Verbraucherrecht

13.01.2025

Mahnung, Inkasso und Mahnbescheid – Verbraucher-Rechte erklärt

Das neue Jahr fängt häufig mit guten Vorsätzen an und plötzlich finden Verbraucher*innen in der Post neben den Glückwunschkarten ein Mahnschreiben über eine vergessene Rechnung vor. In anderen Fällen landen im Briefkasten sogar Inkassoschreiben oder ein Mahnbescheid. Wir klären darüber auf, wann dies geschieht und was Betroffene tun können.

Mahnung, Inkasso und Mahnbescheid – Verbraucher-Rechte erklärt© Gina Sanders - stock.adobe.com

Feststellung der Echtheit des Versenders

Ein Inkassoschreiben oder gar ein gerichtliches Schreiben mögen zunächst erschreckend wirken. Dennoch sollten die Verbraucher*Innen zunächst die Ruhe bewahren und die Angelegenheit überprüfen. Im ersten Handlungsschritt gilt es, festzustellen, ob der versandte Brief von einem existenten Inkassounternehmen oder Gericht versandt worden ist, wobei die gefakten Mahnschreiben eher im Namen eines Inkassodienstleisters verschickt werden.

Indizien für ein unseriöses Inkassoschreiben:

  • Die Forderung, die in dem Schreiben geltend gemacht wird, ist dem Adressaten unbekannt. Weder hat der Adressat die in dem Schreiben behauptete Bestellung getätigt, noch ist ihm das Unternehmen, welches ihm die Leistung in Form einer Ware oder einer Dienstleistung erbracht haben soll, bekannt.
  • Das Schreiben enthält mehrere Rechtschreibfehler.
  • Das geforderte Geld soll innerhalb einer sehr kurzen Frist auf eine ausländische IBAN – Nummer überwiesen werden.
  • Der Adressat hat zuvor keinerlei Rechnungen oder Mahnung von dem Unternehmen, dessen Forderung geltend gemacht wird, erhalten.
  • In dem Schreiben werden dem Schuldner keine Rückmelde- und Verteidigungsmöglichkeiten angeboten und zugleich im Falle einer Nichtzahlung mit gerichtlichen Schritten oder gar sofortiger Vollstreckung oder explizit einer Kontopfändung gedroht. Beim Versand des Antwortschreibens kommt eine Unzustellbarkeitsmeldung zurück.

Überdies müssen jegliche Inkassounternehmen mit Sitz in Deutschland zwingend bei einem Gericht registriert sein. Die Registrierung lässt sich unter anderem online über das Portal des Bundesamtes für Justiz unter dem Suchfeld „Registersuche“ kostenfrei überprüfen[1]. Alternativ können die Anfragen nach der Registrierung an das Bundesamt auch schriftlich gerichtet werden. Ist der Name des gesuchten Inkassounternehmens in dem Justizportal nicht auffindbar, handelt es sich hierbei höchstwahrscheinlich um ein Fakeinkasso.

Daneben weisen Fakeinkassounternehmen in ihren Schreiben häufig auf die Mitgliedschaftszertifikate in den tatsächlich existenten Inkassoverbänden hin. In diesem Fall können Verbraucher*innen nach den  in dem Inkassoschreiben angegebenen Zertifikatsaussteller im Internet recherchieren und diese auf die Mitgliedschaft des Absenders bzw. sogar die Echtheit des Schreibens ansprechen.

Noch einfacher gestaltet sich die Überprüfung der Identität des Gerichts, das das Schreiben versandt haben soll. Dessen Sitz muss zwingend online auffindbar sein. Mit dem Aktenzeichen, das sich auf dem Schreiben befinden muss, können Betroffene eine entsprechende Anfrage an das Absendergericht richten. Bei einem existenten Gericht erhält der Anfragende in jedem Fall eine Rückmeldung. Außerdem ermöglicht ein existentes Gericht stets eine Verteidigung gegen die behauptete Forderung.

Sinnvolle Schritte, wenn das Inkassoschreiben echt ist

Stammt das Scheiben von einem existenten Inkassobüro empfiehlt sich die nachfolgende Vorgehensweise:

Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Hauptforderung

Zunächst gilt es zu überprüfen, ob die behauptete, gegen den Adressaten gerichtete Hauptforderung tatsächlich besteht oder bestehen könnte. Zahlungen auf eine nicht bestehende Forderung brauchen auch nicht geleistet zu werden. Es gibt zahlreiche Gründe für das Nichtbestehen der Hauptforderung: das Fehlen einer vertraglichen Beziehung mit der Gegenseite, die nicht erbrachte oder bereits bezahlte Gegenleistung, oder die vorangegangene Kündigung des der Forderung zugrunde liegenden Vertrages[2]. Auch die Identitätsverwechslungen des Schuldners können zum Erhalt eines solchen Schreibens führen.

