Verbraucherrecht
13.09.2024
Ungewollte Strom- oder Gasanbieterwechsel
Trotz verbesserter rechtlicher Rahmenbedingungen kommt es immer noch regelmäßig zu ungewollten Vertragswechseln im Bereich Strom und Gas. Der beste Schutz ist es, niemals am Telefon oder an der Haustür die Zählernummer oder Informationen über den bestehenden Vertrag preiszugeben. Ansonsten können unseriöse Energieanbieter einen ungewollten Lieferantenwechsel in Gang setzen. Was aber ist zu tun, wenn es zu einem Vertragsabschluss kommt, den Verbraucher*innen später bereuen? Informieren Sie sich hier.
Neue Regelungen schützen Verbraucher*innen
Seit 2021 können Energielieferverträge mündlich, außer in der Grundversorgung, nicht mehr wirksam abgeschlossen werden. Bei allen Sonderverträgen muss der Strom- oder Gasanbieter vor Vertragsschluss wichtige Informationen, wie Preis und Laufzeit, dem Kunden in Textform mitteilen, zum Beispiel per E-Mail oder SMS. Nur wenn der Kunde dem Angebot auch in Textform zustimmt, wird der Vertrag wirksam abgeschlossen. Die Erlaubnis, den Altvertrag zu kündigen, muss sich der neue Anbieter ebenfalls in Textform einholen. Ein „Ja“, zum Beispiel per SMS, genügt, einer Unterschrift bedarf es jedoch nicht.
Unseriöse Energieanbieter setzen Lieferantenwechsel in Gang
Trotz der verbesserten Rahmenbedingungen gibt es unseriöse Energieanbieter, die einen Lieferantenwechsel in Gang setzen, obwohl die Kommunikation mit den Verbraucher*innen nur mündlich stattfand und ein wirksamer Vertrag nicht zustande gekommen ist. Möglich ist das, wenn der Energieanbieter Name und Anschrift und ein weiteres eindeutiges Merkmal, wie die Zählernummer oder den bisherigen Energielieferanten und die Kundennummer kennt. Mit diesen Daten kann er sich an den Netzbetreiber und den bisherigen Strom-, bzw. Gaslieferanten wenden, einen wirksamen Vertragsschluss und auch den Auftrag zur Kündigung behaupten. Ein Beweis ist nicht nötig, Es genügt die Kenntnis über die Anschluss- oder Vertragsdaten.
VerbraucherService Bayern rät zur Vorsicht
Am Telefon können Sie nicht sicher sein, mit wem Sie sprechen. Auch Vertreter an der Haustür geben nicht immer wahrheitsgemäß an, für welches Unternehmen sie tätig sind. Durch geschickte Gesprächsführung werden Verbraucher*innen häufig die für den Wechsel notwendigen Daten entlockt. Vertreter können die Daten auch von Vertragsunterlagen und Rechnungen ausspähen, die Verbraucher*innen auf Nachfrage hervorholen.
Möchten Sie nur ein Angebot einholen, geben Sie keine sensiblen Daten preis. Zählernummer und Informationen über den Altanbieter sind für die Angebotserstellung nicht notwendig. Lediglich der jährliche Energieverbrauch wird hierfür benötigt.
Untergeschobener Vertrag – und jetzt?
Verbraucher*innen können sich gegen untergeschobene Verträge wehren. Sie sollten umgehend schriftlich, per Einschreiben, den behaupteten Vertrag und die behauptete Vollmacht zur Kündigung des Altvertrages gegenüber dem Neuanbieter bestreiten und Widerspruch einlegen. Für den Fall, dass der Vertrag doch wirksam abgeschlossen wurde, empfiehlt es sich, höchstvorsorglich den Vertrag auch zu widerrufen, zu kündigen sowie die Anfechtung zu erklären. Den Altanbieter sollten Sie über die unwirksame Kündigung informieren, am besten noch vor dem mitgeteilten Wechseltermin. Versenden Sie Ihre Schreiben per Einschreiben.
