Verbraucherrecht

13.03.2023

Hohe Energiekosten – Hilfe für Mieter*innen

Mieter*innen sind von den hohen Energiekosten besonders betroffenen. Gerade in Gebieten, in denen aufgrund hoher Nachfrage der Mietwohnungsmarkt ohnehin bereits angespannt ist, ist die Sorge groß, dass mit erheblichen Nachzahlungen oder Steigerungen bei den künftig zu leistenden monatlichen Abschlags- bzw. Vorauszahlungen zu rechnen ist. Im Folgenden geben wir einen Überblick über aktuelle Hilfsangebote.

Hohe Energiekosten – Hilfe für Mieter*innen© Butch - stock.adobe.com

Gas- bzw. Wärmepreisbremsen

Ab 1. März 2023 bis 30. April 2024 sorgen (rückwirkend zum 1. Januar 2023) eine (Erd-)Gas- bzw. Wärme-Preisbremse für eine Entlastung. Gemeinsames Element dieser durch mehrere Bundesgesetze neu eingeführten Hilfen ist, dass als Anreiz zum Energiesparen für einen im Vorhinein festgelegten Anteil der Gesamtkosten ein reduzierter Preis gilt.

Die beabsichtigte Kostendeckelung greift folgendermaßen:

Zunächst wird für die Jahresabrechnung der tatsächliche Vertragspreis herangezogen, der um einen bestimmten Entlastungsbetrag reduziert wird. Dessen Höhe bemisst sich dabei aus dem Differenzbetrag zwischen dem tatsächlichen Preis und der für die jeweiligen Energieträger gesetzlich vorgesehenen Bremse, d. h.:

Im Falle der Gasversorgung privater Haushalte bedeutet dies, dass 80 Prozent des Jahresverbrauches einer Preisgrenze von 12 ct/KWh unterliegt. Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauches gelten dagegen die vertraglich vorgesehenen und in der Regel bereits erhöhten Preise. Der Jahresverbrauch berechnet sich dabei auf Basis einer Prognose, für die die Verbrauchswerte aus dem September 2022 herangezogen werden.

Eine ähnliche Begrenzung der Kosten ist auch bei der Fernwärme vorgesehen: 80 Prozent des Jahresverbrauches wird einer Preisobergrenze von 9,5 ct/KWh unterworfen, für den Rest müssen Verbraucher*innen wiederum den tatsächlichen Preis bezahlen.

Dezember-Soforthilfe des Bundes

Vor dem Wirksamwerden der Gas- bzw. Wärmepreisbremse zum 1. März 2023 gab es Ende 2022 bereits eine Dezembersoforthilfe. Dadurch entfiel für Dezember 2022 für die Mieter*innen mit Erdgas als Energieträger der monatliche Abschlag wegen der Kostenübernahme durch den Bund.

Allerdings wirkte sich diese Übernahme direkt nur in Fällen aus, in denen die Mieter*innen selbst einen Vertrag mit den Versorgungsunternehmen haben. Hier ist die Verpflichtung zur Abschlagszahlung im Dezember 2022 entfallen.

Ähnlich wirkt die Hilfe im Fernwärmebereich, nur mit dem Unterschied, dass hier als Referenzwert die Abschlagszahlung vom September 2022, erhöht um einen Kostenzuschlag in Höhe von 20 Prozent, herangezogen wird.

Falls die Versorgung mit Wärme- und Gas im Rahmen der auf die Mieter*innen umgelegten Betriebskosten erfolgt, hat sich an dem auch im Dezember zu zahlenden Abschlag im Regelfall nichts geändert. Die Entlastung muss aber in der für das Jahr 2022, spätestens bis zum 31. Dezember 2023 im Rahmen der von den Vermieter*innen zu erstellenden Betriebskostenendabrechnung bzw. Jahresabrechnung berücksichtigt werden.

Eine Abweichung liegt vor, wenn bereits in den letzten neun Monaten vor dem 19. November 2022 die Abschlagszahlungen bereits um mehr als zehn Prozent erhöht wurden. Hier haben die Mieter*innen das Recht, als Abschlag für Dezember den bisherigen – geringeren – Abschlag zu zahlen. Selbst bei einer Zahlung in unveränderter Höhe ist der überzahlte Anteil dann bei der nächsten Betriebskostenabrechnung zu berücksichtigen

Eine ähnliche Regelung gibt es für Mieter*innen, die in den letzten neun Monaten vor dem 19. November 2022 erstmalig Mietvertragsparteien wurden. Diese haben das Recht, ihre Gasabschlagszahlungen um 25 Prozent zu kürzen oder auf die Verrechnung mit der nächsten Heizkostenabrechnung zu warten. Hier ist zu beachten, dass Fernwärmekunden hiervon nicht profitieren.

