Baufinanzierung

03.05.2022

Bauzinsen steigen, Darlehen jetzt prüfen

Die amerikanische Zentralbank (FED) erhöhte im März 2022 ihren Leitzins von 0,25 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent. Auch die englische Zentralbank (BoE) hob ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 0,75 Prozent an. Dagegen hat die europäische Zentralbank (EZB) auch bei ihrer Sitzung im April 2022 keinen Zinsanstieg ihres Leitzinses angekündigt. Obwohl die seit 2016 eingeschlagene Null-Zins-Politik im Euroraum bislang konsequent durchgeführt wird, ist zu beobachten, dass seit Jahresbeginn 2022 die langfristigen Bauzinsen in Deutschland anziehen. Grund dafür ist der Zinsanstieg bei langfristigen Staatsanleihen, an denen sich die Zinsen für Hypothekendarlehen orientieren.

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Finanzierungskosten steigen

Offerierten die Banken 2021 bei einer anfänglichen Zinsbindung von zehn Jahren noch Zinsangebote von unter einem Prozent, müssen Kreditnehmer nun bei gleicher Zinsfestschreibung rund 1,5 Prozentpunkte mehr bezahlen. Die Finanzierungskosten für zukünftige Eigenheimbesitzer und Anschlussfinanzierer steigen, was die monatliche Belastung in die Höhe treibt.

Ein Beispiel: Nach Auslauf der Zinsbindungsfrist besteht noch eine Restschuld von 150.000 Euro, für die eine Anschlussfinanzierung vereinbart werden soll. Es wird eine 10-jährige Zinsfestschreibung mit drei Prozent anfänglicher Tilgung gewünscht.

Restschuld

Zinssatz

Monatliche Rate

Summe der geleisteten Zinszahlungen nach 10 Jahren

150.000 €

1,0 % p.a.

500,00 €

12.693,79 €

150.000 €

2,5 % p.a.

687,50 €

31.435,52 €


Der Zinsanstieg im ersten Quartal 2022 bewirkt im oben genannten Beispiel, dass die monatlichen Raten um 187,50 Euro steigen und sich die Zinszahlungen, die in den nächsten zehn Jahren anfallen, um über das Doppelte erhöhen.

Noch gravierender wirkt sich der rapide Zinsanstieg bei Neufinanzierungen aus.

Beispiel: Eine Familie benötigt für den Kauf eines Einfamilienhauses ein Bankdarlehen über 400.000,00 Euro. Es wird eine 15-jährige Zinsfestschreibung mit drei Prozent anfänglicher Tilgung vereinbart. Durch die längere Zinsfestschreibung erhöht sich der Darlehenszins nochmals.

Darlehenshöhe

Zinssatz

Monatliche Rate

Summe der geleisteten Zinszahlungen nach 15 Jahren

400.000 €

1,25 % p.a.

1.416,67 €

57.131,96 €

400.000 €

2,75 % p.a.

1.916,67 €

122.508,30 €


Waren die hohen Immobilien- und die immer weiter steigenden Baupreise bisher ein großes Hindernis für Normalverdiener, sich die eigenen vier Wände anzuschaffen, machen die schnell ansteigenden Zinsen diesen Traum jetzt für noch mehr Verbraucher*innen unerreichbar. Wie sich die Zinsen in Zukunft in Anbetracht der steigenden Inflation und des Ukraine Krieges entwickeln, ist nicht mit Sicherheit vorherzusagen.

Jetzt Forward-Darlehen in Betracht ziehen

Verbrauer*innen, bei denen in den nächsten Monaten oder Jahren die Zinsfestschreibung ausläuft, sollten sich schon jetzt Gedanken über eine Anschlussfinanzierung machen. Es besteht die Möglichkeit, sich schon im Vorfeld die Zinsen für die Zukunft in Form eines sogenanntes Forward-Darlehens zu sichern. Es handelt sich dabei um einen Anschlusskredit mit vorzeitiger Zinsvereinbarung. Sämtliche Sicherheiten zur Absicherung des Kredites, wie das Eintragen von Grundschulden ins Grundbuch, die Abtretung einer Lebensversicherung, das Vorliegen einer Bürgschaft, wurden schon bei der Erstfinanzierung bestellt und abgetreten. Beim Forward-Darlehen wird nur der neue Zinssatz und die neue monatliche Rate für die Anschlussfinanzierung vereinbart, alle anderen Bedingungen bleiben in der Regel unverändert.

Wer damit rechnet, dass die Kreditzinsen in Deutschland im Laufe der nächsten Monate und Jahre weiter steigen und eine Anschlussfinanzierung der bestehenden Immobilienkredite ansteht, kann sich schon heute die Zinsen für die Anschlussfinanzierung sichern. Verbraucher*innen gewinnen dadurch Sicherheit bei der Kalkulation der eigenen Finanzierung für die nächsten zehn oder 15 Jahre.  

Für diese Zinssicherheit verlangen Banken und Sparkassen jedoch einen Zinsaufschlag gegenüber einem sofort beginnenden Kredit mit gleicher Zinsfestschreibung. Dieser Aufschlag ist umso höher, je länger die Vorlaufzeit ist, das heißt, bis die neue Zinsfestschreibung in Kraft tritt. Läuft die Zinsfestschreibung des bestehenden Darlehens beispielsweise erst in zwei Jahren aus, verlangen die Banken in der Regel einen Zinsaufschlag von rund 0,25 Prozentpunkten. Bei kürzeren Vorlaufzeiten verzichten Banken häufig auf einen Aufschlag.

Nachteile eines Forward-Darlehens

Rechnen Sie heute mit steigenden Zinsen in den nächsten Monaten oder Jahren und schließen ein Forward-Darlehen bei einem Kreditinstitut ab, dann müssen Sie diesen Anschlusskredit auch zum vereinbarten Zeitpunkt mit dem heute vereinbarten Festzinssatz plus Aufschlag abnehmen. Es könnte jedoch aber auch sein, dass die heutige Einschätzung der Zinsentwicklung für die nächsten Jahre im Rückblick falsch war. Die Zinsen steigen zwar im laufenden Jahr 2022, aber in zwei Jahren, wenn die Zinsbindungsfrist ausläuft, ist das Zinsniveau wieder niedriger. In diesem Fall sind Verbraucher*innen an die heute vereinbarten Konditionen des Forward-Darlehens gebunden und bezahlen die angestrebte Planungssicherheit teuer.

Fazit: Markt beobachten und Vergleichsangebote einholen

Wichtig ist es, den Markt zu beobachten und sich im Vorfeld Gedanken über eine Verlängerung der bestehenden Baufinanzierungskredite zu machen. Der Abschluss eines Forward-Darlehns oder abwarten, bis die Zinsfestschreibung ausläuft, ist die Entscheidung, die Anschlussfinanzierer momentan zu treffen haben.

Fakt ist, dass selbst die nach heutiger Sicht hohen Zinsen im historischen Vergleich noch recht niedrig sind. Es gab in den vergangenen Jahrzehnten auch Zeiten, in denen Verbraucher*innen sechs Prozent Zinsen an die Bank zahlen musste, jedoch waren damals die Immobilienpreise weitaus niedriger als heute. Eins sollten Sie bei einer Anschlussfinanzierung immer tun: Wie bei der Erstfinanzierung auch bei der Verlängerung immer mehrere Angebote von Banken einholen und die Konditionen der Forward-Darlehen vergleichen.