Versicherungen
07.01.2025
Höhere Rente durch private Rentenversicherung?
Wer seine jährliche Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung genau studiert, stellt fest, dass die Höhe der zu erwartenden gesetzlichen Rente häufig nur ein „Überleben“ sichert, große Sprünge sind hier nicht mehr möglich. Der durchschnittliche Zahlbetrag der gesetzlichen Rente lag im Jahr 2023 laut Deutscher Rentenversicherung bei 888,00 Euro bei Frauen und 1.309,00 Euro bei Männern. Diese Zahlen verdeutlichen, dass eine zusätzliche private Vorsorge unabdingbar ist, sofern Verbraucher*innen sich in den arbeitsfreien Jahren auch noch etwas leisten möchten.
Seit Jahren werden die Verbraucher*innen in Deutschland auf den demographischen Wandel und die damit entstehenden Probleme unserer sozialen Sicherungssysteme, insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung, hingewiesen. Denn durch den laufenden Anstieg der Rentenempfänger und die Abnahme der Beitragszahler gerät unser umlagefinanziertes Rentensystem zunehmend in Bedrängnis. Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung ist in Deutschland seit den 1950er Jahren von 341 Millionen Euro so gut wie jedes Jahr angehoben worden. Im Jahr 2023 betrug er laut der Deutschen Rentenversicherung über 84 Milliarden Euro, was einen nicht unerheblichen Anteil des gesamten jährlichen Bundeshaushaltes ausmacht. Wie lange dieses System in Zeiten von klammen Staatskassen noch am Leben gehalten werden kann, ist fraglich, zumal der Renteneintritt der sogenannten Babyboomer-Generation gerade beginnt.
Bei der Suche nach einer rentablen Strategie zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge sind Verbraucher*innen oftmals überfordert. Die Zahl der Produktangebote aus der privaten Finanz- und Versicherungswirtschaft sind für Laien nahezu unüberschaubar. Laut einer INSA-Umfrage, die durch das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung im Jahr 2023 in Auftrag gegeben wurde, stand die private Rentenversicherung mit einer Garantieleistung bei 20,6 Prozent der Befragten als geeignetes Produkt zur privaten Alterssicherung an erster Stelle. Bei weiteren 20,3 Prozent der insgesamt 1.881 befragten Personen zwischen 18 und 65 Jahren lag diese Art der Vorsorge auf dem zweiten Platz. Stellt sich nun also die Frage, ob dieses Produkt nun wirklich eine geeignete Form zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge ist und wo vielleicht einige Fallstricke liegen könnten.
Grundlagen einer privaten Rentenversicherung
Grundsätzlich handelt es sich bei der privaten Rentenversicherung um einen Sparvertrag von einer der zahlreichen privaten Versicherungsgesellschaften. In der sogenannten Aufschubzeit zahlt der Versicherungsnehmer in regelmäßigen Raten über mehrere Jahre einen Beitrag an das Versicherungsunternehmen, dass einen Teil dieses Beitrags auf dem Kapitalmarkt investiert und somit im Optimalfall Gewinne erwirtschaftet, die dem Versicherungsvertrag gutgeschrieben werden. Über die Jahre soll sich so ein Kapitalstock aufbauen, der dann zu Beginn der vereinbarten Rentenphase als lebenslange Rente an die versicherte Person wieder ausgezahlt wird. Im Gegensatz zu geförderten Altersvorsorgeformen, wie der Riester- oder Basisrente (auch Rürup-Rente genannt), beinhalten die Tarife der ungeförderten dritten Schicht der privaten Altersvorsorge in der Regel ein 100-prozentiges Kapitalwahlrecht. Das bedeutet, Verbraucher*innen entscheiden sich zu Beginn der Auszahlphase, ob sie eine lebenslange Rentenzahlung wählen oder sich das Kapital einmalig auszahlen lassen möchten und somit auf die Leibrente verzichten.
Der Vorteil der Leibrente besteht darin, dass die Versicherungsgesellschaft die Rente auch dann weiterzahlen muss, wenn der Kapitalstock aufgebraucht und die versicherte Person weiterhin am Leben ist. Diesen Vorteil kann und darf tatsächlich nur eine Versicherungsgesellschaft abbilden. Im Umkehrschluss besteht der Nachteil, dass die versicherte Person bei einem frühen Ableben einen Verlust ihrer Kapitalanlage einstreichen würde. Daher lässt sich die tatsächliche Effektivrendite eines Rentenversicherungsvertrags mit Rentenzahlung erst beim Ableben ermitteln. Oftmals bieten die Produktanbieter in ihren Tarifen hier eine Regelung an, was mit dem übrigen Kapital bei frühem Ableben des Versicherten passieren soll. Die gängigsten Formen sind die Auszahlung des verbleibenden Guthabens an eine begünstigte Person oder die Weiterzahlung der Rente für einen bestimmten Zeitraum, auch Rentengarantiezeit genannt.