Entlastungen bei anderen Energieträgern (Kohle, Heizöl, Flüssiggas, Holz, Pellets)

Hier soll die Entlastung nicht über Preisbremsen erfolgen, sondern im Wege von finanziellen (Härtefall-) Hilfen, die maximal 2.000,00 Euro betragen. Zuständige Ansprechpartner für die Ausgestaltung des Verfahrens sind die einzelnen Bundesländer.

Strompreisbremse

Mieter*innen profitieren auch von der neu eingeführten Strompreisbremse, die ebenfalls (rückwirkend zum 1. Januar 2023) ab dem 1. März 2023 in Kraft tritt. Für 80 Prozent des Verbrauches greift ein ermäßigter Preis von 40 ct/KWh. Die restlichen 20 Prozent unterliegen wieder der Preisfindung des Strommarktes.

Wichtig ist auch, dass die Strompreisbremse nur dann eingreift, wenn der Verbrauch der privaten Haushalte unter einer Höchstgrenze von 30.000 KW im Jahr bleibt.

Für den Heizstrom gelten für die Berechnung Sonderregeln: Insbesondere bei Verwendung von Nachtspeicheröfen wird im Falle einer Zweitarifmessung (insbesondere bei Tag- und Nachtstrom) ein Durchschnittspreis aus den jeweiligen Zeitanteilen gebildet, das heißt die jeweiligen Zeitanteile werden bei der Berechnung genau erfasst:

Gibt es beispielsweise von 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr einen günstigeren Nachttarif fließt dieser mit 4/24 in die Berechnung ein.

Weitere staatliche Entlastungen/Direkthilfen

Als weitere Hilfen gibt es ggf. auch für Mieter*innen aus einem Sonderfonds des Bundes Härtefallregelungen. Die begünstigten Personenkreise bestimmen dabei aber die einzelnen Bundesländer, die für die Umsetzung Sorge zu tragen haben.

Flankiert werden die obenstehenden Maßnahmen von einer Senkung der Umsatzsteuer auf Gas- und Fernwärme ab dem 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024 (Reduzierung von 19 Prozent auf 7 Prozent) sowie der Verschiebung der Erhöhung des CO2-Preisanteiles auf 2024.

Um Stromsperren zu vermeiden, empfiehlt es sich, auch sogenannte „Abwendungsvereinbarungen“ stärker zu nutzen. Im Bereich der Grundversorgung besteht damit die Möglichkeit, Rechnungen ratenweise zu begleichen. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, eine Begleichung der Stromrechnung im Voraus zu vereinbaren.

Bereits zum 1. Juli 2022 entfiel bereits die EEG-Umlage beim Strompreis. Im Laufe des Jahres 2022 gab es darüber hinaus für verschiedene Bevölkerungsgruppen wegen der gestiegenen Energiekosten schon Direktzahlungen als Pauschalen in Höhe von 300,00 Euro.

Weitere sozialstaatliche Hilfen

Neben diesen Maßnahmen der Bundesregierung zur Kostenreduzierung bei den Energiepreisen kommen darüber hinaus auch soziale bzw. sozialrechtliche Hilfen in Betracht, um Mieter*innen zu unterstützen:

Wohngeld

In erster Linie ist an das zum 1. Januar 2023 neu reformierte Wohngeld (sog. „Wohngeld Plus“) zu denken. Durch die Neuregelung wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert und auch die Höhe der Auszahlung kann im Einzelfall gestiegen sein. Unter bestimmten Voraussetzungen ist damit auch ein Heizkostenzuschuss für maximal zwei Heizperioden möglich.

Das Wohngeld ist bei der jeweiligen Gemeinde zu beantragen und wird bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen als Hilfe ausbezahlt. Grundbedingung ist aber, dass auch ohne Gewährung dieses Zuschusses bereits ein gewisses Mindesteinkommen vorliegen muss. Anderenfalls kommen nur das neue Bürgergeld bzw. Sozialhilfeleistungen in Betracht.

Bürgergeld/Sozialhilfe

Alternativ kommen für gering verdienende Mieter*innen auch Hilfen des Jobcenters (SGB II; seit 1. Januar 2023: „Bürgergeld“) oder Leistungen durch die Sozialhilfebehörden (insb. Grundsicherung nach dem SGB XII) in Betracht.  

Auch Bürger*innen, die wegen Ihres Einkommens im Regelfall noch nicht in den Genuss dieser Leistungen kommen, können ausnahmsweise insbesondere dann anspruchsberechtigt sein, wenn sie eine hohe Nachzahlung der Heizkosten aus dem vorhandenen Einkommen nicht bezahlen können.

Wichtig ist, dass hier im Regelfall kurze Fristen laufen und der Antrag daher unmittelbar in dem Monat des Erhalts der Nachzahlungsaufforderung bei den Sozialbehörden zu stellen ist.

