auf Reparatur, Beitrag vom 30.04.2024 https://www.evz.de/einkaufen-internet/recht-auf-reparatur.html

Siethoff, Paul, Grass Silvana, Recht auf Reparatur, Die wichtigsten Fragen und Antworten zur EU-Richtlinie, Beitrag vom 19.03.2024