Soweit es sich bei dem empfangenen Schreiben um kein Schreiben eines Fakeinkassos handelt, an der Rechtmäßigkeit der Forderung aber berechtigte Zweifel bestehen, gilt es, das Absenderinkasso umgehend unter der Darlegung der Argumente gegen die Forderung zu kontaktieren. Beim Vorliegen der Nachweise über die eingebrachten Einwände (z. B. eines Überweisungsbeleges über die bereits erfolgte Zahlung), sollten Verbraucher*innen diese dem Darlegungsschreiben beilegen.

Das Bestreiten unter der Darstellung der Argumente bewirkt zweierlei: der in dem Inkassoschreiben geschilderte Sachverhalt kann schneller und effektiver aufgeklärt und die negative Eintragung im Schufaregister verhindert werden[3]. Bestrittene und gerichtlich noch nicht festgestellte Forderungen dürfen von Gesetzeswegen keinen Eingang in das Schufaregister finden. Parallel besteht die Möglichkeit, den Gläubiger der Forderung zu kontaktieren.

Schweigen auf eine nichtberechtigte Forderung gegenüber einem existenten Inkassounternehmen gilt es möglichst zu vermeiden. Unbestrittene Forderungen können auch im Falle ihrer Unrechtmäßigkeit als Negativmeldung ins Schufaregister eingetragen werden. Auch die Einleitung gerichtlicher Schritte, die im Falle des Bestreitens womöglich unterblieben wären, ist dabei nicht auszuschließen.

Reagiert das Inkassounternehmen auf die eingebrachten Einwände nicht und mahnt stattdessen weiter, braucht keine weitere Reaktion zu erfolgen.

Überprüfung von Verzugsvoraussetzungen

Steht fest, dass die geltend gemachte Hauptforderung rechtmäßig ist, sollte diese möglichst schnell beglichen werden. Ist eine Einmalzahlung und vollständige Tilgung finanziell nicht möglich, sollten die Verbraucher*innen sich um eine Vergleichs- oder Ratenzahlungsvereinbarung bemühen.

Ob die Zahlungsverpflichtung über die Hauptforderung hinaus besteht, hängt davon, ob sich die Verbraucher*innen in Bezug auf diese Hauptforderung im Verzug befinden. Bei den Inkassokosten handelt es sich um einen Verzugsschaden. Der Verzugseintritt hängt wiederum von mehreren Kriterien ab:

  • Die behauptete Forderung muss fällig sein. Bei einer Entgeltforderung ist dies es in der Regel nach dem Erhalt der Leistung oder der Vereinbarung der Vorleistungspflicht sowie dem Zugang der Rechnung der Fall[4]. Erhalten Verbraucher*innen vor dem Inkassoschreiben keine Rechnung, ist zwar die Hauptforderung zu begleichen, es fehlt jedoch an der Erfüllung der Verzugsvoraussetzungen, die Inkassogebühren rechtfertigen würden.
  • Die behauptete Forderung muss einredefrei sein. Übte z. B. der Betroffene vor dem Zugang des Inkassoschreibens gegenüber dem Gläubiger das Zurückbehaltungsrecht (z.B. wegen der Mangelhaftigkeit der Sache) aus, gerät er im Falle der Nichtzahlung nicht in Verzug.
  • Verbraucher*innen müssten in den Verzug „gesetzt“ worden sein. In Verzug kommt der Schuldner vor allem durch den Zugang der Mahnung des Gläubigers oder der in dessen Namen handelnden Person[5]. Zu beachten ist, dass unter einer Mahnung jede ernsthafte und eindeutige Aufforderung zur Leistungserbringung zu verstehen ist.[6] Nicht notwendig ist hingegen, dass der Ausdruck „Mahnung“ genutzt wird. Weiterhin ist dabei zu beachten, dass der Gläubiger für seine Mahnspesen ausschließlich die ihm tatsächlich entstandenen Mahnkosten, ausgenommen der Personalkosten, ansetzen darf. Pauschalierte Mahnspesen sind in der Regel unzulässig.

Bei einer Entgeltforderung kann der Schuldner außerdem 30 Tage nach dem Zugang einer fälligen einredefreien Rechnung in Verzug geraten, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Allerdings sind Verbraucher*innen in der Rechnung auf die Verzugsfolgen nach dem Ablauf der 30 Tage und nicht erfolgter Zahlung ausdrücklich hinzuweisen. Erfolgt kein ausdrücklicher Hinweis auf die Verzugsfolgen in der Rechnung oder erfolgt die erstmalige Mahnung durch das Inkassounternehmen selbst, sind mangels eines vorherigen Verzugseintrittes keine Inkassokosten zu vergüten.