Haben Sie keinen wirksamen Vertrag mit einem neuen Anbieter abgeschlossen, sind Sie für die aufgedrängte Energielieferung durch den vermeintlich neuen Vertragspartner auch nicht zur Zahlung verpflichtet. Gegen dessen Rechnungen und geforderten Monatsabschläge können Sie mit der Begründung, dass es an einem wirksamen Vertragsverhältnis fehlt und es sich hier um eine aufgedrängte Bereicherung handelt, Widerspruch einlegen.
Bei einer Zahlungsverweigerung sollten Sie sich jedoch sicher sein, dass Sie zu keiner Zeit – auch nicht unbeabsichtigt – die Zustimmung zu einem Vertrag gegeben haben. Manche Vertreter überreden Verbraucher*innen zu einer Unterschrift, und geben vor, es ginge hier nur um die Bestätigung ihres Besuches oder um ein Angebot. Holen Sie sich im Zweifel Rechtsrat ein.
Überrumpelt und neuen Vertrag abgeschlossen
Haben Sie am Telefon oder an der Haustür doch einen Vertrag abgeschlossen, den Sie im Nachgang bereuen, so können Sie von Ihrem 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch machen. An welche Adresse das Schreiben zu richten ist, steht in der Widerrufsbelehrung, die Sie vom Anbieter in Textform erhalten müssen. Widersprechen Sie unbedingt auch einer eventuell erteilten Vollmacht für die Kündigung des Altvertrages.
Auch wenn es bequemer ist, der Widerruf sollte nicht (nur) per E-Mail versendet werden. Um einen wirksamen Widerruf im Streitfall beweisen zu können, versenden Sie einen Brief per Einschreiben.
Die 14-tägige Frist beginnt immer erst, sobald Sie über Ihr Widerrufsrecht in Textform informiert wurden. Ist Ihnen diese nicht ausgehändigt worden, so beträgt die Widerrufsfrist ein Jahr und 14 Tage.
Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums und Täuschung
Sind Sie bei der Vertragsanbahnung zum Beispiel über den Vertragsinhalt getäuscht worden, kann der Vertrag auch angefochten werden. Insbesondere, wenn die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist und sie mit einem Widerruf nicht mehr einfach aus dem Vertrag kommen, empfiehlt es sich, zu prüfen, ob eine Anfechtung des Vertrages in Frage kommt und Erfolg haben kann.
Vertragsanbahnung an der Haustür
Achten Sie bei einem Hautürgeschäft immer darauf, dass Ihnen die Vertragsunterlagen ausgehändigt werden. Am besten leisten Sie zunächst keine Unterschrift und bestätigten nichts in Eile. Häufig fehlt die Ruhe, um den Auftrag durchzulesen und Sie können nicht überblicken, für was Sie genau unterschreiben. Meist wird mit der Unterschrift auch bestätigt, dass man vorab über alle wesentlichen Vertragsbestandteile ordnungsgemäß informiert wurde, auch wenn dies gar nicht der Fall war. Ist der Vertreter aus dem Haus und Sie haben nichts in der Hand, wird es deutlich komplizierter, sich gegen den Vertrag zu wehren.
Stimmen Sie einem Vertrag nicht zu, nur um den Vertreter wieder loszuwerden. Verlässt ein Vertreter nach Aufforderung nicht Ihre Wohnung, rufen Sie die Polizei. Sie können auch Anzeige wegen Hausfriedensbruch stellen.
Unerlaubte Werbeanrufe der Bundesnetzagentur melden
Werbeanrufe sind nur erlaubt, wenn Sie dem Unternehmen vorher eine Einwilligung erteilt haben. Die Einwilligung zur telefonischen Kontaktaufnahme erteilen Verbraucher*innen manchmal bei Vertragsschluss. Bei den Werbeanrufen der Energieanbieter fehlt es meist an einer Einwilligung durch die Verbraucher*innen. Gegen sogenannte „Cold Calls“ („Kalte Anrufe“) kann die Bundesnetzagentur vorgehen. Weitere Informationen unter www.bnetza.de/coldcalls.