Altersvorsorge

07.07.2021

Grundrente: Bedeutung, Berechnung, Nutznießer

Zum 1. Januar 2021 trat das neue Grundrentengesetz in Kraft. Langjährig Versicherte erhalten damit einen Zuschlag zur regulären Rente, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Vom sogenannten Grundrentenzuschlag profitieren zunächst etwa 1,3 Millionen Rentner*innen. Davon rund 70 Prozent Frauen. Schätzungen der Bundesregierung zufolge erreicht der Zuschlag durchschnittlich eine Höhe von 75 Euro monatlich. Ab Juli 2021 werden die ersten Grundrentenbescheide verschickt und bis dahin aufgelaufene Ansprüche rückwirkend nachgezahlt. Was die Grundrente ist, wie sie sich berechnet und wer Nutznießer sein wird, erfahren Sie hier.

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Was ist die Grundrente?

Die Grundrente ist ein gestaffelter Zuschlag zur regulären Rente, der individuell ermittelt und als Teil der gesetzlichen Rente ausgezahlt wird. Sie ist keine eigenständige Leistung und muss nicht beantragt werden. Der Gesetzgeber honoriert damit die Leistung eines langwährenden Arbeitslebens mit unterdurchschnittlichem Verdienst. Das Ziel ist es, die Rente über die Grundsicherung („Hartz IV für Senioren“) zu heben. Nach dem Motto: Arbeit soll sich lohnen.

Die Grundrente kommt sowohl Bestands- als auch künftigen Renter*innen zugute. Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es den Zuschlag für Alters-, Erwerbsminderungs-, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten. Wie die Renten wird auch der Grundrentenzuschlag ins Ausland überwiesen.


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Wer erhält die Grundrente?

In den Genuss des Renten-Extras kommt, wer die drei nachfolgenden Kriterien erfüllt:

  1. Für den vollen Grundrentenzuschlag ist eine Erwerbsbiografie mit 35 Jahren bzw. 420 Monaten und entsprechend erworbenen Grundrentenzeiten erforderlich. Für die gestaffelte Grundrente wird monatsgenau gerechnet, d. h. alle Grundrentenzeiten zusammen müssen wenigstens 33 Jahre (396 Monate) ergeben. Gestaffelt heißt, für jeden Monat, der zu den vollen 35 Jahren fehlt, gibt es weniger Geld.
  2. Ein wesentlicher Bestandteil der Rentenformel zur Berechnung der individuellen Renten in Deutschland ist der sogenannte Rentenentgeltpunkt. Jeder Beitragszahler, der ein Jahr lang das Durchschnittseinkommen Deutschlands (41.541 € West / 39.338 € Ost) verdient hat, erhält einen Rentenpunkt.
    Damit Grundrentenzeiten zu relevanten, sogenannten Grundrentenbewertungszeiten werden, muss durchschnittlich mehr als 30 Prozent, maximal 80 Prozent des Durchschnittseinkommens verdient worden sein. Das heißt, es wurden zwischen 0,3 und 0,8 Rentenpunkte pro Jahr erworben. Zeiten mit Beiträgen aus einem Verdienst unter 30 Prozent oder über 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten bleiben für die Grundrente unberücksichtigt.
    Im Jahr 2021 beträgt der monatliche Durchschnittsverdienst rund 3.461,75 Euro. Der monatliche Bruttoverdienst müsste somit im Jahr 2021 gerundet zwischen 1.039 Euro und 2.769 Euro liegen, damit der Zeitraum für die Berechnung eines Zuschlags berücksichtigt wird.
  3. Einkommensprüfung: Wer Grundrente erhält, darf nur ein begrenztes Einkommen haben. Entscheidend ist hier das zu versteuernde Einkommen aus dem Steuerbescheid für das vorvergangene Kalenderjahr, d. h. für die Grundrente 2021 das relevante Einkommen von 2019. Zuzüglich Kapitaleinkünfte oberhalb des Sparerfreibetrages, falls nicht aus dem Steuerbescheid ersichtlich.
    Der Gesetzgeber gibt eine Freibetragsgrenze in Höhe von 1.250 Euro bzw. 1.950 Euro für Alleinstehende/Paare vor. Darüberliegende Einkommen bis 1.600 Euro bzw. 2.300 Euro rechnet er bis zu 60 Prozent an. Ab 1.600 Euro bzw. 2.300 Euro für Alleinstehende/Ehepaare werden darüberliegende Einkommen dann zu 100 Prozent angerechnet.
    Aufgrund des maßgeblich zu versteuernden Einkommens von vor zwei Jahren kann es zu Rentenbeginn passieren, dass der Freibetrag überschritten wird und infolge die Grundrente abgelehnt bzw. nicht zur Auszahlung kommt.

