Verbraucherrecht

25.07.2024

Verspätungen und Ausfälle - Ihre Rechte im Flugverkehr

Im Flugverkehr kommt es gerade in der Urlaubszeit häufig zu Verspätungen und Flugausfällen. Dies geschieht aufgrund technischer oder organisatorischer Mängel, aber auch durch Streiks oder schlechte Wetterverhältnisse. Für die Fluggäste erweisen sich solche Störungen häufig als nervenaufreibend und kostspielig. Erfahren Sie, welche Rechte gelten, wenn Sie Ihr Flugziel gar nicht oder verspätet erreichen und was es zu beachten gilt.

Verspätung Flugausfall Fluggastrecht© anyaberkut - Fotolia.com
Bei Verspätungen und Flugausfällen haben Sie häufig Anspruch auf Entschädigung.

Für welche Flüge gilt die EU-Fluggastrechteverordnung?

Die Rechte aus der EU-Fluggastrechteverordnung gelten für regulär bezahlte Flüge, auch im Rahmen von Pauschal- und Dienstreisen

  • innerhalb der EU
  • aus der EU in ein Nicht-EU-Land
  • oder in die EU und bei Durchführung durch ein Flugunternehmen der EU.

Bei Flügen in Ländern außerhalb der EU gelten meist keine gesetzlich geregelten Bestimmungen. Hier lohnt sich ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fluggesellschaft.

Ihre Rechte als Fluggast – Ersatz, Betreuung, Entschädigung

Gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung (Verordnung - 261/2004 - EN - fluggastrechteverordnung - EUR-Lex (europa.eu)) haben Betroffene je nach Lage des Einzelfalles Rechte auf:

  • Ersatzbeförderung
  • Betreuungsleistungen
  • Entschädigung

Die Ansprüche verjähren erst nach drei Jahren. Der VerbraucherService Bayern empfiehlt dennoch, sie zeitnah geltend zu machen, da sich die Sachverhalte besser nachvollziehen lassen.

Flugverspätung – bei mehr als drei Stunden gibt es Entschädigung

Beträgt die verspätete Ankunft am Zielflughafen mehr als drei Stunden, haben Reisende Anspruch auf eine Entschädigung zwischen 250 Euro und 600 Euro pro Person. Die Höhe der Summe hängt von der Entfernung (Luftlinie) zum Zielort ab.

Ab einer Flugverspätung von fünf Stunden haben Fluggäste das Recht, die Reise abzubrechen und Ihre Ticketkosten zurückzuerhalten. Falls die Verspätung erst beim Zwischenstopp auftritt, ist die Fluggesellschaft verpflichtet, sie kostenlos zu Ihrem Abflughafen zurückzubefördern.

Möchten die Reisenden am Beförderungsvertrag festhalten, greift der Anspruch auf Ersatzbeförderung und Betreuungs-, bzw. Unterstützungs- sowie gegebenenfalls Entschädigungsleistungen.

Flugannullierung – Umbuchung oder Stornierung möglich

Wird der Flug ganz gestrichen oder um viele Stunden vorverlegt gibt es neben einer eventuellen Entschädigung zwei Optionen:

  • Umbuchen: Sie lassen sich von der Airline auf einen anderen Flug umbuchen, damit Sie Ihr Reiseziel erreichen.
  • Stornieren: Sie können das Geld zurückverlangen und sich den bezahlten Flugpreis in voller Höhe und innerhalb von sieben Tagen erstatten lassen.

Bietet die Fluggesellschaft einen Ersatzflug an, dürfen die Abflug- und Ankunftszeiten nicht erheblich abweichen. Auch sind gewisse Informationspflichten einzuhalten. Ansonsten erhalten Betroffene Ausgleichszahlungen.

Ersatzbeförderung bei Flugausfall oder Überbuchung

Fällt der Flug aus oder verweigert die Fluggesellschaft das Boarding (z.B. bei Überbuchung), besteht das Recht auf eine schnellstmögliche Ersatzbeförderung. Organisiert der Reisende diese selbst, hat er das Recht, den Flug zu stornieren und erhält den Ticketpreis ohne Abschläge zurück.

Betreuungsleistungen ab zwei bis vier Stunden Verspätung

Verzögert sich der Abflug erheblich besteht Anspruch auf Betreuungsleistungen:
- bei Kurzstrecken unter 1500 km ab zwei Stunden Verspätung
- bei einer Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km ab drei Stunden Verspätung
- bei Langstreckenflügen von mehr als 3500 km ab vier Stunden Verspätung

Diese beinhalten Essen und Trinken in angemessener Menge, nötige Telefonate sowie bei Bedarf die Übernachtung in einem Hotel inklusive Transferkosten.