  • Kontodeckung und -bewegung beachten. Die Besonderheit des Verzugseintrittes kann sich daraus ergeben, dass die Bank des Schuldners den Lastschrifteinzug ablehnt. Einige Stimmen in der Rechtsprechung und Literatur gehen in einer solchen Konstellation von einer Selbstmahnung und dem damit einhergehenden Verzug aus und billigen die Inkassokosten zu[7]. Es ist daher zu empfehlen, möglichst auf die ausreichende Kontodeckung zu achten und die Überweisungsbelege nach möglichen Lastschriftablehnungen durch die Bank zu sichten.
Verhältnismäßigkeit der Verzugskosten

Liegen die Verzugsvoraussetzungen vor, ist es dem Schuldner anzuraten, die gegen ihn gerichtete Forderung nebst angemessenen Verzugskosten möglichst schnell zu begleichen. Die tatsächliche Gebührenhöhe hängt von der Hauptforderung ab und unterliegt den Vorgaben des RVG Anlage 2. Bis zur Forderungshöhe von 50 Euro ist die Inkassovergütung auf 30 Euro gedeckelt[8]. Wenn das Inkassounternehmen überdies zu dem Konzern des Gläubigers der Hauptforderung gehört, dürfen keine Inkassogebühren angesetzt werden[9].

Beauftragt der Gläubiger einer Forderung mit deren Einziehung sowohl einen Inkassodienstleister als auch einen Rechtsanwalt, so kann er die ihm dadurch entstehenden Kosten nur bis zu der Höhe als Schaden ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären, wenn er nur einen Rechtsanwalt beauftragt hätte[10].

Zusätzlich zu der Inkassovergütung können ab dem Verzugseintritt die Verzugszinsen auf die Hauptforderung verlangt werden. Diese sind jedoch in der Regel überschaubar.

Rund um den Mahnbescheid

Bei einem Mahnbescheid handelt es sich um ein gerichtliches Verfahren, sodass ein Mahnbescheid stets durch ein Gericht erlassen wird. Nicht zu verwechseln ist ein Mahnbescheid mit der bloßen Mahnung, die sowohl durch einen Inkassodienstleister als auch durch den Gläubiger unbegrenzt oft ausgesprochen werden darf und kann. Im Gegensatz zu einem Mahnbescheid bewirkt eine Mahnung lediglich den Verzugseintritt. Wichtig: Bei einem Mahnbescheid wird keine Rechtmäßigkeit oder gar das Bestehen der Forderung überprüft. Das Gericht agiert vielmehr in diesem Stadium des Verfahrens ausschließlich nach den Gläubigervorgaben.

Erhält der Schuldner einen Mahnbescheid, wird diesem ein Widerspruchsformular beigefügt. Dieses ist im Falle einer unbegründeten Forderung zwingend innerhalb der 14 Tage auszufüllen und an das Mahngericht zurückzusenden. Erfolgt kein fristgerechter Widerspruch, kann die Gegenseite einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Legt der Schuldner hiergegen fristgerecht binnen 14 Tagen Einspruch ein, kommt es automatisch zu einem üblichen gerichtlichen Verfahren. Ein Richter prüft dann die jeweiligen Ansprüche und fällt ein Urteil. Reagiert der Schuldner hiergegen nicht, erstarkt der Vollstreckungsbescheid unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Forderung zu einem Titel, lässt sich nicht mehr anfechten und ist 30 Jahre lang vollstreckbar. Ist ein längerer Aufenthalt außerhalb des Hauptwohnsitzes geplant, empfiehlt es sich deshalb, die Post durch eine vertraute Person kontrollieren zu lassen.

Auch wenn die beschriebenen Schreiben unangenehm sind, gilt es, stets die Ruhe zu bewahren. Sowohl bei den Inkassounternehmen als auch bei den Rechtsanwälten handelt es sich um die privaten Dienstleister, die ohne eine gerichtliche Entscheidung weder einen Gerichtsvollzieher beauftragen noch ein Schuldnerkonto pfänden dürfen. Im Falle eines Mahnbescheides gilt es, bei einer unbegründeten Forderung möglichst schnell zu agieren.

 

[2] Die Gründe sind nicht abschließend aufgezählt

[3]§ 31 Abs. 2 Nr. 4 d BDSG

[4]§ 271 Abs. 1 BGB, § 286 Abs.1+ 3 BGB.

[5]§ 286 Abs. 1 BGB

[6]BeckOGK/Dornis, 1.6.2024, BGB § 286 Rn. 132, beck-online

[7]LG Düsseldorf v. 08.06.2017, Az. 14 c O 169/15

[8]§ 13 Abs. 2 RVG

[9]MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl. 2022, BGB § 286 Rn. 187, 188, beck-online; Otto Konzern!

[10] § 13 f RVG