Was zählt zu den Grundrentenzeiten?

Zu den sogenannten Grundrentenzeiten zählen:

  • Pflichtbeiträge aus Berufsausbildung, Berufstätigkeit oder Selbständigkeit
  • Zeiten aus Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation
  • Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung und Pflege von Angehörigen
  • Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege
  • Zeiten gesetzlichen Wehrdienstes/Zivildienstes
  • Ersatzzeiten (Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft, pol. Haft in der DDR)
  • Beitragszeiten rentenversicherungspflichtiger Minijobs


Nicht berücksichtigt werden unter anderem:

  • Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I und II, einschließlich Vorläufer
  • Zeiten der Schulausbildung
  • Monate aus Versorgungsausgleich/Rentensplitting
  • Zurechnungszeiten (fiktiv verlängerter Versicherungsverlauf einer Erwerbsminderungsrente)
  • freiwillige Beiträge und
  • Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) ohne eigene Beitragszahlung


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Wie berechnet sich die Grundrente?

Die Höhe der Grundrente berechnet sich individuell und hängt vom Ergebnis der Bedarfsprüfung ab. Der Bedarf errechnet sich anhand der erworbenen Rentenpunkte. Die Rentenversicherung stuft die erworbenen Entgeltpunkte von Grundrenten-Berechtigten hoch bzw. stockt diese auf, wodurch der Rentenanspruch bzw. die bestehende Rente automatisch steigt. Einen Mindestbetrag gibt es nicht. Für höchstens 35 Jahre verdoppelt sich zunächst der erworbene Rentenanspruch, begrenzt auf maximal 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes. Zum Schluss wird der errechnete Zuschlag pauschal um 12,5 Prozent gekürzt. Dieser Abzug liegt am sogenannten Äquivalenzprinzip der Rentenversicherung, der besagt, dass die Höhe der gezahlten Beiträge die Höhe der Rente bestimmt.


Für die Berechnung ergibt sich:

  1. Die Rentenkasse ermittelt anhand der Versicherungsbiografie die vorhandenen Grundrentenzeiten. Erforderlich sind 35 Jahre für den vollen Zuschlag, mindestens 33 Jahre.
  2. Die Grundrentenbewertungszeiten (Grundrentenzeiten mit durchschnittlich mehr als 0,3 Entgeltpunkten pro Jahr) werden ermittelt. Die zugehörigen Rentenpunkte werden addiert und ein Durchschnittswert gebildet. Diese Größe wird verdoppelt. Beträgt das Ergebnis mehr als 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr, dann wird auf 0,8 begrenzt. In diesem Fall beträgt der Wert für den Zuschlag 0,8 Rentenpunkte abzüglich des Durchschnittswerts. Anschließend kürzt sich der errechnete Zuschlag pauschal um 12,5 Prozent. Das Ergebnis ist der Jahreswert, der dann als Zuschlag mit maximal 35 (Jahren) multipliziert wird.
  3. Der Zuschlag der Grundrentenzeiten (33 bis 35 Jahre) staffelt sich über den Begrenzungswert. Dieser gleichmäßig steigende Wert beträgt bei 33 Jahren 0,4 Entgeltpunkte, das entspricht 40 Prozent des Durchschnittsverdienstes und 0,8 Entgeltpunkte, entsprechen 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes bei 35 Jahren oder mehr.

