Verbraucherrecht

03.11.2023

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Die elektronische Krankenakte, die Messung von Gesundheitsdaten per App, die Kommunikation zwischen Ärzten und Krankenhaus über eine Plattform, die Video-Sprechstunde – das sind nur einige Beispiele für digitale Technologien, die derzeit das deutsche Gesundheitssystem verändern. Basis der Digitalisierung sind die medizinischen Daten des Versicherten, die mittels moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zwischen Ärzten und Patienten, aber auch zwischen den einzelnen Leistungserbringern ausgetauscht werden. Ziel ist es, neue Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen, die Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren des Gesundheitswesens zu erleichtern und es dem einzelnen Patienten zu ermöglichen, seine Gesundheit stärker zu steuern, etwa durch Apps.

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Die Digitalisierung soll die Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren des Gesundheitswesens erleichtern.

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen soll insgesamt zu einer Verbesserung der Patientenversorgung führen. Um dies voranzutreiben, wurden unter anderem folgende Maßnahmen entwickelt:

  • Die elektronische Patientenakte (ePA)
  • Das elektronische Rezept (E-Rezept)
  • Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Die elektronische Patientenakte (ePA)

An der elektronischen Patientenakte (ePA) für gesetzlich Versicherte wird schon seit 20 Jahren gearbeitet. Sie soll in der Hand der Versicherten das zentrale Element einer vernetzten Gesundheitsversorgung darstellen. Seit Anfang 2021 können gesetzlich Versicherte die ePA, auf freiwilliger Basis, über ihrer Krankenversicherung nutzen. Bisher nutzen dies nur sehr wenig Versicherte, nämlich rund 630.000 (05/2023 Diabestes Ratgeber).

In ihrer persönlichen ePA haben die Versicherten die Möglichkeit, die bislang an den verschiedenen Orten vorliegenden Dokumente zu Behandlungen, Therapien, Anamesen oder Befunde an einer Stelle digital zusammenzuführen, zu verwalten und für die Behandlung verfügbar zu machen. Dies ersetzt jedoch nicht die Primärdokumentation in der Arztpraxis oder im Krankenhaus. 

Ziel der ePA ist es, den Austausch von medizinischen Dokumenten zwischen Arztpraxen, Apotheken, Kliniken und den Versicherten zu erleichtern. Alle medizinisch relevanten Dokumente lassen sich auf der ePA digital abspeichern. Überweist zum Beispiel ein Hausarzt einen Versicherten an einen Facharzt, so kann dieser, wenn der Versicherte vorher einwilligt, die Berichte des Hausarztes einsehen und auch seinen Bericht dort hochladen. Die Absprachen von Behandlungen zwischen den unterschiedlichen Ärzten sollen verbessert und unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden, zum Beispiel Röntgenuntersuchungen.

Ziel ist es, dass ab 15. Januar 2025 alle Versicherte automatisch von Ihrer Versicherung die ePA zur Verfügung gestellt bekommen. Die Bundesregierung hofft dann auf eine Nutzung von 80 Prozent der Versicherten bis zum Jahr 2026. Sollten Versicherte die ePA nicht nutzen wollen, müssten sie dann aktiv der Nutzung der ePA widersprechen („Opt-Out“ Lösung). Genau geklärt ist dieses Verfahren bisher noch nicht. Laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach gilt es, das Widerspruchsverfahren möglichst unbürokratisch zu regeln.

So funktioniert die Aktivierung der ePA

Gesetzlich Versicherte können sich die App ihrer Krankenkasse für die ePA in einem App Store herunterladen. Genutzt werden kann die App auf einem mobilen Endgerät wie einem Smartphone oder einem Tablett. Auf dem PC funktioniert es nur mit eingeschränkten Möglichkeiten. Zusätzlich wird die elektronische Gesundheitskarte (eGK) und eine dazugehörige PIN benötigt. Für die PIN-Zustellung müssen sich Versicherte bei ihrer Krankenversicherung authentifizieren. Dieses Verfahren ist nicht ganz einfach, ist aber nötig, um die Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Im Anschluss kommt dann von der Krankenversicherung eine PIN, mit der sich Verbraucher*innen bei der eGK authentifizieren und die ePA nutzen können.

