Verbraucherrecht

01.03.2022

Nachhaltigkeit beim Online-Shopping – auch Verbraucher*innen tragen Verantwortung

Nicht zuletzt durch die Corona Pandemie hat das Online-Shopping im Vergleich zum Kauf im Laden einen enormen Popularitätsschub erfahren. Doch spätestens dann, wenn wir versuchen, den Berg von Kartons, den die Lieferungen von Amazon, Zalando & Co. mit sich bringen, in den ohnehin schon überfüllten Papiercontainer zu stopfen, wird einem klar, hier könnte es ein Problem für die Umwelt geben. Die Verpackungsflut ist allerding nicht das einzige Problem in punkto Nachhaltigkeit beim Einkauf im Netz.

Nachhaltigkeit beim Online-Shopping – auch Verbraucher*innen tragen VerantwortungFoto: © Vibe Images - stock.adobe.com

Ware geht retour

Anders als im Ladengeschäft haben Verbraucher*innen online die Möglichkeit, die Waren zurückzusenden und den Vertrag zu widerrufen. Hierzu bedarf es keinerlei Begründung. Sie sind lediglich verpflichtet, die Frist von 14 Tagen ab Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung (ohne Belehrung ein Jahr und 14 Tage) einzuhalten.

Die Kosten für die Rücksendung der Waren müssen Verbraucher*innen nur dann übernehmen, wenn sie bei Vertragsschluss entsprechend informiert wurden. Nach einer Umfrage der Forschungsgruppe Retourenmanagement der Universität Bamberg aus dem Jahr 2019 machten nur 15 Prozent der Händler von der Möglichkeit Gebrauch, die Rücksendekosten auf den / die Verbraucher*in umzulegen.

Das Nichtumlegen von Rücksendekosten auf die Verbraucher*innen ist zu einem Wettbewerbsaspekt geworden. Die Unternehmen ermuntern Kund*innen geradezu, sich beispielsweise Kleidung von vornherein in verschiedenen Farben und Größen zu bestellen und eine Rücksendung damit einzukalkulieren.

 

Unter Gesichtspunkten des Umwelt- und Klimaschutzes scheint dies äußerst fragwürdig. Wäre es im Sinne der Nachhaltigkeit nicht wünschenswert, wenn die Rücksendekosten bei einem Widerruf prinzipiell von dem Verbraucher oder der Verbraucherin zu tragen wären? Was auf den ersten Blick wie eine Verschlechterung der Verbraucherrechte wirkt, würde in Wahrheit ja nicht die Gesamtheit der Verbraucher*innen belasten, sondern interessengerecht diejenigen, die ein wenig nachhaltiges Bestellverhalten an den Tag legen.

Ein weniger regulatorischer Ansatz, der ebenfalls diskutiert wird, ist eine Information des Verbrauchers über den CO2-Verbrauch einer Retourensendung . Hier würde das Bewusstsein geschärft, was das Zurücksenden von Ware unter dem Aspekt Klimaschutz bedeutet.

Technologische Möglichkeiten, die Retourenhäufigkeit zu senken, sind rechtlich zwiespältig, denn sie ziehen regelmäßig eine hohe datenschutzrechtliche Problematik nach sich. Wenn Verbraucher*innen sich beispielsweise mittels Körper-Scan vermessen lassen, reduzieren sich durch passgenaue Lieferung in Bezug auf die Kleider- oder Schuhgröße zwar die Retouren, aber die Unternehmen erhalten gleichzeitig eine große Menge an persönlichen Daten.

Bei manchen Onlineshops besteht die Möglichkeit, neben Farb-, Marken-, Preis- und Größenfiltern auch einen Nachhaltigkeitsfilter zu setzen. Hier besteht ein ähnliches Problem wie bei zahlreichen Siegeln und Labeln, die auf freiwilliger Basis die Einhaltung bestimmter Standards zusichern: Bei jedem Siegel und bei jedem Filter greifen unterschiedliche Kriterien, die jeweils individuell für jeden Shop zu recherchieren sind.

Es ist aus europarechtlichen und tatsächlichen Gründen kompliziert, für den Bereich der Retourensendungen eine nachhaltige Patentlösung anzubieten. Umso wichtiger ist es, dass Verbraucher*innen die Problematik (er)kennen und ihr Konsumverhalten kritisch hinterfragen.

Weitere Informationen darüber, wie gerade Retouren die Umweltbilanz des Online-Einkaufs verschlechtern, finden sie hier: https://www.verbraucherservice-bayern.de/themen/umwelt/wie-umweltfreundlich-ist-online-shopping    

Im Bereich des nachhaltigen Verbraucherschutzes sind in jüngster Vergangenheit auch einige gesetzgeberische Schritte getan worden, die hier überblicksartig vorgestellt werden:

Updatepflicht für Smartphones, Notebooks & Co.