Wie besteuern sich Leistungen aus einer privaten Rentenversicherung?
Wer Leistungen aus einem privaten Rentenversicherungsvertrag erhält, muss diese in der Regel versteuern, sofern die Höhe seiner gesamten jährlichen Einkünfte den Einkommensgrundfreibetrag von 12.096,00 Euro pro Person übersteigt. Allerdings gibt es hierbei eine Ausnahme: Liegt das Beginndatum der Versicherungspolice vor dem 1. Januar 2005, sind die Leistungen aus dem Vertrag steuerfrei, sofern der Vertrag mindestens zwölf Jahre lief. Dies gilt im Übrigen laut einem Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. IIIV R 4/18) auch für Leibrenten und nicht nur einmalige Kapitalauszahlungen bis zu dem Zeitpunkt, an dem der angesparte Kapitalstock aufgebraucht wurde.
Leistungen aus Versicherungsverträgen mit Beginn ab dem 1. Januar 2005 sind zu versteuern. Dabei wird zwischen einer einmaligen Kapitalauszahlung und einer Leibrente unterschieden. Bei der Rentenzahlung ist lediglich der sogenannte Ertragsanteil zu versteuern. Hierbei handelt es sich um einen festgelegten Prozentsatz, dessen Höhe vom Alter der Person beim Beginn der Rentenzahlung abhängt.
Rentenbeginn im Alter von… |
Ertragsanteil in Prozent |
60 Jahren |
22 % |
61 Jahren |
22 % |
62 Jahren |
21% |
63 Jahren |
20 % |
64 Jahren |
19 % |
65 Jahren |
18 % |
66 Jahren |
18 % |
67 Jahren |
17 % |
68 Jahren |
16 % |
69 Jahren |
15 % |
70 Jahren |
15 % |
Beispiel:
Die Rentenzahlung beginnt im Alter von 67 Jahren und beträgt monatlich 500,00 Euro. Demzufolge wären 85,00 Euro (17%) mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz zu versteuern, die restlichen 415,00 Euro der Rentenzahlung sind steuerfrei.
Bei der einmaligen Kapitalauszahlung sieht es wiederum anders aus. Hier greift das sogenannte Halbeinkünfteverfahren, wenn der Leistungsempfänger mindestens 62 Jahre alt ist (60 Jahre bei Verträgen, die vor 2012 abgeschlossen wurden) und der Vertrag mindestens zwölf Jahre bestand. Beim Halbeinkünfteverfahren ist lediglich die Hälfte der Gewinne, die der Vertrag erwirtschaftet hat, zu versteuern.
Beispiel:
In den Versicherungsvertrag wurden über die gesamte Aufschubphase 80.000,00 Euro eingezahlt. Die versicherte Person verzichtet auf die lebenslange Leibrente und erhält eine einmalige Kapitalauszahlung über 100.000,00 Euro. Der Gewinn läge hier bei 20.000,00 Euro, durch das Halbeinkünfteverfahren müssen allerdings nur 10.000,00 Euro versteuert werden.
Welche Formen der privaten Rentenversicherung gibt es?
Es lassen sich drei Produktarten der privaten Rentenversicherung unterscheiden. Diese sind die klassischen Tarife, die fondsgebundenen Tarife und die Indexpolicen.
Klassische Tarife
Bei den klassischen Tarifen handelt es sich um die seit Jahrzehnten weit verbreitete und bekannte Rentenversicherungspolice. Bei ihr wird der Sparanteil aus dem Beitrag im sogenannten Deckungsstock der Versicherungsgesellschaft angelegt. Hierbei entscheidet der Versicherer unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, wie er das Geld der Kunden anlegt. Ein großer Teil des Kapitals wird in festverzinsliche Wertpapiere angelegt, ein anderer Teil in Immobilien oder Infrastrukturprojekte und ein kleinerer Teil auf dem Aktienmarkt.