Nach diesen Schritten hat der Versicherte beim nächstfolgenden Arztbesuch die Möglichkeit, seiner Arztpraxis die persönlichen Zugriffsrechte auf seine ePA zu erteilen, woraufhin der Arzt dann seine Dokumente in die ePA einstellen kann. Die Erstbefüllung der ePA wird den Ärzten extra vergütet und kann pro Patient*innen einmal abgerechnet werden. Die Patientenberatung zur ePA ist nicht Bestandteil der Leistung.

Wichtig: Nur die Versicherten selbst haben die Möglichkeit, die ePA einzusehen und auch Inhalte einzufügen oder zu löschen. Nur die Versicherten selbst entscheiden, wer außer ihnen auf die ePA zugreifen darf. Eine Berechtigung für einen Arzt lässt sich jederzeit widerrufen oder zeitlich begrenzen. Nutzer können auch nur einzelne Dokumente zur Einsicht freigeben. Es lassen sich jederzeit einzelne Daten löschen oder auch die gesamte ePA. Krankenkassen haben keinen Zugriff auf die ePA.

Datenschutz und Ausblick auf die ePA

Der Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten der Versicherten ist wichtig. Daher sind auch die Anforderungen an die Datensicherheit der ePA sehr hoch. Die Inhalte in der ePA sind verschlüsselt, so dass nur der Versicherte oder Berechtigte darauf zugreifen kann. Die Daten der ePA werden zentral auf Servern in Deutschland gespeichert und verschlüsselt. Die Server unterliegen den europäischen Datenschutzbestimmungen.

Zusätzlich soll es ab dem 1. Juli 2024 die Möglichkeit geben, pseudonymisierte und verschlüsselte Gesundheitsdaten aus der ePA freiwillig an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit abzugeben. Bundesgesundheitsminister Lauterbach erhofft sich dadurch eine bessere Gesundheitsversorgung.

Die ePA ist der große Baustein, um die gesundheitliche Versorgung zu verbessern. Dafür ist es sehr wichtig, dass die Patient*innen bei der ePA mitwirken und dem System vertrauen. Ein Widerspruch gegen die ePA und auch die Zugriffsrechte auf die Inhalte sollten dabei sehr einfach für die Patient*innen handzuhaben sein, müssen aber gleichzeitig höchsten Datensicherheitsstands entsprechen. Der VerbraucherService Bayern begrüßt die ePA grundsätzlich, um die Patientenversorgung zu verbessern, erachtet aber gleichzeitig die Einhaltung des Datenschutzes als immens wichtig.

Elektronisches Rezept (E-Rezept)

Seit dem Sommer 2023 lässt sich das E-Rezept bundesweit in Arzt- und Zahnarztpraxen und auch Krankenhäusern für die Verordnung von Arzneimitteln nutzen. Die verpflichtende Nutzung wird ab 1. Januar 2024 eingeführt. Auch privat Versicherte sollen künftig E-Rezepte nutzen können.

Das E-Rezept ersetzt das rosafarbene Kassenrezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das E-Rezept einzulösen, entweder über die elektronische Gesundheitskarte (eKG), die E-Rezept-App der Gematik oder einen Papierausdruck mit dem Rezept-Code. 

Einlösen mit der elektronischen Gesundheitskarte (eKG)

Die eKG lässt sich im Kartenterminal der Apotheke einstecken. Dort wird die eKG automatisch auf Echtheit geprüft. Eine PIN-Eingabe ist nicht nötig. Die Apotheke ruft dann die offenen Rezepte des Versicherten vom zentralen E-Rezept-Server ab und händigt dem Versicherten die verschriebenen Medikamente aus.