Seit Jahresbeginn besteht für Verkäufer von Waren mit digitalen Elementen eine Aktualisierungspflicht mit Updates und neuen Versionen. Neben der Funktionsfähigkeit ist auch die IT-Sicherheit des jeweiligen Geräts nach Übergabe zu gewährleisten. Dies ist im Grundsatz sehr begrüßenswert.

Die Frage zur Dauer der Update-Verpflichtung hat der Gesetzgeber allerdings nicht klar beantwortet. Es heißt nur „solange es vom Verbraucher als angemessen erwartet werden kann.“ Maßgeblich dafür, wie lange dieser Zeitraum reicht, sind – laut Presseerklärung des Bundesjustizministeriums – „etwa Werbeaussagen, der Kaufpreis und die Materialien, die zur Herstellung der Kaufsache verwendet wurden“.

Das Lieferkettengesetz

Das Lieferkettengesetz passierte im Sommer vergangenen Jahres sowohl den Bundestag als auch den Bundesrat.

Ab 2023 sind Unternehmen ab einer Größe von mindestens 3000 Mitarbeitern dazu verpflichtet, die Einhaltung von Menschenrechten entlang der Lieferketten ihrer Produkte genauer zu beachten. 2024 gilt dies dann auch für Unternehmen bereits ab einer Größe von 1000 Mitarbeitern.

Inhaltlich muss das Unternehmen ab dem jeweiligen Zeitpunkt gegenüber dem direkten Zulieferer (in bestimmten Fällen auch gegenüber dem indirekten Zulieferer) beim Verdacht auf Menschenrechtsverletzungen, beispielsweise durch Zwangs- oder Kinderarbeit, ermitteln und die Ergebnisse gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle dokumentieren. Eine eigene zivilrechtliche Haftung des Unternehmens ergibt sich daraus aber nicht.

Auch Umweltbelange können im Rahmen des Lieferkettengesetzes eine Rolle spielen, zum Beispiel bei der Vergiftung von Trinkwasser oder anderen, die menschliche Gesundheit betreffenden Vorgehensweisen.

Es besteht Hoffnung, dass ein konsequent angewandtes und kontrolliertes Lieferkettengesetz positive Auswirkungen auf den Kauf nachhaltiger Produkte hat. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners, die Heise Online Ende letzten Jahres veröffentlichte, würde jeder dritte Verbraucher mehr für nachhaltige Produkte bezahlen. Bis zu 18 Prozent Mehrkosten wären der Befragung zufolge für die Verbraucher*innen akzeptabel.

Welche Optionen hat die Gesetzgebung?

Im Gespräch ist beispielsweise ein Reparaturindex, wie es ihn in Frankreich bereits gibt. Verbraucher*innen erkennen damit beim Kauf eines Produkts schnell, gleich ob Waschmaschine oder Notebook, wie leicht oder schwer das Gerät zu reparieren ist. Eine Stufe über dem Reparaturindex stünde das Recht auf Reparatur. Die Ampel-Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag Bestrebungen in diese Richtung formuliert, wartet aber auf einen Gesetzesvorschlag der EU-Kommission, der für Juli 2022 angekündigt ist.

Das Bundesumweltministerium lässt verlauten, dass es über eine Herstellergarantiepflicht für die gesamte Lebensdauer eines Produkts nachdenkt. Nicht entschieden werden soll über den Inhalt der Garantie. Gibt der Hersteller eine Null-Garantie ab, so die Hoffnung, erscheinen die Produkte für die Verbraucher*innen von vornherein unattraktiv.

Fazit – Nachhaltige Produkte genau hinterfragen

Nachhaltigkeit muss ein integraler Bestandteil des Verbraucherrechts werden.
Es lohnt sich, bei dieser Entwicklung am Ball zu bleiben, denn sonst laufen Verbraucher*innen Gefahr, in die „Greenwashing“-Falle zu tappen. Nicht alles, was derzeit als nachhaltig beworben wird, ist es auch.

Quellen:

https://www.svr-verbraucherfragen.de/wp-content/uploads/201110_SVRV_PB3_Onlinehandel_DEU_bf.pdf

BMJ | Pressemitteilungen | Zum 1. Januar 2022: Das BGB bekommt ein Update

Bundesministerium für Zusammenarbeit und Entwicklung, faq-lieferkettengesetz.pdf

Die Zeit Bundesrat: Lieferkettengesetz kann in Kraft treten | ZEIT ONLINE

Umfrage: Jeder Dritte würde für nachhaltige Produkte mehr zahlen | heise online

Der französische Reparatur-Index | Germanwatch e.V.

Bundesumweltministerium denkt an Herstellerhaftung bei der Produktlebensdauer (pcgameshardware.de)

Lobbying in Brüssel: Mit der „Hackergefahr“ gegen das Recht auf Reparatur (netzpolitik.org)