Klassische Tarife zeichnen sich dadurch aus, dass es auf den Sparanteil des Beitrags (Beitrag – Kosten = Sparanteil) eine Mindestverzinsung gibt, die zu Beginn dieses Jahres auf ein Prozent angehoben wurde. Durch das seit Jahrzehnten gefallene Zinsniveau fiel dieser Garantiezins von ehemals vier Prozentpunkten bis 1999 sukzessive bis auf 0,25 in den Jahren 2022 bis 2024. Durch die in den vergangenen Jahren stetig gefallenen Zinsen ist die Ablaufleistung dieser Verträge für viele Verbraucher*innen sehr enttäuschend, da die bei Abschluss ausgehändigten Angebote über die Laufzeit von einem damals vorherrschenden hohen Zinsniveau ausgingen. Somit kann es bei Verträgen mit hohen Kosten dazu kommen, dass die Rendite der Aufschubzeit sehr gering ausfällt und je nach Vertragskonstellation kaum ein Gewinn erwirtschaftet wurde.
Fondsgebundene Tarife
Mit der Jahrtausendwende und dem gestiegenen Interesse der Verbraucher*innen an Aktien, Börse und Investmentfonds (Internetblase an den Börsen, Telekomaktie), brachten immer mehr Versicherungsgesellschaften sogenannte fondsgebundene Tarife auf den Markt. Vorteil dieser Tarife ist die Chance auf eine höhere Rendite, da das angesparte Kapital nicht mehr im Deckungsstock der Versicherungsgesellschaft angelegt wird, sondern in vom Versicherer angebotenen Investmentfonds investiert werden kann.
Nachteil dieser Variante ist die zumeist fehlende Renditegarantie und somit kann die Ablaufleistung nur anhand von historischen Kursentwicklungen prognostiziert werden. Außerdem sind die Kosten dieser Fondspolicen oftmals höher als bei klassischen Tarifen, was wiederum an der Rendite zehrt. Wegen der zeitweisen Abkehr der Verbraucher*innen von Aktienmärkten durch das Platzen der Internetblase und weiterer längerer oder kürzerer Turbulenzen an den Börsen, wurden im Laufe der Jahre zusätzliche fondsgebundene Tarife mit Garantieleistungen eingeführt, deren Renditeentwicklung unterschiedlich erfolgreich aussieht. Verbunden mit den höheren Kosten sind die Chancen auf eine höhere Rendite hier relativ gering und wurden zum Teil auch mangels Erfolges auch wieder eingestellt. Verbraucher*innen sollten sich daher vor dem Abschluss einer Rentenversicherung entscheiden, ob bei ihnen die Sicherheit bei der Kapitalanlage oberste Priorität hat oder ob sie die langfristigen Chancen der Kapitalmärkte für den Aufbau ihrer Altersvorsorge nutzen möchten und auf eine Garantie verzichten. Denn eine Garantie bei der Kapitalanlage verursacht immer Kosten und diese schmälern die Rendite.
Indexpolicen
Seit einigen Jahren bieten einige Versicherungsgesellschaften auch sogenannte Indexpolicen an. Grundlage der Kapitalanlage in diesen Policen ist immer ein fest definierter Börsenindex, an dem sich die Wertentwicklung des Vertrages orientieren soll. Allerdings ist die Wertentwicklung für die Versicherungskunden auch an bestimmte Voraussetzungen gebunden oder teilweise sogar gedeckelt, sodass die Verbraucher*innen zwar Verluste generieren können aber nicht 1:1 an einer positiven Entwicklung des Indices partizipieren. Hier gibt es die verschiedensten Tarifkonstellationen und wir raten von diesen Verträgen ab, da sie aus unserer Sicht zum Teil intransparent sind und laut einer Auswertung der Stiftung Warentest / Finanztest (Heft 08 / 2024) keine überzeugende Rendite erwirtschaften konnten.
Kosten und Rentenfaktor entscheiden über die Rentabilität
Neben der Rendite der gewählten Kapitalanlage im Versicherungsvertrag (klassischer Deckungsstock oder Investmentfonds) entscheiden zwei weitere Punkte über die Rentabilität eines solchen Vertrages. Zum einen sind es die Kosten, die sich in Abschluss- und Verwaltungskosten aufteilen lassen. Von den Abschlusskosten wird zum großen Teil die Vermittlungsprovision bezahlt, die der Versicherungsvermittler für den Verkauf der Police erhält. Die Verwaltungskosten berechnet die Versicherungsgesellschaft für die Aufrechterhaltung des Vertrages während der gesamten Laufzeit. Die Gesamtkosten eines Vertrages werden auf einem Basisinformationsblatt als Effektivkostenquote ausgewiesen, welches Ihnen vor Abschluss der Police ausgehändigt werden muss. Die Effektivkostenquote besagt, um wieviel Prozentpunkte die Bruttorendite (Rendite vor Kosten) durch die Vertragskosten geschmälert wird.
