Verbraucherrecht

21.07.2023

Inkassokosten – was ist geschuldet, was nicht?

Inkassoschreiben stellen ein großes Ärgernis dar und gehören zu den häufigsten Anfragen, die Verbraucher*innen an die Beratungsstellen des VerbraucherService Bayern richten. Typischerweise handelt ein Inkassounternehmen im Auftrag eines anderen Unternehmens, um berechtigte oder vermeintlich offene Rechnungsbeträge anzumahnen. Dabei wird nicht nur der eigentliche Betrag – der häufig nur wenige Euro ausmacht – geltend gemacht, sondern eine Vielzahl weiterer Positionen, die den ursprünglichen Posten häufig um ein Vielfaches übersteigen. Für Verbraucher*innen ist es häufig schwierig, die Berechtigung der einzelnen Beträge zu überprüfen. Hinzu kommt, dass die Schreiben von Inkassounternehmen in der Regel bedrohlich klingen und den Eindruck erwecken, es bliebe nichts anderes übrig, als zu bezahlen.

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Schreiben vom Inkassobüros stets genau prüfen!

Hauptforderung, Nebenforderungen, Inkassokosten

Ein genauer Blick auf die einzelnen Kostenpositionen zahlt sich häufig aus. Neben der eigentlichen Hauptforderung – also dem angemahnten Rechnungsbetrag – enthalten Inkassoschreiben meist noch Mahnkosten, Gebühren für Einwohnermeldeamtsanfragen, die Inkassokosten (den Zuschlag, den das Inkassounternehmen für die eigene Tätigkeit haben möchte) sowie Verzugszinsen. Gerade was diese Nebenkosten angeht, besteht große Unsicherheit, welche Kostenpositionen geschuldet sind und welche nicht.

Inkassokosten nur bei berechtigter Hauptforderung und Verzug des Schuldners

Im Grunde ist es ganz einfach: Sämtliche Inkasso- und Nebenkosten sind nur dann geschuldet, wenn die Hauptforderung berechtigt ist und Verbraucher*in mit der Zahlung in Verzug sind. Ist schon die Hauptforderung nicht berechtigt, spielen die Inkassokosten – egal wie hoch diese letztendlich ausfallen – keine Rolle. Sie sind schlicht nicht geschuldet.

Ob Verzug vorliegt, ist im Einzelfall oft streitig. Als Faustregel gilt: Erst dann, wenn Sie eine berechtigte Forderung/Rechnung trotz einer ersten Mahnung (die noch kostenfrei sein muss) nicht zahlen, befinden Sie sich in Verzug.

In Verzug kommen Sie aber auch, wenn bereits bei Vertragsschluss ein fester Zahlungstermin vereinbart wurde oder die Rechnung bereits einen Mahnhinweis enthält und Sie die Fristen verstreichen lassen. Ohne Verzug sind Mahnkosten nicht gerechtfertigt und es muss gegebenenfalls nur die Hauptforderung gezahlt werden.

Verzugszinsen sind klar geregelt

Klar geregelt sind die Verzugszinsen. Diese schulden Verbraucher*innen ab dem Zeitpunkt, in dem sie in Verzug sind. Derzeit (Stand 13. Juli 2023) betragen die Verzugszinsen fünf Prozent über dem Basiszinssatz (3,12 Prozent ab dem 1. Juli 2023, vormals 1,62 Prozent) pro Jahr:

Verzugszinsen = Rechnungsbetrag x (5 % + Basiszinssatz) x Verzugstage / 365*

Bei einer Forderung über einen Betrag in Höhe von 250,00 Euro und einem Zahlungsverzug von drei Monaten entstehen so beispielsweise Verzugszinsen in Höhe von rund fünf Euro. In der Praxis spielen die Verzugszinsen bei „typischen“ Inkassosachverhalten – hier geht es ja meist um wenige hundert Euro – daher nur eine geringe Rolle.

Tatsächlich entstandener Verzugsschaden ist Voraussetzung

Ein über den gesetzlichen Verzugszins hinausgehender Schaden muss dem Unternehmer tatsächlich entstanden sein und im Streitfall auch nachgewiesen werden. Sind Sie zum Beispiel unbekannt umgezogen und der Unternehmer holt eine kostenpflichtige Auskunft beim Einwohnermeldeamt ein, so ist er berechtigt, diese Kosten auch gegenüber seinem Schuldner geltend zu machen – vorausgesetzt, diese waren wirklich erforderlich und sind auch tatsächlich entstanden.