Entschädigung bei mehr als drei Stunden Verspätung

Eine Entschädigung steht Passagieren zu, deren gebuchter Flug mehr als drei Stunden verspätet ankommt – auch wenn ein Anschlussflug verpasst wurde oder der Flug wegen Überbuchung nicht angetreten werden konnte.

Die Höhe der Entschädigung hängt von der Luftlinie zum Zielort ab und beträgt bis zu 600 Euro pro Passagier:

  • 250 Euro bis 1500 km
  • 400 Euro bis 3500 km
  • 600 Euro ab 3500 km

Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem Sie infolge der Nichtbeförderung bzw. Annullierung später als zur geplanten Ankunftszeit ankommen.

In folgenden Fällen zahlt die Fluggesellschaft keine Entschädigung:

  • Es liegen außergewöhnliche Umstände vor, die die Fluggesellschaft nicht beeinflussen konnte, wie zum Beispiel terroristische Anschläge, Naturkatastrophen oder Streik.
  • Die Streichung des Fluges, Flugzeitenänderung oder Umbuchung erfolgte mehr als 14 Tage vor Flugantritt.
  • Der Entschädigungsanspruch ist verjährt.

Ansprüche auf Schadenersatz

Nicht gleichzusetzen mit Entschädigung sind Ansprüche auf Schadenersatz. Diese machen Verbraucher*innen zusätzlich geltend, wenn durch die Flugverspätung oder den Flugausfall ein konkreter finanzieller Schaden entstanden ist. Zum Beispiel wegen unterlassener Betreuungsleistungen (keine Unterkunft bzw. Verpflegung) sowie verpasster Termine. Hierfür empfiehlt es sich, Belege zu sammeln und vorzulegen.

Außergewöhnliche Umstände

Bei außergewöhnlichen Umständen ist die Fluggesellschaft nicht verpflichtet, eine Entschädigung zu zahlen. Hierzu zählen:

  • unbeherrschbarer Streik
  • Naturkatastrophen
  • Vogelschlag
  • Terroristische Angriffe

Sind Sie nicht sicher, oder kennen die Hintergründe der Verspätung oder des Flugausfalles nicht, fordern Sie dennoch Ausgleichszahlungen von der Fluggesellschaft. Im Zweifel muss diese nachweisen, dass sie die Umstände tatsächlich nicht zu verantworten hat.
Übrigens: Technischer Defekt oder Überbuchung gehören nicht zu den außergewöhnlichen Umständen.

Trotz außergewöhnlicher Umstände sind Betreuungsleistungen zu erbringen. Bietet die Fluggesellschaft Ihnen diese trotz Nachfrage nicht an, behelfen Sie sich selbst und stellen die Kosten in Rechnung.

Weitere Fragen zum Reiserecht? Lassen Sie sich beraten

Der VerbraucherService Bayern klärt über Reiserechte auf und hilft bei der Durchsetzung von Ansprüchen – in einer der 15 Beratungsstellen in Bayern, telefonisch oder per Mail. Online erhalten Sie weiterführende Informationen unter www.verbraucherservice-bayern.de Stichwort „Reiserecht“ bzw. „Urlaub“.

Haben Sie mit Ihren Forderungen bei der Fluggesellschaft keinen Erfolg, besteht die Möglichkeit, sich an die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr (vormals SÖP) zu wenden. Hier finden sich meist einvernehmliche Lösungen mit den 40 Fluggesellschaften, die sich freiwillig beteiligen.

Falls Sie Ihre Rechte nicht selbst durchsetzen möchten, besteht die Möglichkeit, diese an Sofortentschädiger (wie z.B. EUFlight, Flightright, Fairplane, Wir kaufen Deinen Flug) oder Fluggasthelfer-Portale (wie z.B. Fairplane, flug-verspaetet.de, flug-erstattung.de, EUClaim) abzutreten. Diese zahlen – nach erfolgter positiver Prüfung – eine bestimmte Summe sofort oder nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen.

In Sachen Fluggastrechte wurde bereits einiges für Verbraucher*innen erreicht. Der VerbraucherService Bayern setzt sich für Ihre Rechte ein und sorgt dafür, dass diese auch erhalten bleiben.