Wie sich die Höhe der Effektivkostenquote auf das Ablaufergebnis des Vertrags auswirkt, sehen Sie an zwei Beispielen in der nachfolgenden Tabelle:
monatliche Sparrate |
150,00 € |
150,00 € |
Laufzeit |
30 Jahre |
30 Jahre |
Rendite vor Kosten |
5 % |
5 % |
Effektivkostenquote |
1,9 % |
0,66 % |
Effektivrendite |
3,1 % |
4,34 % |
Kapital nach 30 Jahren |
88.498,10 € |
109.394,87 € |
Quelle: eigene Berechnungen
Anhand dieser Tabelle lässt sich sehr gut nachvollziehen, wie sich Produktkosten auf die Ablaufleistung einer Rentenversicherung auswirken können. Mittlerweile bieten auch einige Versicherungsgesellschaften sogenannte Honorar- bzw. Nettotarife an. Bei diesen Tarifen werden keine Abschlusskosten berechnet und somit sinkt die Effektivkostenquote, was sich bei der Effektivrendite Ihres Vertrages auszahlt. Allerdings verlangen die Vermittler bei diesen Tarifen in der Regel ein Beratungshonorar, das Sie gesondert bezahlen müssen. Trotzdem sollten Sie beim Vorliegen eines Angebots zu einem Nettotarif dieses Angebot auch mit dem Bruttotarif vergleichen. Denn es gibt auch einige Versicherungsgesellschaften, die in ihren Honorartarifen zwar keine Abschlussgebühr berechnen, dafür aber die Verwaltungsgebühr um einiges höher ausfällt.
Der Rentenfaktor entscheidet über die Rentenhöhe
Neben den Kosten und der damit verbundenen Höhe des Kapitalstocks am Ende der Ansparphase entscheidet der sogenannte Rentenfaktor über die Höhe der zukünftigen Leibrente. Der Rentenfaktor besagt, wieviel monatliche Rente Sie pro 10.000,00 Euro angesparten Kapital erhalten. Je höher der Rentenfaktor ist, desto höher ist die monatliche Rente. Hierbei wird zwischen dem aktuellen und dem garantierten Rentenfaktor unterschieden. Der aktuelle Rentenfaktor beinhaltet die aktuell erwirtschaftete Überschussbeteiligung der Versicherungsgesellschaft und ist somit nur ein prognostizierter Wert. Doch auch der garantierte Rentenfaktor ist nicht zu 100 Prozent garantiert. Befindet sich in den Versicherungsbedingungen Ihres Vertrages nämlich eine sogenannte Treuhänderklausel, kann dieser garantierte Rentenfaktor bei einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld von der Versicherungsgesellschaft gesenkt werden, sofern dies ein Treuhänder davor bestätigt hat. Einige wenige Anbieter verzichten allerdings auf diese Klausel.
Doch auch hier kann es zu Problemen bei der Auszahlung von Leistungen kommen, sofern eine Versicherungsgesellschaft in massive wirtschaftliche Schieflage gerät. In diesem Fall kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Auszahlungen aus den Verträgen des Unternehmens vorübergehend untersagen.
Private Rentenversicherung oder ETF-Sparplan: Welche Altersvorsorge passt zu Ihnen?
Ob der Abschluss einer privaten Rentenversicherung zu Ihrer Altersvorsorgeplanung passt oder ob eventuell ein kostengünstiger ETF-Sparplan für Sie die lukrativere Alternative ist, lässt sich pauschal leider nicht beantworten und hängt von mehreren Faktoren ab. Vorteil der Versicherung ist sicherlich die lebenslange Leibrente, die Ihr Einkommen auch bis ins sehr hohe Alter sichern kann – egal wie alt Sie werden. Auf der anderen Seite können Sie durch einen kostengünstigen und flexiblen ETF-Sparplan unter Umständen einen größeren Kapitalstock aufbauen, aus dem Sie sich über 20 oder 30 Jahre eine monatliche Rente selbst auszahlen lassen können. Wichtig bei der Auswahl des Produktes ist außerdem, dass Sie es verstehen und sich damit wohlfühlen. Der VerbraucherService Bayern unterstützt Sie gerne bei der Planung Ihrer persönlichen Altersvorsorge. Einen individuellen Beratungstermin können Sie über unsere bayernweite Hotline unter 089 / 515 18 743 vereinbaren oder direkt ganz bequem über unsere Internetseite buchen.