Ernährung
11.11.2016, Süßen ohne Reue?
Kokosblüten- und Birkenzucker
Nicht nur in Bioläden oder Reformhäusern zu finden, sondern auch im Supermarkt angekommen: Süßungsmittel wie Kokosblüten- oder Birkenzucker. Klingt natürlich, aber was steckt dahinter und bieten sie wirklich süßen Genuss ohne Reue?
Gewonnen aus Blütensaft: Kokosblütenzucker
Kokosblütenzucker wird aus den Blütenständen der Kokospalme gewonnen. Werden andere Palmenarten genutzt, muss dieser Zucker als „Palmzucker“ bezeichnet werden.
Kleinbauernkooperativen v.a. in Indonesien sammeln durch mühsame Handarbeit den zuckerhaltigen Saft aus den angeschnittenen Kokosblüten, kochen ihn über mehrere Stunden zu Sirup ein und zerstoßen die so erzeugte karamellartige Masse nach dem Trocknen zu streufähigen mittelbraunen Krümeln. Auch als dickflüssiger Sirup ist er mittlerweile im Handel erhältlich.
Starker Eigengeschmack – stolzer Preis
Der Geschmack ist herb karamellartig. Chemisch handelt es sich wie auch beim Rübenzucker um eine Mischung aus Glukose und Fruktose. Der Energiegehalt ist also gleich. Nach Herstellerangaben soll der glykämische Index aber nur bei 35 liegen und damit niedriger als beim gängigen Haushaltszucker (55-75). Ob dadurch der Blutzuckerspiegel tatsächlich weniger stark ansteigt, kann nicht abschließend gesagt werden, da unabhängige wissenschaftliche Studien fehlen. Darüber entscheidet schließlich auch die verzehrte Zuckermenge und in welche Lebensmittel diese „verpackt“ ist. Die geringen Mineralstoffmengen wie Kalium oder Calcium sind vergleichsweise bedeutungslos.
Der deutliche Eigengeschmack verhindert eine starke Zuckerung sowohl in Getränken als auch beim Backen. Die Stabilität bei Rührkuchen oder Muffins lässt allerdings zu wünschen übrig, Plätzchen backen ist jedoch möglich. Ein teures Backvergnügen ist es ohnehin: Mit 20-30 Euro pro Kilogramm ist Kokosblütenzucker eines der teuersten Süßungsmittel überhaupt - noch vor Honig.
Achtung: Vorsicht ist geboten bei allzu günstigen Angeboten: eine Streckung mit dem billigeren Rohrzucker ist möglich.
In der Vollwert-Ernährung wird Kokosblüten- oder Palmzucker als ähnlich naturbelassen bewertet wie Honig, Punktabzug gibt es allerdings für den weiten Transportweg.
Ist Birkenzucker aus Birkensaft hergestellt?
Nein. Bei Birkenzucker handelt es sich um den Zuckeralkohol Xylit. Er wurde schon vor über 100 Jahren ursprünglich aus finnischer Birkenrinde gewonnen. In einem technologisch sehr aufwändigen Prozess wird heutzutage aus Laubbäumen oder anderen Pflanzenfasern wie Stroh oder zunehmend aus Maiskolbenresten der Holzzucker Xylose gewonnen, der zu Xylit weiterverarbeitet wird. Die Verwendung von gentechnisch verändertem Mais lässt sich dabei nicht ausschließen, es sei denn das Produkt trägt ein Biosiegel.
Weniger Kalorien – aber Nebenwirkungen
Xylit sieht dem Haushaltszucker sehr ähnlich und hat auch die gleiche Süßkraft, aber nur etwa 40 Prozent der Kalorien. Xylit hemmt außerdem das Wachstum von Kariesbakterien, so dass es seit langem in zuckerfreien und zahnfreundlichen Kaugummis und Bonbons eingesetzt wird.
Aber: Bei übermäßigem Einsatz wirkt Xylit, wie andere Zuckeralkohole auch (Sorbit, Mannit, Isomalt, Maltit) blähend und abführend. Das liegt an seiner langsamen Verdauung im Darm. Im Blut angekommen, wird er insulinunabhängig in der Leber verstoffwechselt. Durch schrittweises Gewöhnen des Organismus an Xylit, ist eine Steigerung der verträglichen Menge auf bis zu 150 g Xylit pro Tag für Erwachsene oder ca. 40 g für Kinder möglich.
Xylit kann zum Süßen von Getränken, beim Kochen und zum Backen verwendet werden - offensichtlich ohne Beigeschmack. Er wird auch unter den Bezeichnungen „Birkengold“ oder „Xucker“ angeboten, ab einem Preis von ca. 9 Euro pro Kilogramm.
Unsere Tipps:
- Süßen Sie grundsätzlich sparsam – vor allem als Diabetiker.
- Bevorzugen Sie ungezuckerte Getränke oder stark verdünnte Säfte.
- Natürliche Süßungsmittel wie Kokosblütenzucker, Rohrohrzucker, Dicksäfte oder Honig geben Gerichten, Desserts und Gebäck ein besonderes Aroma. Gleichzeitig verhindert der Eigengeschmack zu starkes Süßen.
- Kokosblütenzucker hat jedoch einen weiten Transportweg hinter sich.
- Zum Haltbarmachen ist der heimische Rübenzucker gut und günstig, luftigem Backwerk gibt er Struktur.