Einlösen mit der E-Rezept-App

Die E-Rezept-App muss der Versicherte aus einem App-Store oder direkt bei der Gematik auf sein Smartphone herunterladen. Außerdem benötigt der Nutzer die eGK mit NFC-Funktion für einen kontaktlosen Datenaustausch sowie eine PIN der eigenen Krankenversicherung. Um sich in die App einzuloggen, muss sich der Versicherte mit der 6-stelligen CAN-Nummer (oben links auf der eGK) und der PIN legitimieren (genauso wie bei der ePA).  

Die Arztpraxis erstellt ein E-Rezept und lädt dieses verschlüsselt auf einen E-Rezept Server. Über das Praxisverwaltungssystem wird das E-Rezept-Token (Token: Zeichenfolge, die etwas eindeutig kennzeichnet), also der digitale Schlüssel des E-Rezepts, in die App des Versicherten übertragen. Die Apotheke liest den E-Rezept Token aus und händigt das Medikament an den Versicherten aus.

E-Rezept einlösen mit dem Papierausdruck

Es ist auch möglich, das E-Rezept mit einem Papierausdruck mit Rezept-Code einzulösen. Den Code bekommt der Versicherte in der Arztpraxis. Die Apotheke scannt den Rezept- Code ab und der Versicherte erhält seine Medikamente.

Das E-Rezept soll die Zettelwirtschaft in Praxen und Apotheken beenden und langfristig Zeit und Wege für die Versicherten sparen. Bei der E-Rezept App hat der Versicherte die Möglichkeit das Rezept bei seiner Apotheke online einzulösen und, falls die Apotheke einen Lieferdienst hat, es sich direkt von dort liefern zu lassen.

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ist ein weiterer Baustein in der Digitalisierung des Gesundheitswesens und löst das bisherige Verfahren der Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), dem „sogenannte gelben Zettel“ in einem zweistufigen Verfahren ab.

Seit dem 1. Oktober 2021 übernehmen Versicherte nicht mehr selbst die Zusendung der AU in Form eines ärztlich ausgestellten Ausdrucks an die Krankenversicherung, sondern sie wird auf elektronischem Wege direkt von der Arztpraxis an die Krankenversicherung übermittelt.

In der zweiten Stufe, seit dem 1. Januar 2023, entfällt der Papierausdruck der AU für den Arbeitgeber. Diese rufen die AU auf elektronischem Wege direkt bei den Krankenkassen ihrer Mitarbeiter*innen ab, sobald die Krankmeldung erfolgte.

Die Arztpraxis übermittelt den Namen der versicherten Person, den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit, die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung an die gesetzliche Krankenversicherung. Außerdem meldet die Arztpraxis, ob es Anhaltspunkte für einen Arbeitsunfall gibt. Auch Krankenhäuser nehmen an dem Verfahren teil. Nicht beteiligt an dem Verfahren sind zurzeit Privatärzte in Deutschland und Ärzte und Zahnärzte im Ausland. Es ist auch geplant, im Laufe des Jahres 2023 die eAU in die ePA zu integrieren.

Die Krankenkasse übermittelt dann an den Arbeitgeber folgende Information:

  • den Namen der versicherten Person
  • den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit
  • die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung

Weitere Informationen, wie zum Beispiel die gestellten Diagnosen oder welcher Arzt den Arbeitnehmer krankgeschrieben hat, übermitteln die Krankenkassen nicht an den Arbeitgeber. Die Sicherheit der Daten wird dadurch gewährleistet, dass die Daten von der Arztpraxis bis zur Krankenkasse verschlüsselt übertragen werden.

Die eAU gilt nur für gesetzlich Krankenversicherte. Sie gilt nicht für Privatversicherte, Beihilfeberechtigte, Minijobber in Privathaushalten und auch für kranke Kinder von Arbeitnehmer*innen gilt weiterhin die AU in Papierform.

Da noch nicht alle Arbeitgeber den elektronischen Abruf unterstützen, benötigen Versicherte ggf. weiter einen Papierausdruck für den Arbeitgeber. Die Versicherten haben auch weiterhin den Anspruch auf einen Ausdruck der eAU für ihre eigenen Unterlagen.