Zudem gelten hier die seit 1. Januar 2023 geänderten Vermögensgrenzen von 40.000 Euro für Alleinstehende beim Bürgergeld sowie 10.000 Euro bei Grundsicherungsleistungen. Ausnahmsweise gibt es noch die Möglichkeit, ergänzende Sozialleistungen darlehensweise zu erhalten.

Wichtig ist, dass Stromkosten von den Hilfen mit der Ausnahme von Heizstrom nicht unter diese Hilfen fallen, weil sie bereits in die Regelsätze der Leistungen miteinberechnet sind.

Sonstige freiwillige Hilfen von Gebietskörperschaften und Versorgungsunternehmen

Einige (größere) Kommunen bieten Bürger*innen mit geringem Einkommen, weitere freiwillige Hilfen an, wovon auch Mieter*innen profitieren können: So gewährt die Landeshauptstadt München ihren Bürger*innen, die – mit Ausnahme des Wohngeldes - keine Sozialleistungen beziehen, unter bestimmten Voraussetzungen einen Stromkostenzuschuss.

In Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden gewähren auch kommunale Energieversorgungsunternehmen bestimmte Hilfen.

Zwei Beispiele:

  • Die Stadtwerke München haben neben bestehenden Beratungsangeboten auch einen Härtefallfonds ins Leben gerufen, mit dem sie geringverdienende Kund*innen unterstützen möchten.
  • In Ingolstadt können Kund*innen unter bestimmten Bedingungen einen Zuschuss zur Jahresverbrauchsabrechnung erhalten. Bei Mieter*innen ist es Sache der jeweiligen Hausverwaltungen, sich um die Abwicklung zu kümmern. Die Stadtwerke Ingolstadt arbeiten dabei mit den Beratungsstellen der Caritas und der Diakonie eng zusammen.

Fazit: Polster anlegen, Beratungsangebote nutzen

Trotz der Hilfsangebote und Preisgrenzen ist Energie insgesamt teurerer geworden. Um finanzielle Engpässe bei hohen Nachzahlungen zu vermeiden, sollten die Betroffenen nach Möglichkeit ein finanzielles Polster anlegen, um nicht in Zahlungsverzug zu geraten.

Zudem sollten sie frühzeitig alle in Frage kommenden Beratungsangebote nutzen. Bei Fragen zu Verträgen mit Energieversorgern stehen die Mitarbeitenden in den 15 Beratungsstellen des VerbraucherService Bayern gerne zu Ihrer Verfügung.

Zum Thema Energiesparen hilft auch die Energieberatung des VerbraucherService Bayern. Bei Interesse an einer Unterstützung durch Wohngeld und anderen Hilfen sollten Sie sich umgehend an die jeweiligen Wohngeldstellen bzw. Sozialbehörden der Gemeinden bzw. Landkreise wenden. Auch Sozial- und Wohlfahrtsverbände bieten sich hier als geeignete Ansprechpartner an. Um drohende Energiesperren zu vermeiden, sollten die Betroffenen auch frühzeitig Kontakt zu den jeweiligen Versorgungsunternehmen aufnehmen.

 

Quellenverzeichnis:

https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/energiepreisbremsen-2145728

(Stand: 24.12.2022)

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/F/faq-gaspreisbremse.html  

(Stand 23.12.2022)

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/F/faq-strompreisbremse.pdf?__blob=publicationFile&v=4  (Stand: 01.02.2023)

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Schlaglichter-der-Wirtschaftspolitik/2023/01/03-im-fokus.html (Stand: 20.12.2022)

https://www.schuldnerberatung-sh.de/index.html

(Schuldnerberatung Schleswig-Holstein, Übersicht Entlastungspakete Bund, 05.01.2023)

https://www.verbraucherzentrale-bayern.de/energiekrise-informationen-und-beratungsangebote-79061 (Stand: 26.01.2023)

https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/geld-versicherungen/unterstuetzung-bei-hohen-heizkosten-ihr-recht-auf-sozialleistungen-77998

(VZ NRW und Baden-Württemberg, Stand: 02.01.2023)

https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/schulden/hohe-nachzahlung-fuer-heizung-und-strom#:~:text=%C3%9Cbernimmt%20das%20Sozialamt%20meine%20Nachzahlung,aufgrund%20der%20gestiegenen%20Energiepreise%20gilt. (Online-Redaktion DCV, Stand: 01.11.2022)

Pickarts, Peter, Wohngeldantrag 2023 – Wohngeld beantragen (31.12.2022)

https://www.wohngeld.org/antrag/

Dezember-Abschlag, Gas- und Strompreisbremse - FAQ zu Entlastungen | NDR.de - Nachrichten - NDR Info (Stand: 03.02.2023)

https://stadt.muenchen.de/service/info/stromkostenzuschuss/10338525/

https://www.swm.de/energiesparen/geringverdiener-service

https://sw-i.de/hilfsfonds/