Das gleiche gilt für die Kosten eines Inkassounternehmens. Hat der Unternehmer ein solches beauftragt und sind ihm tatsächlich Kosten in der geltend gemachten Höhe entstanden, können auch diese vom säumigen Kunden geschuldet sein. Die Gebühren orientieren sich an der Rechtsanwaltsgebührenordnung. Bei Inkassodienstleistungen gelten jedoch seit 2021 für unbestrittene Forderungen und einfache Fälle geringere Gebührensätze. Zahlen Sie eine berechtigte Forderung gleich nach dem ersten Mahnschreiben, dürfen die Inkassokosten nur 0,5 des Rechtsanwaltsgebühren­satzes betragen. Das sind 15 Euro bei geringen Forderungen bis zu 50 Euro und 24,50 Euro bei Forderungen bis zu 500 Euro. Die Gebühr erhöht sich jedoch, wenn Sie die Forderung bestreiten, obwohl sie berechtigt ist. Für den Überprüfungsaufwand darf der Gläubiger einen höheren Gebührensatz verlangen. Auch bei komplizierteren Fällen kann ein höherer Gebührensatz berechtigt sein. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, eine Auslagenpauschale für Post und Telefon zu verlangen. Diese beträgt maximal 20 Euro.

Sollten Sie die Inkassoforderung in Raten bezahlen wollen, wird zusätzlich eine Einigungsgebühr in Rechnung gestellt. Es empfiehlt sich daher, Ratenzahlung nur in Notsituationen zu vereinbaren.

Insgesamt sind Einzelheiten zu den Inkassokosten immer noch umstritten. So vertreten beispielsweise einige Gerichte die Auffassung, dass es gerade großen Konzernen zumutbar ist, ihre Kunden selbst und damit kostengünstiger anzumahnen. Diese Unternehmen dürfen dann zwar auch Inkassounternehmen beauftragen, die entstehenden Kosten aber nicht an den Kunden weiterleiten.

Schadensminderungspflicht

Die Rechtsprechung steht einem Unternehmen bei Verzug grundsätzlich zu, ein Inkassounternehmen zu beauftragen und die hier entstehenden Kosten auf den Schuldner umzuwälzen. Dabei darf das Unternehmen die Kosten aber nicht ausufern lassen. Vielmehr ist es verpflichtet, den Schaden – also vor allem die Kosten des Inkassounternehmens –  möglichst gering zu halten. So darf ein Unternehmen nur vernünftige Schritte einleiten, bei welchen davon auszugehen ist, dass der Schuldner die Forderung bezahlt.

Wenn ein Kunde auf ein erstes Inkassoschreiben nicht reagiert oder die Forderung sogar ausdrücklich zurückweist, ist es nicht mehr angebracht, weitere Mahnschreiben versenden zu lassen. Gleiches gilt, wenn ein Unternehmen nach einem Inkassounternehmen noch eine Anwaltskanzlei nachschaltet, um außergerichtlich anzumahnen. Hier fallen unnötig doppelte Kosten an – für das Inkassounternehmen und die beauftragte Anwaltskanzlei. Letztere hat jedoch das Unternehmen zu tragen und kann diese in aller Regel auch nicht an den säumigen Kunden weiterreichen.

Wichtige Regeln im Umgang mit Inkassounternehmen

  • Bei berechtigten Forderungen am besten schnellstmöglich bezahlen. Eine weitere Kontaktaufnahme zum Inkassounternehmen ist üblicherweise nicht erforderlich.
    Nur dann, wenn eine Einmalzahlung absolut nicht möglich ist, macht es Sinn, sich mit dem Inkassounternehmen in Verbindung zu setzen, um beispielsweise eine Stundung oder eine Ratenzahlungsvereinbarung zu erzielen. Sind die Inkassokosten überhöht, können Sie kürzen. Dies bei der Überweisung im Verwendungszweck kennzeichnen (z.B. „abzgl. EUR 10,00 Inkassokosten“).
  • Bei teilweise berechtigten Forderungen sollten Sie den berechtigten Teil schnellstmöglich bezahlen, um spätere Kostensteigerungen zu vermeiden. Hinsichtlich des unberechtigten Teils wie bei unberechtigten Forderungen vorgehen.
  • Bei unberechtigten Forderungen Schreiben Sie an das Inkassounternehmen, am besten nachweislich per Einschreiben. Widersprechen Sie der gesamten Forderung oder dem unberechtigten Teil und begründen Sie nachvollziehbar, weshalb Sie die Forderung nicht bezahlen. Auf künftige Schreiben des Inkassounternehmens brauchen Sie dann nicht mehr zu reagieren. Werden gerichtliche Schritte angedroht, gelassen bleiben.
  • Bei ungeklärten Forderungen also bei Forderungen, bei denen Sie selbst nicht sicher sind, ob der geltend gemachte Betrag berechtigt ist, sollten Sie fachlichen Rat einholen. Lassen Sie die Berechtigung beispielsweise durch den VerbraucherService Bayern überprüfen. Dann können Sie – je nach Ergebnis – angemessen reagieren.