Beispiel:

Altersrente
Eine Frau hat 38 Jahre in Stuttgart mit jeweils 50 Prozent des Durchschnittslohns, also 0,5 Entgeltpunkten (EP) gearbeitet. Der Durchschnittslohn liegt im Jahr 2021 (vorläufig) bei 41.541 Euro. Der Rentenwert ab Juli 2021 beträgt 34,19 (West) und 33,47 (Ost).
Aus diesen Werten ergibt sich für die Frau eine Altersrente in Höhe von
649,61 Euro (38 Jahre × 0,5 EP × 34,19 Euro).

Grundrentenzuschlag
Die durchschnittlichen EP werden verdoppelt und auf maximal 0,8 EP begrenzt. Es ergibt sich ein Zuschlag von 0,3 Rentenpunkten (0,8 EP – 0,5 EP (Durchschnittswert)), der noch pauschal um 12,5 Prozent (= 0,0375 EP) gekürzt wird. Dieser Zuschlag von 0,2625 EP wird für maximal 35 Jahre berechnet. Der Zuschlag beträgt 314,12 Euro (35 Jahre × 0,2625 EP × 34,19 Euro).
Damit ergibt sich eine Gesamtrente von 963,73 Euro (649,61 Euro + 314,12 Euro).

Rentenfreibeträge auf Grundsicherung im Alter und Wohngeld

Die Grundrente hilft Rentner*innen voraussichtlich in vielen Fällen dabei, ein würdiges Einkommen über dem Grundsicherungsniveau zu haben. In Metropolen und Großstädten mit höheren Mieten haben es Rentner*innen allerdings weiterhin schwer. Gegebenenfalls müssen Betroffene zusätzlich Grundsicherung im Alter und/oder Wohngeld beantragen. Da die langjährige Arbeitsleistung gewürdigt werden soll, erhalten Grundrentenbezieher*innen, die 35 Jahre Beiträge geleistet haben, ab 2021 spezielle Freibeträge auf Leistungen vom Amt:

a) Freibetrag für das Einkommen aus der gesetzlichen Rente in der Grundsicherung

Ein Betrag in Höhe von 100 Euro zuzüglich 30 Prozent der darüber hinaus gehenden Ansprüche aus der gesetzlichen Rente bis maximal 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (2021: 446 Euro). Der maximale Freibetrag liegt 2021 bei 223 Euro (halber Regelsatz).

b) Freibetrag beim Wohngeld

Die Rente wird nicht mehr in voller Höhe als Einkommen angerechnet, hier gibt es ab 2021 einen Freibetrag bis zu 223 Euro (halber Regelsatz). Folge: Das Wohngeld fällt höher aus.


Beispiel: Freibetrag auf Grundsicherung im Alter
Ein Rentner hat eine Nettorente von 600 Euro und beantragt Grundsicherung.

Die Rechnung der Ämter:
Von den 600 Euro wird zuerst ein Freibetrag von 100 Euro abgezogen. Es verbleiben 500 Euro. Von den 500 Euro sind (30 Prozent x 500 Euro =) 150 Euro bei der Grundsicherung anrechnungsfrei. Insgesamt beträgt der mögliche Freibetrag des Betroffenen damit 250 Euro. Der Regelsatz für Alleinstehende beträgt 2021 446 Euro. Davon wird maximal die Hälfte, d. h. 223 Euro, angerechnet. Damit beträgt der individuelle Grundsicherungs-Freibetrag für den Rentner nicht 250 Euro, sondern 223 Euro.
Für die beantragte Grundsicherung bedeutet das, anstatt der 600 Euro werden lediglich 377 Euro als Einkommen angerechnet. Der Rentner hat damit monatlich 223 Euro mehr für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung, als ihm gemäß der Regelsätze zusteht.

Tipp des VerbraucherService Bayern:

Ist es absehbar, dass die Rente eher niedrig ausfällt und fehlen wenige Monate zur Erlangung der 35 Jahre Grundrentenzeiten für die Grundrente, empfiehlt sich ein rentenversicherungspflichtiger Minijob. Das heißt, der Beitrag zur Rentenkasse darf nicht abgewählt wählen. Einen Minijob können Sie neben dem Bezug von Arbeitslosengeld II ausüben und er erhöht Monat für Monat die Grundrentenzeiten.